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Das Schwein sieht Gespenster: Roman (German Edition)

Das Schwein sieht Gespenster: Roman (German Edition)

Titel: Das Schwein sieht Gespenster: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joseph Caldwell
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verhalten wie Aaron, als er wollte, dass ich mich in ihn verliebe. Er hat all diese wundervollen Sachen gemacht. Er war ungemein rücksichtsvoll, ungemein freundlich. Genau wie Aaron, hat sich wirklich für meine Stimme interessiert, dafür, wie ich singe. Richtig echt schien das bei ihm, so wie auch bei Aaron. Ich habe
Letzte Rose in meinem Garten …
viel öfter für Jack gesungen als für Aaron. Ich brauchte nur eine Bemerkung fallen zu lassen, dass mir Männer gefielen, die mir die Tür auf hielten, und schon begann er, mir Türen aufzuhalten. So wie Aaron eben. Wenn ich nur nieste, war er gleich besorgt, ich brauchte nur zu hüsteln, um die Stimme klar zu kriegen, und schon fragte er, ob mir was fehlt. Er war fürsorglich. Immerzu, hat sich bald umgebracht. Und wenn er mich nicht küsste und umarmte, höflich war er stets. Ein wirklicher Gentleman. Aber das haben Sie gewiss alles selbst erfahren, nicht wahr?«
    »Unser Verhältnis zueinander war etwas anders«, erwiderte Lolly.
    »Da haben Sie aber Glück gehabt. Ich habe dann Aaron geheiratet und später Jack. Und wissen Sie, wie es danach weiterging?«
    »Sie werden es mir bestimmt erzählen.«
    »Sie haben mir nicht mehr den Hof gemacht, wie man so sagt. Sie haben mich nur noch belehrt. Ständig gesagt, was ich tun oder lassen sollte. Die ganze Zeit hieß es eigentlich nur: So erwarte ich, von dir behandelt zu werden, wenn wir verheiratet sind. Merk dir das. Immer schön fürsorglich und um mich rum sein. Immer schön meine Arbeit ernst nehmen – für Aaron hieß das, seine Schriftstellerei, für Jack seinen Buchhalterkram. Stellen Sie sich das vor. Wörter von dem einen, Zahlenkolonnen von dem anderen. Und ich soll mich immer eins, zwei, drei um ihn kümmern. Soll freundlich und großherzig und fröhlich und geduldig sein. Und was noch alles. Das wurde von mir erwartet. So eine sollte ich werden. Hatte man mir das nicht ordentlich beigebracht? War ich nicht von den besten Lehrern unterwiesen worden, hatten es mir nicht Männer vorgemacht, die wussten, was Verheiratetsein eigentlich bedeutet? Von Aaron habe ich das irgendwie hingenommen, ich war ja noch unerfahren. Aber als es dann bei Jack ebenso losging, habe ich mir gesagt, vergiss es. Männer sind so. Und uns Frauen bleibt keine Hoffnung. Dann begegnete ich Stan. Und der hat mir ins Gesicht gesagt, ich könnte überhaupt nicht singen, und wenn ich’s tue, bitte nur, wenn genug andere Stimmen da wären, mich zu übertönen. Der hat sich keine Mühe gemacht, höflich zu sein, nicht besonders jedenfalls. Keine Geschenke gab’s von ihm, nicht mal einen Verlobungsring. Zu unserer Trauung musste ich den aufstecken, den ich von Aaron hatte. Und da habe ich begriffen, Männer sind nicht einer wie der andere. Die sind nicht bloß Lehrmeister, die einem zeigen, wie’s langgeht, wenn man sie geheiratet hat. Ich war hingerissen. Ich habe mit Aaron angefangen, einem Tenor, einem leidlichen. Dann kam Jack, ein Bariton. Jetzt weiß ich, wo mein Platz ist. Bei Stan. Dem Bass. Ihr werdet ihn gleich hören, und er ist wirklich wunderbar. Einer, den man wirklich lieben kann. Ein Mann, der weiß, wie er sich eine Partnerin warm hält. Ich hoffe, Lolly – ist das ein putziger Name –, ich hoffe, Aaron ist ein Stan geworden und nicht der alte Aaron geblieben.«
    Bevor Lolly auch nur eine Silbe herausbringen konnte, sagte jemand mit leiser, heiserer Stimme – ganz dem Gegenteil von Lucilles Stimme: »Hallo, Lolly McKeever.«
    Die Stimme kam von irgendwo bei den Grabmalen. Mit ihrem etwas übertriebenem, mädchenhaften Lachen, wie schon zuvor, rief Lucille: »McCloud, Dummkopf. Lolly McCloud ist das. Ob Sie’s glauben oder nicht.«
    Ein Mann näherte sich ihnen. Er trug zerknitterte Wollhosen, einen abgetragenen Mantel und lehmverdreckte Stiefel.
    Lolly packte Aarons Oberarm und drückte ihn so heftig, als wollte sie ihn abschnüren. »Declan«, sagte sie, es sollte freudig überrascht klingen.
    Der Fremde stellte sich zu der Gruppe. »Ich habe dich bei der Burg gesehen, doch du bist fortgelaufen. Störe ich?«
    »Nein. Kein bisschen. Nein.« Lollys Ton verlor an Sicherheit. »Wir stehen hier nur so rum, unterhalten uns.«
    Lucille fand das spaßig, aus welchem Grund auch immer. »Viel reden tun wir dabei aber nicht.« Sie streckte Declan die Hand hin. »Ich bin Lucille. Sie sind wohl ein Freund von Aaron.«
    Declan schaute auf die Hand und wich zurück. Wie Lolly ein paar Tage zuvor, schien auch er zu zögern, sich auf

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