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Das Schwein unter den Fischen

Das Schwein unter den Fischen

Titel: Das Schwein unter den Fischen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jasmin Ramadan
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Hausmeister wirst?«
    »Kann sein, hätt er bestimmt schön gefunden, aber dann war er ja auch schon tot.«
    »Tot, ja, stimmt. Hm.«
    »Ist irgendwas los, Stint?«
    »Ich hab nur überlegt, weil ich ja jetzt so alt bin, wie du warst, als ich geboren wurde.«
    »Lass dir bloß kein Kind machen! Du, eine Mettstulle ist noch über, hätt ich richtig Jieper drauf, ich teil mit dir, weil du richtig turbosuper gearbeitet hast heute. Mit Ramona wären wir hier heut ins Schwimmen gekommen. Der Laden läuft, bald machen wir vielleicht eine Filiale im Einkaufszentrum auf. Deine Filiale! Was meinste?«
    Er schnitt die Brötchenhälfte entzwei, gab mir eine und schaute mich erwartungsvoll an.
    »Papa, ich weiß nicht. Mal sehen.«
    »Wär schon viel Verantwortung für dein Alter. Aber entspann dich, ein,zwei Jahre muss die Kasse noch klingeln, damit wir da Nägel mit Köpfen machen können, gewöhn dich mal in Ruhe an den Gedanken.«
    Ich aß mein Brötchen, schloss die Tür ab und hielt bis auf weiteres die Klappe.

ZWEITER TEIL

DIE WÄHRUNG DES UNIVERSUMS
    Ich sitze im Internetcafé und google den Namen meiner Mutter. Es riecht nach saurer Milch und Krankenhaus, im Hintergrund läuft »Where Is the Love« von The Black Eyed Peas. Wie immer lande ich auf französischen Internetseiten, vor allem von Vereinen, Ahnengalerien, Firmenprofilen. Keine der Frauen heißt genau wie sie, und auch sonst könnte keine meine Mutter sein: zu alt, zu jung, tot, zu blond und blauäugig, orientalisch, schwarz. Grenze ich die Suche ein und setze ihren Namen in Anführungszeichen, erscheint ein Ausrufezeichen in einem Dreieck, daneben steht: Keine Ergebnisse.
    Dann eben nicht. Eigentlich ist es mir lieber so. Glaube ich. Heute riecht es hier auch noch nach Babykotze. Die blasse junge Mutter im gelben Polyester-Tanktop zwei Plätze weiter skyped schon seit ich den Laden betreten habe mit einem halbnackten Muskelfuzzi. Ich stehe auf und bleibe auf dem Weg zur Tür hinter ihr stehen, bis der Typ im Computer auf mich zeigt. Sie dreht sich um und brüllt: »Ey, du kleine Schlampe, das is voll privat hier, verpiss dich, du notgeile Sau!«
    Das Baby fängt an zu weinen, ich mache einen Abgang und warte draußen auf Reiner, der mich schon vor einer Viertelstunde mit dem Auto hier abholen wollte. Ich gucke auf mein Handy und sehe, dass er schon mehrmals versucht hat, mich zu erreichen. Ich hatte mein Telefon irgendwann am Vormittag auf lautlos gestellt, da Ramona, wie fast jeden Tag, versucht hat, mich damit zu nerven, ihre Schicht zu übernehmen. Ich lese ihre hysterisch-aggressiven Kurzmitteilungen durch, da blinkt Reiners Name wieder auf meinem Display. Ich gehe ran:
    »Stine, wo bist du? Ich fahre, sach schnell, wo stehst du?«
    »Da, wo wir abgemacht haben, vor dem Internetcafé!«
    »Nee, da stehst du nicht, ich bin da eben zweimal dran vorbeigefahren– Ey, du Schwachmatenmeister, fahr mal weg da, jaha, pass mal auf, du Fliegenschiss! Ich steig gleich aus, du Pimmelfurz! – Stine, warte, ich seh dich, ich seh dich!«
    Er bremst mit quietschenden Reifen, ich steige ein, knalle die Tür zu und sage:
    »Wo ist Ramona? Hat sie dich mittags wieder alleine malochen lassen?«
    Mein Vater winkt ab.
    »Was treibt die denn schon wieder, Papa? Du lässt dich echt verarschen!«
    »Lass das mal meine Sorge sein, mich interessiert vielmehr, was du schon wieder im Internetcafé gemacht hast.«
    »Nix!«
    »Ach, verkauf mich nicht für blöd, Stint!«
    »Nenn mich nicht Stint!«
    »Kannst ruhig mal sagen, was du gemacht hast in der Muffbude! Ich weiß es sowieso.«
    »Schön für dich, ist aber trotzdem meine Sache, ist schließlich meine Mutter!«
    »Meinetwegen. Aber du tust plötzlich andauernd einen auf geheimnisvoll. Hier, wie mit Dr. Ray, Trixis schnöseligem Rollkragenschwuli! Mit dem hast du ja seit neuestem auch so ein ganz inniges Ding.«
    »Unsinn, man kann einfach gut mit ihm reden, Papa!«
    »Pah! Der kann doch nicht mal richtig Deutsch!«
    »Jetzt dreh nicht durch! Das ist meine Sache, wem ich was erzähle. Und mach dir keine Sorgen wegen meiner Mutter, die hat keine Spuren hinterlassen.«
    »Aber warum suchst du denn überhaupt grad jetzt nach ihr?«
    »Ich such nicht, ich hab nur mal geguckt.«
    »Ich hab dir doch die letzten zwanzig Jahre auch gereicht, Stint, ich mein, Stine!«
    »Irgendwie läuft alles aus dem Ruder, Papa.«
    »Ja, aber doch nicht erst seit gestern, Zelestine.«
     
    Es ist ein milder Frühlingstag, die Sonne hat noch keine

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