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Das Schwein unter den Fischen

Das Schwein unter den Fischen

Titel: Das Schwein unter den Fischen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jasmin Ramadan
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Haare und an ihr Parfüm
Jicky
von Guerlain. Ich habe noch immer einen Rest davon in ihrem letzten Flakon. Sie war Backgroundsängerin bei Schlagergrößen, hatte viele Affären, sie war eigentlich immer unterwegs, bevor sie krank wurde. Seit sie tot ist, interessiert Bernd nur noch Essen und Arbeit, und am Wochenende hört er eben seine 70er-Musik, guckt fern, schimpft auf Politiker, guckt sich Fotos an, heult und träumt rum. Alleinsein macht einige Menschen komisch, hab ich mir überlegt, da kann man aus Frust schon mal spießig werden. Manchmal lernt er irgendwelche Tussis übers Internet kennen, trifft sich aber nie mit denen. Er hat nie ein Date. Manchmal frag ich ihn, ob er mit mir in den Zoo geht, so wie früher. Darüber ist er dann irgendwie glücklich, kann sich aber nicht aufraffen, es in die Tat umzusetzen. Saufen kann er auch nie gehn, weil er Alkoholiker ist. Ich kann ihm einfach nicht helfen, das tut weh. Er hat sich früher immer gewünscht, dass ich etwas Handwerkliches lerne, wie er. Ich mach das hier nur, um in seiner Nähe zu sein. Und seit ich bei den Behinderten jobbe, fühl ich mich auch besser, der Mensch ist eben einfach gestrickt. Wenn das mit der Musik nicht klappt,lerne ich einen Pflegeberuf, vielleicht mach ich das auch parallel. Einfach nur sein Kunstding zur eigenen Befriedigung durchziehen, scheint mir doch ein bisschen unmoralisch zu sein. Ich bewerb mich vielleicht schon nach dem Sommer. Als ich Bernd das neulich gesagt habe, war er platt, stolz und zufrieden wie lange nicht. In der Pflege zu arbeiten, hält er für anständig und wichtig. Was hast du denn jetzt eigentlich vor?«
    »Hm, ich weiß nicht, keine Ahnung was ich will. Als ich einmal im Berufsberatungszentrum einen Test gemacht hab, kam raus, ich solle Polizistin werden. Wahrscheinlich, weil ich angab, ich würde gern mit Menschen arbeiten. Wenn das so ist, kann ich aber eigentlich auch gleich weiter im Imbiss hinterm Tresen stehen.«
    »Wieso willst du denn mit Menschen arbeiten? Du bist eher der Eremitentyp. Manchmal sogar abweisend und zickig, selbst wenn man freundlich zu dir ist. Auf jeden Fall bist du launisch und nicht grad eine soziale Frohnatur.«
    »Hä? Was soll das denn heißen?«
    »Nix. Nur dass du dich, glaub ich, selbst nicht checkst.«
    »Aber du dich, oder was? Du machst doch auch vieles nur, damit dein Vater glücklich ist.«
    »Jetzt pass mal auf, Stine, werd hier nicht persönlich. Ich hab dir das im Vertrauen erzählt. Was ist los mit dir? Musst du gleich beleidigend werden? Immer schön bei sich selber bleiben. Ich würde mich an deiner Stelle auch mal freuen, von wegen Imbiss und so. Irgendwann erbst du das Ding ja schließlich. Ich check echt nicht, warum du das nicht willst, ist doch ein ehrlicher Job. Oder hältst du dich für was Besseres?«
    »Jetzt mach mich mal nicht so von der Seite an, okay!«
    »Und du, zick mal nicht wieder rum, ey. Geht mich ja auch nichts an, ist mir auch egal!«
    Ich begleite Melody schweigend bis zum Kiosk. Dort besorgt sie sich ein neues Bier und sagt, sie wolle noch auf den Kiez in die
Tube
. Sie fragt mich aber nicht, ob ich mitwill. Ich hebe zum Abschied schnell die Hand, da hat sie sich auch schon umgedreht. Seit diesem Tag bin ich nicht mehr beim Sportverein gewesen.
    Immer wenn ich anfange, mir Gedanken über einen Beruf zu machen, den ich ausüben könnte, kommt mir schnell alles lächerlich vor. Manchmal denke ich auch so lange über etwas nach, bis es absurd wird. Ich denke zum Beispiel an meinen Vater und habe Mitleid mit seinem Gang, seinem Gesichtsausdruck, seiner Welt. Gelegentlich ist es so schlimm, dass mir Männer in seinem Alter, auch wenn ich sie überhaupt nicht kenne, grundsätzlich leid tun. So endet fast jede meiner Überlegungen zum Thema Zukunft.
    Doch Melody hat mir auf ihre beschissene, ehrliche Art Mut gemacht.
     
    Es ist Freitag. Ich habe ausgeschlafen, obwohl es nachts noch um die dreißig Grad heiß war. Um kurz nach zwölf stehe ich vorm
Napoleon
. Alle Gäste sitzen draußen im großen Garten, nur Joachim Matthias sitzt drinnen allein auf seinem Stammplatz ganz hinten in der Ecke an dem kleinen Fenster und schaut zufrieden auf, als ihm der Kellner seine Quiche serviert. Ich gehe durch das große leere Lokal auf ihn zu, lege meine Hand auf die Lehne des freien Stuhls ihm gegenüber und frage:
    »Darf ich?«
    Überrascht schaut er auf, mit großen Kalbsaugen. Er sieht sich im Restaurant um und antwortet dann:
    »Ähm, ja, sicher, aber

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