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Das Schwein unter den Fischen

Das Schwein unter den Fischen

Titel: Das Schwein unter den Fischen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jasmin Ramadan
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auszuschütteln. Es fing mit der Bettwäsche an. Jeden Tag hat sie die Betten abgezogen, die Laken einzeln ausgeschüttelt und gewaschen, nur um sie dann gleich wieder frisch zu beziehen. Als Kind dachte ich noch, sie sei eben eine im Haushalt besonders gründliche Frau, etwas, worauf mein Vater großen Wert legt. Doch dann wurde es von Jahr zu Jahr schlimmer. Sie schüttelte jedes Stofftaschentuch aus, jedes Handtuch, alle Deckchen, sogar die Topflappen, einfach jeden Fetzen Stoff, den sie fand. Sie machte eigentlich kaum etwas anderes. Irgendwann wurde sie dabei so energisch, dass ich Angst bekam, sie könnte mit dem orientalischen Teppich aus dem Flur tatsächlich davonfliegen. Vielleicht wollte sie das auch. Der kleine Balkon war jedenfalls der einzige Ort unserer großen Wohnung, auf dem sie sich wirklich wohlzufühlenschien. Das ist bis heute so, nur ist sie heute selten zu Hause. Weil ich es auch nicht mehr bin.«
    »Und dein Vater hat nichts dagegen, dass sie so viel unterwegs ist?«
    »Nein, Hauptsache, er kann weiterhin seine Affären haben.«
    »Kennt er Marcella?«
    »Er war einmal dort, als sie noch ein Baby war. Und vor ein paar Jahren war er noch mal dort, um Lollo als Geliebte zurückzugewinnen. Sie hat ihn ausgelacht. Er war gekränkt und hat versucht, ihr Haus zu kaufen. Der Besitzer, Geppetto, ein vermögender, alter Kunsttischler, der Lollos Geschichte kannte, hat ihr das Haus dann einfach geschenkt, damit Rinaldo ihm nicht mehr auf die Nerven geht. Er wohnt bis heute dort mit ihr zusammen, sie sind wie eine Familie. Lollo hat Geppetto sogar geheiratet, weil seine Mutter im Sterben lag. Die uralte Frau hatte sich ihr ganzes Leben nichts sehnlicher gewünscht, als dass ihr Junge doch noch eine Frau findet. Also hat Lollo ihr den Gefallen getan. Es gab ein großes Fest in Grillo. Ich war dort, es gab bestimmt zehn Gänge! Es war so ein großartiges Fest, beinahe hätte ich die Nächstbeste gefragt, ob sie meine Frau werden will, nur um noch mal so zu feiern.«
    »Lass mich raten, am nächsten Morgen ist Geppettos Mutter gestorben?«
    »Nein. Sie hat sich vor lauter Glück wieder erholt, es war ein Wunder! Sie ist erst ein Jahr später gestorben, am Hochzeitstag. Geppetto hat Lollo immer unterstützt und beschützt. Liebe gibt es eben auf viele Weisen. Eine Zeitlang hatte er einen Freund, einen Schweden, der immer den Spätsommer in Grillo verbrachte.«
    »Wann fährst du wieder hin?«
    »Bald, und du?«
    »In ungefähr zehn Tagen. Ich muss Reiner fragen. Wir könnten dich mitnehmen. Ein Platz ist noch frei!«
    »Nein, danke, ich nehme den Zug.«
    »Wird dir im Auto schlecht?«
    »Nein, ich bin nur gerne mit dem Zug unterwegs.«
    »Na gut, dann treffen wir uns einfach dort.«
    »Warum fährst du nicht mit mir?«
    »Ich kann nicht, ich muss mit den andern mitfahren. Meine Tante Trixi kommt auch mit. Ich kann Reiner unmöglich mit ihr und meiner Stiefmutter allein im Auto lassen.«
    »Verstehe. Ich habe deinen Vater übrigens heute Morgen getroffen. Er nennt mich immer noch Enzo und wollte, dass ich ein Brötchen mit rohem Schweinefleisch esse. Ich mag ihn!«
    »Tut mir leid, ich weiß, es ist eklig, es tut mir …«
    »Keine Panik«, unterbricht Enki mich, »ich hab’s gegessen, auf nüchternen Magen. War gar nicht schlecht, und hinterher habe ich mich zum ersten Mal wie ein richtiger Mann gefühlt.« Er grinst.
     
    Als ich gegen Nachmittag wieder aufwache, ist Enki schon weg. Ich habe verschlafen. Eigentlich hätte ich schon längst bei Lilli sein müssen. Schnell renne ich ins Bad, beeile mich, dusche kurz, vergesse, meine Haare zu waschen und ziehe wieder das Kleid von gestern an.
    Ich laufe nach unten zu Reiner, der mich mit einem Brötchen bewirft. Ich fange es nicht auf, es fällt zu Boden. Ich entschuldige mich und brülle: »Kein Hunger, Stress!«
    »Verknallt, was? Wurde ja auch Zeit!«
    Draußen ist es bewölkt, heiß, und die Luft ist unangenehm feucht, ich hoffe, dass es bald regnen wird und renne den ganzen Weg zu Lilli. Vor Heinrichs Haus steht ein Krankenwagen, meine Knie werden weich. Ich frage einen Typen im Kittel, was los ist, bekomme aber keine Auskunft.
    Die Tür zu Lillis Nachbarn im ersten Stock steht offen. Heinrichs Stimme ist aus der Wohnung zu hören, ich rufe ihn, er guckt sofort um die Ecke und macht ein besorgtes Gesicht.
    »Was ist passiert? Etwas mit Lilli?« Ich huste, und es fühlt sich an, als würde mein Herz im Kopf schlagen.
    Heinrich winkt ab: »Nein, nein,

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