Das Schwert der Keltin
Seite reiten zu dürfen.
Für Cunomar wäre allein das schon unerträglich gewesen, doch dann hatte Breaca dem Mädchen auch noch ein Geschenk überreicht, indem sie ihr das gefleckte Schlachtross mit den breiten Hufen schenkte, das Breaca bereits siegreich durch die Invasionsschlacht getragen hatte. Das Tier, bekannt als das Bären-Pferd, wegen der Form seiner Nase und weil es ein so langes Fell hatte, war die Mutter der Hälfte der besten Jungtiere auf Mona. Seine ganze Leidenschaft war der Krieg, und offensichtlich hatte das Tier davon noch nicht genug gesehen. Breaca ritt dieses Pferd noch immer am liebsten, auch wenn es bereits alt genug war, um auf das Weideland entlassen zu werden. Nun, da das Tier Cygfa übergeben worden war, schwelgte es geradezu wieder in den Gerüchen und den Vorzeichen des Krieges. Es hielt seinen Kopf hoch erhoben und hatte die Ohren spitz aufgerichtet, und allein die Jahre der Übung, die es gelehrt hatten, sich vor einer Schlacht still zu verhalten, hielten es noch davon ab, dem Morgen herausfordernd entgegenzuwiehern. Seine Anwesenheit also, gemeinsam mit der Schwanenkopfklinge, die Caradoc ihr überreicht hatte, machten Cygfa zu einer der am besten ausgerüsteten Kriegerinnen des gesamten Feldes. Cunomar hasste sie und ließ das auch deutlich durchblicken.
Dubornos schritt um das Feuer herum auf Cunomar zu. »Guten Morgen.«
Der Junge nickte einmal, antwortete jedoch nicht. Sein Blick war starr auf die beiden Krieger auf der gegenüberliegenden Seite der Feuerstelle gerichtet. Dort standen Cygfa und Braint von den Brigantern und flochten ihr Haar an den Seiten zu Zöpfen. In der Pracht des Sonnenaufgangs hätten sie Schwestern sein können, oder zwei der drei Teile der Briga: die eine dunkelhaarig, von dunkler Hautfarbe und mit Kampfnarben, die andere hellhäutig, mit blondem Haar und unversehrt. Allein die Großmutter fehlte, grauhaarig und hinkend. Cygfa hatte noch niemanden getötet. Deshalb besaß sie auch nicht das Recht, an ihren Schläfen die schwarze Krähenfeder zu tragen, doch Gwyddhien hatte ihr die graugestreifte Schwanzfeder eines Falken überreicht und den Kiel zuvor mit schwarzer und roter Farbe bestrichen, um ihr Brigas Beistand zu sichern. Braint zeigte Cygfa gerade, wie sie diese Feder an ihrem Zopf zu befestigen hatte. Dann lachten beide, und in Cunomars Ohren hallte dieses Gelächter nach, als würde ein eiserner Ring polternd einen Berg hinabfallen. Er blickte finster drein, und seine Lippen bewegten sich in einem unverkennbaren, wenngleich stummen Fluch.
Dubornos hockte sich neben Cunomar auf einen Stein. Da er selbst keine Kinder hatte, hatte er auch nie gelernt, wie man ein Kind ansprach, und selbst wenn er an seine eigene Jugend dachte, half ihm das wenig. Darum hatte er sich irgendwann entschlossen, die Jungen genau so anzusprechen, als ob diese bereits Erwachsene wären. Meistens hatte er damit Erfolg. Bei Cunomar aber konnte er nie im Voraus wissen, ob das die richtige Art war.
»Deine Schwester reitet zum ersten Mal in eine Schlacht«, sagte er. »Es hilft ihr bestimmt nicht, wenn du ihr nun Unglück wünschst. Und es nützt auch dir nichts, wenn sie stirbt und du deinen Fluch nicht mehr zurücknehmen kannst.«
Bernsteinfarbene Augen blickten kurz zur Seite, wandten ihren Blick dann aber rasch wieder ab. »Sie wird schon nicht sterben. Sie ist genauso gut wie ihr Vater, das sagt jeder. Und sie wird die Römer in Fleischbrocken schneiden, die sie dann an ihre Hunde verfüttern kann.«
Das war ein sehr leiser, doch gut geschliffener Vorwurf, denn es ging das Gerücht um, dass die Legionssoldaten ihre Feinde den Hunden zum Fraß vorwerfen sollten; nur eine weitere Niederträchtigkeit auf ihrem langen Kerbholz. Kein Krieger der Stämme würde sich jemals zu einer solchen Geste herablassen.
»Es steht dir nicht gut zu Gesicht, was du da gerade sagst«, widersprach Dubornos. »Wenn du Cygfa entehrst, dann erstreckt sich dieser Schandfleck bis auf deinen Vater und ihre Mutter. Wünschst du ihnen das tatsächlich? Genau in dem Moment, wenn sie aufbrechen, um gegen Scapula und den Dekurio der Thrakischen Kavallerie auf dem gescheckten Pferd zu kämpfen?«
Die Erwähnung ihrer beiden größten Feinde in einem einzigen Atemzug hatte genau den Effekt, den Dubornos beabsichtigt hatte. Mit seiner Schildhand beschrieb Cunomar das komplizierte Zeichen, das alle Flüche wieder auflöste. »Sie werden gewinnen«, sagte er verdrossen. »Und du und ich werden den
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