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Das Schwert der Vorsehung

Das Schwert der Vorsehung

Titel: Das Schwert der Vorsehung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrzej Sapkowski
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Sinn.«
    »O nein«, entgegnete sie zornig. »Das hat Sinn. Jemand muss ihm endlich die Wahrheit ins Gesicht sagen, diesem Fürsten, der sich selber zum Fürsten ernannt hat, weil ihm niemand den Besitz dieses Stückchens Felsküste streitig machen wollte, und der sich jetzt einbildet, er dürfe andere gering achten.«
    Agloval lief rot an und presste die Lippen zusammen, sagte aber kein Wort, rührte sich nicht.
    »Ja, Agloval«, fuhr Essi fort und drückte die ins Zittern geratenen Hände gegen die Brust. »Dich freut und belustigt die Möglichkeit, andere gering zu achten, du genießt die Verachtung, die du dem Hexer entgegenbringen kannst, der bereit ist, für dein Geld den Hals zu riskieren. Aber du sollst wissen, dass der Hexer deiner Verachtung und deiner Geringschätzung spottet, dass sie auf ihn nicht den mindesten Eindruck machen, dass er sie überhaupt nicht wahrnimmt. Nein, der Hexer fühlt nicht einmal, was deine Diener und Untertanen fühlen, Zelest und Drouhard, und die fühlen Scham, tiefe und brennende Scham. Der Hexer fühlt nicht, was wir fühlen, ich und Rittersporn, und wir fühlen Abscheu. Weißt du, Agloval, warum das so ist? Ich will es dir sagen. Der Hexer weiß, dass er besser ist. Er ist mehr wert als du. Und das gibt ihm die Kraft, die er hat.«
    Essi verstummte, senkte den Kopf, nicht rasch genug, als dass Geralt nicht die Träne bemerkt hätte, die im Winkel des schönen Auges glänzte. Das Mädchen berührte mit der Hand die am Halse hängende kleine Blüte von silbernen Blättern, eine Blüte, in deren Mitte eine große blaue Perle saß. Die Blüte hatte kunstvoll verschlungene Blättchen, sie war meisterhaft ausgeführt. Drouhard, dachte der Hexer, war auf der Höhe gewesen. Der von ihm empfohlene Handwerker hatte gute Arbeit geleistet. Und er hatte von ihnen keinen Pfennig genommen. Drouhard hatte alles bezahlt.
    »Darum, mein Fürst«, sprach Essi weiter und hob den Kopf, »überhebe dich nicht, indem du dem Hexer die Rolle eines Söldners in der Armee anbietest, die du gegen den Ozean aufstellen willst. Gib dich nicht dem Gespött preis, denn mit deinem Angebot kannst du nur Spott ernten. Hast du es noch nicht begriffen? Den Hexer kannst du für die Ausführung eines Auftrags bezahlen, du kannst ihn anstellen, dass er die Menschen vor dem Bösen beschützt, dass er einer ihnen drohenden Gefahr zuvorkommt. Aber du kannst den Hexer nicht kaufen, kannst ihn nicht zu deinen eigenen Zwecken benutzen. Denn der Hexer, sogar verwundet und hungrig, ist besser als du. Er ist mehr wert. Darum spottet er deines schäbigen Angebots. Hast du verstanden?«
    »Nein, Fräulein Daven«, sagte Agloval kalt. »Ich habe nicht verstanden. Ganz im Gegenteil, ich verstehe immer weniger. Die Hauptsache, die ich wirklich nicht verstehe, ist, dass ich immer noch nicht befohlen habe, euch alle drei aufzuhängen, nachdem ich euch zuvor mit dem Stock verprügelt und mit glühendem Eisen gebrandmarkt habe. Ihr, Fräulein Daven, versucht den Eindruck zu erwecken, als wüsstet Ihr alles. Sagt mir also, warum ich das nicht tue.«
    »Bitte sehr«, erwiderte die Dichterin auf der Stelle. »Du tust das nicht, Agloval, weil irgendwo tief in dir ein Fünkchen Anstand glimmt, ein Rest von Ehre, den der Hochmut des Neureichen und Krämers noch nicht erstickt hat. Tief in deinem Innern, Agloval. Am Grunde des Herzens. Eines Herzens, das immerhin noch imstande ist, eine Sirene zu lieben.«
    Agloval wurde kreidebleich und krampfte die Hände um die Sessellehnen. Bravo, dachte der Hexer, bravo, Essi, ausgezeichnet. Er war stolz auf sie. Und zugleich empfand er Bedauern, ein ungeheures Bedauern.
    »Geht«, sagte Agloval leise. »Geht eurer Wege. Wohin ihr wollt. Lasst mich in Ruhe.«
    »Leb wohl, Fürst«, sagte Essi. »Und zum Abschied nimm einen guten Rat an. Einen Rat, den dir der Hexer geben müsste, aber ich will nicht, dass er ihn dir gibt. Dass er sich dazu herablässt, dir Ratschläge zu erteilen. Ich tue es für ihn.«
    »Ich höre.«
    »Der Ozean ist groß, Agloval. Noch niemand hat erforscht, was dort jenseits des Horizonts ist, wenn da überhaupt etwas ist. Der Ozean ist größer als jede Wildnis, in die ihr die Elfen zurückgedrängt habt. Er ist schwerer zugänglich als alle Berge und Schluchten, in denen ihr die Murmelmenschen massakriert. Und dort am Grunde des Ozeans lebt eine Rasse, die Rüstungen benutzt, die die Technik der Metallbearbeitung kennt. Hüte dich, Agloval. Wenn zusammen mit den Perlenfischern

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