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Das Schwert der Vorsehung

Das Schwert der Vorsehung

Titel: Das Schwert der Vorsehung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrzej Sapkowski
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Puck und kein Halbling. Es war ein gewöhnliches Menschenmädchen, wie man es gewöhnlicher nicht findet. Mitten im Brokilon, dem ungewöhnlichsten Ort für gewöhnliche Menschenmädchen.
    Sie hatte helle, aschblonde Haare und große giftgrüne Augen. Sie konnte nicht älter als zehn Jahre sein.
    »Wer bist du?«, fragte er. »Wie kommst du hierher?«
    Sie gab keine Antwort. Ich hab sie schon mal gesehen, dachte er. Irgendwo habe ich sie schon gesehen. Sie oder jemanden, der ihr sehr ähnlich ist.
    »Du brauchst keine Angst zu haben«, sagte er unsicher.
    »Ich habe keine Angst«, schniefte sie undeutlich. Offensichtlich hatte sie Schnupfen.
    »Lass uns von hier verschwinden«, ließ sich plötzlich Braenn vernehmen, während sie sich umschaute. »Wo ein Yghern ist, ist der zweite nicht weit. Und ich habe nur noch wenig Pfeile.«
    Das Mädchen sah sie an, machte den Mund auf, fuhr sich mit dem Handrücken übers Gesicht und wischte den Staub breit.
    »Wer zum Teufel bist du?«, fragte Geralt und beugte sich hinunter. »Was machst du im ... in diesem Wald? Wie bist du hierhergeraten?«
    Das Mädchen senkte den Kopf und zog Luft durch die verschnupfte Nase.
    »Bist du taub geworden? Wer du bist, frag ich. Wie heißt du?«
    »Ciri«, schniefte sie.
    Geralt wandte sich um. Braenn, die den Bogen betrachtete, hob den Blick zu ihm.
    »Hör mal, Braenn ...«
    »Ja?«
    »Kann es sein ... Kann es sein, dass sie ... euch in Duén Canell fortgelaufen ist?«
    »Äh?«
    »Stell dich nicht dumm«, sagte er gereizt. »Ich weiß, dass ihr Mädchen raubt. Und du selber, bist du vielleicht vom Himmel in den Brokilon gefallen? Ich frage, ob es sein kann ...«
    »Nein«, schnitt ihm die Dryade das Wort ab. »Ich habe sie noch nie gesehen ...«
    Geralt betrachtete das Mädchen. Ihre aschgrauen Haare waren zerzaust, voller Nadeln und Blätter, aber sie rochen nach Sauberkeit, nicht nach Rauch, nicht nach Viehstall und Fett. Die Hände, obwohl unglaublich schmutzig, waren klein und feingliedrig, ohne Schrammen und Schwielen. Die Jungenkleidung, das kleine Wams mit der roten Kapuze, das sie trug, ließ nichts erkennen, aber die hohen Stiefelchen waren aus weichem, teurem Kalbsleder. Nein, das war gewiss kein Bauernkind. Freixenet, dachte der Hexer plötzlich. Die hat Freixenet gesucht. Ihretwegen ist er in den Brokilon gegangen.
    »Wo kommst du her, frag ich, kleine Rotznase?«
    »Wie redest du mit mir!« Das Mädchen warf stolz den Kopf zurück und stampfte mit dem Fuß auf. Der weiche Waldboden verdarb die Wirkung gründlich.
    »Ha«, sagte der Hexer und lächelte. »In der Tat, eine Prinzessin. Wenigstens der Rede nach, denn aussehen tust du bescheiden. Du bist aus Verden, nicht wahr? Weißt du, dass man dich sucht? Mach dir keine Sorgen, ich bring dich nach Hause. Hör mal, Braenn ...«
    Als er den Kopf zur Seite wandte, machte das Mädchen blitzschnell auf dem Absatz kehrt und rannte in den Wald, die sanfte Steigung der Anhöhe hinan.
    »Bloéde turd!«, schrie die Dryade und langte nach dem Köcher. »Cáemm ’ere!«
    Das Mädchen lief stolpernd blindlings durch den Wald, dass die trockenen Zweige knackten.
    »Halt!«, rief Geralt. »Wo willst du hin, verdammt!«
    Braenn spannte blitzschnell den Bogen. Der Pfeil schwirrte giftig, beschrieb eine flache Parabel, die Spitze schlug in einen Baumstamm ein und hätte beinahe die Haare des Mädchens gescheitelt. Die Kleine duckte sich und warf sich zu Boden.
    »Du verdammte Idiotin«, zischte der Hexer und ging auf die Dryade zu. Braenn zog geschickt den nächsten Pfeil aus dem Köcher. »Du hättest sie umbringen können!«
    »Hier ist der Brokilon«, sagte sie hart.
    »Und das ist ein Kind!«
    »Na und?«
    Er hielt den Blick auf den Pfeilschaft gerichtet. Er hatte gestreifte Federn von den Schwingen eines Fasanenhuhns, mit einem Sud aus Rinde gelb gefärbt. Er sagte kein Wort. Er wandte sich ab und ging rasch in den Wald.
    Das Mädchen lag unter einem Baum, zusammengekrümmt, sie hob vorsichtig den Kopf und schaute nach dem Pfeil, der im Stamm steckte. Sie hörte seine Schritte und sprang auf, doch er erreichte sie mit einem kurzen Sprung, packte sie an der roten Kapuze des Wamses. Sie wandte den Kopf und sah ihn an, dann die Hand, die die Kapuze hielt. Er ließ sie los.
    »Warum bist du weggelaufen?«
    »Das geht dich nichts an«, schniefte sie. »Lass mich in Ruhe, du ... du ...«
    »Dummes Ding«, zischte er wütend. »Hier ist der Brokilon. Hat dir der Wij nicht gereicht? Allein

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