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Das Schwert der Vorsehung

Das Schwert der Vorsehung

Titel: Das Schwert der Vorsehung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrzej Sapkowski
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auf, Rittersporn. Wenn es losgeht, lauft, was die Beine hergeben. Ich werde sie beschäftigen ... für einige Zeit ...«
    Rittersporn antwortete nicht. Er warf sich die Laute über den Rücken und verneigte sich tief vor dem Mann im weißen Wams, das reich mit Gold- und Silberfäden in einem kleinen, mosaikartigen Muster bestickt war.
    »Ehrwürdiger Chappelle ...«
    Der Mann namens Chappelle blieb stehen, ließ den Blick über ihn schweifen. Seine Augen, wie Geralt feststellte, waren kalt und stahlfarben. Seine Stirn war bleich, der Schweiß darauf verlieh ihr ein kränkliches Aussehen, auf den Wangen lagen große, unregelmäßige rote Flecke.
    »Herr Dainty Biberveldt, der Kaufmann«, sagte er. »Der talentierte Herr Rittersporn. Und Geralt von Riva, ein Vertreter der recht seltenen Hexerinnung. Ein Treffen alter Bekannter? Bei uns in Nowigrad?«
    Niemand antwortete.
    »Für sehr unglücklich halte ich den Umstand«, fuhr Chappelle fort, »dass gegen euch Anzeige erstattet worden ist.«
    Rittersporn erbleichte ein wenig, und der Halbling begann mit den Zähnen zu klappern. Der Hexer sah Chappelle nicht an. Er wandte den Blick nicht von den Waffen der schwarzen Subjekte mit den Ledermützen, die den Brunnen umringt hatten. In den meisten Geralt bekannten Ländern waren Herstellung und Besitz einer Ring-Lamie, auch Mayhenner Schläger genannt, streng verboten. Nowigrad war keine Ausnahme. Geralt hatte Menschen gesehen, die man mit einer Lamie ins Gesicht geschlagen hatte. Diese Gesichter konnte man nie mehr vergessen.
    »Der Besitzer der Schenke zur ›Lanzenspitze‹«, fuhr Chappelle fort, »hat die Frechheit besessen, euch Herren ein Komplott mit einem Dämon vorzuwerfen, einem Ungeheuer, das Wandler oder Vexling genannt wird.«
    Niemand antwortete. Chappelle verschränkte die Hände vor der Brust und schaute sie mit kaltem Blick an.
    »Ich habe mich verpflichtet gefühlt, euch von dieser Anzeige in Kenntnis zu setzen. Ich teile euch auch mit, dass besagter Wirt ins Verlies geworfen worden ist. Es besteht der Verdacht, dass er unter dem Einfluss von Bier oder Branntwein phantasiert hat. Wirklich, was sich die Leute nicht alles ausdenken. Erstens gibt es keine Vexlinge. Das ist eine Erfindung abergläubischer Bauern.«
    Niemand bemerkte etwas dazu.
    »Zweitens, welcher Vexling würde es denn wagen, sich einem Hexer zu nähern« – Chappelle lächelte –, »ohne auf der Stelle getötet zu werden? Nicht wahr? Die Anschuldigung des Schankwirts wäre also nichts als lachhaft, wenn da nicht ein gewisses wesentliches Detail wäre.«
    Chappelle nickte und machte eine Kunstpause. Der Hexer hörte, wie Dainty langsam die Luft ausatmete, die er mit einem tiefen Atemzug in die Lungen gezogen hatte.
    »Ja, ein gewisses wesentliches Detail. Wir haben es nämlich mit Ketzerei und Gotteslästerung zu tun. Denn es ist bekannt, dass kein Vexling, absolut kein Vexling wie auch kein anderes Ungeheuer den Mauern Nowigrads auch nur nahe kommen könnte, denn in neunzehn Tempeln brennt das Ewige Feuer, dessen heilige Macht die Stadt beschirmt. Wer behauptet, er habe in der ›Lanzenspitze‹, einen Steinwurf vom Haupttempel des Ewigen Feuers entfernt, einen Vexling gesehen, ist ein gotteslästerlicher Ketzer und muss seine Behauptung widerrufen. Wenn er aber nicht widerrufen will, wird man ihm nach Kräften helfen, die Mittel dazu, glaubt mir, habe ich in den Verliesen zur Hand. Ihr seht also, es gibt keinen Grund zur Sorge.«
    Der Gesichtsausdruck Rittersporns und des Halblings zeugte davon, dass beide anderer Ansicht waren.
    »Es besteht absolut kein Anlass zur Beunruhigung«, wiederholte Chappelle. »Die Herrschaften können Nowigrad ungehindert verlassen. Ich werde euch nicht festhalten. Ich muss jedoch darauf bestehen, dass ihr Herren niemandem von den bedauerlichen Hirngespinsten dieses Wirts erzählt, dieses Ereignis nicht laut kommentiert. Äußerungen, die die göttliche Macht des Ewigen Feuers herabwürdigen, gleichgültig, in welcher Absicht sie gemacht werden, müssten wir, die bescheidenen Diener der Kirche, als Ketzerei betrachten, mit allen Konsequenzen. Die eigenen religiösen Überzeugungen der Herrschaften, welche es auch sein mögen und wiewohl ich sie respektiere, spielen dabei keine Rolle. Glaubt, woran ihr wollt. Ich bin so lange tolerant, wie jemand das Ewige Feuer achtet und ihm nicht mit Lästerung begegnet. Und wenn er lästert, dann lasse ich ihn verbrennen, und fertig. Alle in Nowigrad sind vor dem Gesetz

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