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Das Schwert des Königs: Roman (German Edition)

Das Schwert des Königs: Roman (German Edition)

Titel: Das Schwert des Königs: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alex Bledsoe
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dem Haus fand ich ihren nicht verbrannten Kopf.
    Die anderen Toten warf ich in das größte Feuer und hielt es am Brennen, bis alle eingeäschert waren. Der Gestank war genauso furchtbar, wie diese ganze Geschichte klingt.
    In der Morgendämmerung kehrte ich zu Eponas Kate zurück, doch diesmal begleiteten mich keine Pferde durch den Wald, und es zwitscherten auch keine seltsamen Vögel. Ich fand das Häuschen genauso vor, wie ich es verlassen hatte, doch seine Bewohnerin – wer sie auch gewesen sein mochte – war verschwunden. Epona hatte gewusst, dass der Wein vergiftet war. Vielleicht hatte der nahende Tod sie in den Wald hinausgetrieben. Ich würde es nicht mehr erfahren, und eigentlich war es mir auch nicht wichtig. Kurz überlegte ich, ob ich die Kate niederbrennen sollte, doch nach all der Zerstörung, die ich gerade gesehen und erlebt hatte, entschied ich mich dagegen.
     
    Jetzt saß ich mitten zwischen den schweigenden Überresten der Kate, und erneut lag der Gestank brennenden Fleisches in der Luft. Die dunkelhaarige Frau, die mich hier einst an der Haustür empfangen hatte, meine Geliebte geworden war und sich so tief in mein Gedächtnis gegraben hatte, dass meine Haut selbst bei der Erinnerung an ihre Berührung prickelte, hatte behauptet, eine Göttin zu sein. Und nun behauptete ihre blonde, blauäugige Zwillingsschwester, Opfer einer Verschwörung zu sein. Ich glaubte keiner von beiden, doch die einzige Möglichkeit,
der Wahrheit näher zu kommen, schien mir darin zu bestehen, sich auf diese Wahnvorstellungen einzulassen. Irgendjemand hatte Epona Grau genügend gehasst, um ein Massaker zu begehen. Falls Epona wirklich Rhiannon war, konnte derjenige dann auch hinter dem spurlosen Verschwinden ihres Sohns stecken?
    Sie machte ihn kaputt, den starken Tunichtgut.
    »Eppi«, sagte ich zur Luft, »ich wünschte wirklich, du wärst jetzt hier. Ich könnte den Rat einer Göttin brauchen.«
    Auf einem Knochenberg saß ein winziger Vogel. Ich hatte ihn gerade erst aus den Augenwinkeln heraus bemerkt, als er Richtung Wald davonflog. Es kam mir so vor, als hinterließe er die gleiche schimmernde Spur, die mir auch in Rhiannons Zelle aufgefallen war, hätte es allerdings nicht beschwören können. Beim Abflug hatte der Vogel das Hirschgeweih, auf dem er sich niedergelassen hatte, so verschoben, dass es jetzt mit leisem Geklapper an der Seite des Knochenbergs herabrutschte. Dabei stieß es gegen etwas anderes, ein kleines Holzkästchen, dessen Deckel beim Aufschlag auf dem Fußboden aufsprang. Mit einem dumpfen Geräusch fiel ein kleiner Gegenstand heraus.
    Ich starrte auf das Kästchen: Das Holz war zwar verwittert, sogar schon leicht vermodert, aber es war eindeutig dasselbe, das Kathi bei Epona abgeliefert hatte. Und in dem Gegenstand, der herausgefallen war, erkannte ich das verrostete Hufeisen. »Das kann ja wohl nicht wahr sein!«, sagte ich laut und hob das Kästchen auf. Unten in der Schatulle lag ein ordentlich zusammengefaltetes Pergament, das offensichtlich so imprägniert war, dass Regen,
Kälte und Verwitterung ihm nichts hatten anhaben können. Vorsichtig entfaltete ich es und nahm es mit zur Tür, damit ich es im Tageslicht untersuchen konnte.
    Die Sprache, Boscobelisch, war mir vertraut, allerdings war die Handschrift miserabel. Der Text war belanglos und sagte mir im Moment nichts, dafür aber der Name, mit dem er unterzeichnet war.
    ANDRAS REESE
    Sie machte ihn kaputt, den starken Tunichtgut.
    Und nun fügte sich eines zum anderen: Kathi hatte mir erzählt, jemand habe sie in Boscobel angeheuert, und der Text war in dieser Landessprache abgefasst. Mein nächster Schritt war mir klar.
    Mir lief ein Schauer über den Rücken. Nach all dieser Zeit einen so offenkundigen Hinweis zu finden, war so abwegig, dass ich fast so weit war, an eine göttliche Fügung zu glauben. Vielleicht hatte irgendeine Göttin – nein, nicht Epona! – mein Gebet erhört und es mit der in ihrem Gewerbe üblichen Höflichkeit beantwortet.
    Ich schreckte hoch, als sich irgendetwas in dem Knochenberg bewegte und mehrere Gerippe scheppernd auf dem Fußboden aufschlugen. Aber es war nur eine große Ratte, die den Kopf ins Tageslicht streckte, kurz quiekte und sich gleich wieder zurückzog. Durch ihre Bewegung war ein menschlicher Schädel zum Vorschein gekommen, dessen Kopfdecke gespalten war. Mir kam es so vor, als lachte er mich unhörbar aus.
    Das Pergament verstaute ich sorgfältig in meiner Jackentasche. Auf meinem

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