Das Schwert des Ostens: Krimi (German Edition)
wusste, dass Danner ein Irrer ist und jeden Türken umlegen würde, der seinen Schnauzer zu ihm hereinsteckt und ‚Du Geld?‘ zu ihm sagt, schließlich hat er es jedem angekündigt. Auf diese Weise konnte der wahre Mörder seine Waffe beseitigen, was aus seiner Sicht notwendig war, denn irgendwann hättet ihr den Schnauzbartträger vielleicht wegen irgendwas anderem gekriegt, und dann hätte er begonnen zu plaudern.“
Guttmann seufzte einigermaßen verzweifelt.
„Aber war er dann wenigstens ein Türke?“
Da rauschte Biene Mayr in ihrem weißen Cinquecento heran, der ihr wie angegossen passte. Bevor sie ausstieg, machte sie sich noch kurz im Rückspiegel schick, dann kam sie zu uns herüber und fragte: „Na?“
Wir begleiteten sie zu dem Toten, aber sein Gesicht gefiel ihr gar nicht. Sie zog sich die Gummihandschuhe an, kniete sich neben ihn und tatsche ihn überall ab. Mit ihren langen Fingern kramte sie in seinen Hosentaschen auf der Suche nach seinen Papieren, aber so einer läuft natürlich nicht mit Papieren herum. Dafür hatte er einen Schuldschein bei sich, Biene Mayr zog ihn heraus und gab ihn uns, darauf stand das Grosny Creditsky als Gläubiger und der Name dessen, der sich unglücklicherweise dort Geld ausgeborgt hatte: Issik Alejew.
Ich sagte: „Sorry, Gutti, aber so heißt nun wirkich kein Türke.“
Aber er gab nicht auf: „Grosny? Das ist doch die Hauptstadt von der ... Osttürkei, nicht wahr?“
„Nein, von Tschetschenien!“, sagte Biene Mayr, die sich da ein bisschen auskannte. Und sie wusste auch gleich die Farben seines Trainingsanzuges richtig zu deuten, denn die waren ident mit denen der tschetschenischen Flagge. Ein Patriot lag da also tot herum, erschossen von einem anderen Patrioten. So dämlich ist nur das Leben.
Der Schuldschein trug eine fortlaufende Nummer und lautete auf hundert Euro, bei Nichteinbringung bürgte ein gewisser B. Tertsche respektive eine gewisse B. Tertsche, der Name stand auf der Rückseite des Scheins.
Wenn man bei den Kaukasiern seine Schulden nicht rechtzeitig beglich, dann konnte es für Schuldner und Bürgen schnell ungemütlich werden, selbst wenn es sich um eine derart lächerliche Summe handelte. Aber der Issik musste in bitterer Armut gelebt haben, darauf deutete auch hin, dass er noch immer die gleiche Garderobe wie vorgestern trug. Außerdem war er gewiss kein Zeitungsleser, sonst hätte er die Gegend für ein paar Wochen gemieden. Seine Unterschrift auf dem Schuldschein der Kaukasier bestätigte die Theorie, dass er Analphabet war, sie bestand aus nicht mehr als drei Strichen. Ein weiterer sicherer Beleg für seine Armut also, aber kein einziger Beleg dafür, dass er Türke war.
Guttmann wollte es nicht glauben und sagte zu Biene Mayr: „Kannst du ihm vielleicht mal in die Hose greifen und schauen, ob sein Schwanz verlängert ist?“
Sie sagte: „Nichts lieber als das!“
Tatsächlich schien der Schwanz-Test in diesen Tagen am ehesten die Frage zu beantworten, ob einer ein Türke war oder nicht. Die Biene schaute mir tief in die Augen, als sie ihre Hand in seiner Hose verschwinden ließ, und lächelte mich vielversprechend an. Was sie ertastete, kommentierte sie wohlwollend mit „Oh la la!“, dann riskierte sie einen genaueren Blick, und ihre anschließende Expertise lautete wie folgt: „Er ist nicht operiert. Und er hatte es weiß Gott nicht nötig ...“
Ich sagte: „Sorry, Gutti. Die Gosse hat uns angelogen, das war gar kein Türke.“
Er zog sich die Hose hinauf und fragte: „Ist hier irgendwo ein Klo?“
Ich hatte mich sowieso schon gewundert, warum er so lange nicht hatte pissen müssen.
* * *
Gutti und ich hätten jetzt natürlich auch zu Fuß die paar Meter zum Huberpark hinaufgehen können, nachdem er bei Jolanda im Hard & Heavy ausgetreten war. Aber Gutti hasste das Zu-Fuß-Gehen, und ich liebte es, mit dem Auto zu fahren. Also öffnete ich ihm galant die Tür zu meinem Toyota, in den er sich hineinzwängte, und ich setzte mich neben ihn hinters Steuer. Dann fragte ich: „Was wird denn der Staatsanwalt aus der Sache mit Danner machen?“
„Notwehr“, sagte Guttmann ganz selbstverständlich. „Danner hat eine lange Geschichte mit Überfällen. Wenn er also jetzt beim fünften Überfall einen umlegt – wer will es ihm verübeln? Außerdem werden die von der Gosse ihn als Helden feiern, da mag die Staatsanwaltschaft dann auch nicht als Spielverderber dastehen.“
„Auch wenn der Tschetschene ihn gar nicht richtig
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