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Das Schwert des Sehers

Das Schwert des Sehers

Titel: Das Schwert des Sehers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Loy
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ist besser, als Kapitän auf der Brücke zu stehen und das Schiff zu steuern. Ihr habt Glück, Prinzesschen   – immerhin bietet Euch jemand den Posten an.«
    Aruda dachte nach. »Also gut«, sagte sie. »Wenn das so ist   … will ich zurück. Ich will wissen, warum der Graf von Edern mir nach dem Leben trachtet. Und ich will, dass es aufhört! Wenn ich den Thron besteigen muss, um das zu erreichen, werde ich es tun. Aber wie stellen wir es an?«
    »Wenn der Graf hinter der Sache steckt, dann haben wir es nur mit einer Handvoll Söldner zu tun. So viele, wie die Gewährsleute des Grafen in wenigen Tagen anheuern konnten. Und natürlich mit den Spionen und den Gewährsleuten des Grafen selbst. Er kann die Hauptstraßen überwachen lassen, und vielleicht sogar ein paar Spitzel an allen Eingängen zur Stadt postieren. Aber er kann kaum das ganze Umland im Auge behalten, und er kann unmöglich den Fluss kontrollieren, ohne aufzufallen.
    Wir reiten also über die Nebenstraßen im Norden bis zum Strom, und wir machen keine Rast.«
    »Das sollte kein Problem sein«, sagte Dauras. »Wir haben genug abgelegene Strecken auf dieser Route kennengelernt, als wir uns noch vor deinen Leuten versteckt haben.« Er nickte Meris zu.
    »Am Fluss schnappen wir uns ein Boot und lassen uns am Hafen direkt vor dem Palast absetzen«, fuhr Meris fort. »Das kostet uns vier Tage, schätze ich. Aber dafür ist der Weg sicher.«
    »Hm. Wenn du meinst   …«, sagte Dauras.
    »Ich bin überzeugt davon«, sagte Meris. »Bis jetzt sind wir deinem Weg gefolgt. Doch ich bin eine Agentin des kaiserlichen Botendienstes, und ich wurde ausgebildet, um mich überall hineinzuschleichen. Es ist an der Zeit, dass wir uns darauf besinnen und uns nicht nur auf das Schwert verlassen.«
    »Dann ist es entschieden«, befand Aruda. »Lasst uns aufbrechen, damit ich das Ruder in die Hand nehmen kann.«
    Meris seufzte leise. Wenn es so einfach wäre. Der Hofrat selbst hatte ihr den Befehl geschickt, die Thronfolgerin so rasch wie möglich zurückzubringen. Sie vertraute ihm, und sie glaubte, dass Aruda bei ihm in Sicherheit war. Hofrat von Reinenbach hatte sich stets der Ruhe und der Ordnung im Reich verpflichtet gefühlt. Ein schneller Thronwechsel mit gesicherten Ansprüchen war genau das, was ihm gelegen käme.
    Aber das hieß nicht, dass er sich einen neuen Kapitän am Steuerrad wünschte.
    Eine schwache Frau auf dem Thron, hinter der sich die wahren Kräfte des Reiches organisieren können. Wo sie im Verborgenen ihre Machtkämpfe austragen über die Verteilung von Ämtern und Posten, ohne dass dadurch das Gefüge und die Institutionen des Reiches selbst infrage gestellt werden.
    U nd ohne dass die Großen offen gegeneinander kämpfen, in einem rechtlosen Bürgerkrieg, in dem es für jeden nur um Alles oder Nichts gehen kann, und in dem jede Ordnung zerbrechen muss.
    Meris wusste genau, dass es das war, was von Reinenbach im Sinn hatte. Aber sie sprach es nicht laut aus. Die Prinzessin würde rasch genug erfahren, in welcher Weise die Fürsten bei Hofe sie auszunutzen gedachten. Wenn sie stark war, würde sie lernen und einen Platz finden im Gefüge der Mächtigen. Wenn nicht   … würde sie eine bloße Galionsfigur bleiben.
    Zumindest wäre nicht nur sie in Sicherheit, sondern auch das Reich. Jeder hatte seine Rolle zu spielen, damit das Reich weiterlebte. Das galt für die künftige Kaiserin genauso wie für den einfachen Boten.
    Niemand kann dem entkommen, was er ist, dachte Meris.
    Wer sollte das besser wissen als sie?

EPILOG – HOROME AM 3.11.962
    W ie konnte es sein, dass sie zu Hause war, in Sicherheit, und dass sie sich unsicherer fühlte denn je? Aruda kannte im Palast ihres Vaters   – in ihrem Palast!   – nur eine Zuflucht, nur einen Ort, den sie immer aufsuchte, wenn ihre Gedanken zu schwer wurden.
    Der Garten der kaiserlichen Dame, so wurde er genannt. Er lag auf dem Dach eines Palastflügels, eine Terrasse, die hundert mal hundert Schritt durchmessen mochte. Er wirkte größer, wenn man sich darin befand.
    Nach Norden und nach Westen hin war er von höheren Gebäudeteilen umschlossen. Fensterlos ragten sie empor wie Mauern. Zu den beiden anderen Seiten schützte nur eine niedrige Brüstung vor dem Sturz in die Tiefe. Trat man nahe heran, sah man im Osten den Fluss und die Stadt, die sich vom jenseitigen Ufer aus als scheinbar endloses Häusermeer erstreckte. Im Süden blickte man über die kaiserliche Stadt hinweg und bis zur

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