Das Schwert in Der Stille
Otorilords würden einen Blick auf mich werfen und sehen, wer ich war: der Sohn einer Bauersfrau und eines Attentäters. Und schlimmer: Ich fühlte mich schutzlos ausgeliefert, als ich durch die belebte Straße ritt. Ich stellte mir vor, dass jeder mich anschaute.
Raku spürte die Panik und wurde nervös. Bei einer plötzlichen Bewegung in der Menge scheute er leicht. Ohne nachzudenken, atmete ich langsamer und entspannte meinen Körper. Das Pferd beruhigte sich sofort. Doch es hatte sich dabei gedreht, und als ich es wieder in die ursprüngliche Richtung lenkte, fiel mir ein Mann auf der Straße auf. Ich sah sein Gesicht nur einen Augenblick lang, aber ich erkannte ihn sofort. Sein rechter Ärmel war leer. Ich hatte ihn für Lord Shigeru und Kenji gezeichnet. Es war der Mann, der mich den Berg hinauf verfolgt hatte; sein rechter Arm war vom Schwert Jato abgetrennt worden.
Er schien mich nicht zu beobachten, und ich wusste nicht, ob er mich erkannt hatte. Ich wandte das Pferd um und ritt weiter. Ich glaube, ich ließ mir nicht anmerken, dass ich ihn bemerkt hatte. Die ganze Episode dauerte nicht länger als eine Minute.
Merkwürdigerweise beruhigte sie mich. Das ist wirklich, dachte ich. Kein Spiel. Vielleicht gebe ich vor, jemand zu sein, der ich nicht bin, aber wenn ich dabei versage, bedeutet es den Tod. Und dann: Ich bin Kikuta. Ich bin vom Stamm. Ich nehme es mit jedem auf.
Als wir den Burggraben überquerten, sah ich in der Menge Kenji, einen alten Mann in einem verblichenen Gewand. Dann wurde das Haupttor für uns geöffnet und wir ritten in den ersten Schlosshof.
Hier stiegen wir ab. Die Gefolgsleute blieben bei den Pferden, Lord Shigeru und ich wurden von einem älteren Mann, dem Haushofmeister, erwartet und zum Wohnhaus geführt.
Es war ein imposantes, schönes Gebäude auf der dem Meer zugewandten Seite des Schlosses; eine kleinere Außenmauer schützte es, und ein Burggraben umgab es bis zur Kaimauer. Innerhalb des Grabens lag ein großer, wunderbar angelegter Garten. Ein kleiner, dicht bewaldeter Hügel erhob sich hinter dem Schloss; über den Bäumen war das gebogene Dach eines Schreins zu sehen.
Die Sonne war kurz durch die Wolken gedrungen und die Steine dampften in der Hitze. Ich spürte den Schweiß auf meiner Stirn und in den Achselhöhlen. Das Meer klatschte an die Felsen unterhalb der Mauer. Ich wünschte, ich könnte darin schwimmen.
Wir zogen die Sandalen aus, und Dienstmädchen kamen mit kühlem Wasser und wuschen uns die Füße. Der Haushofmeister führte uns in das Gebäude. Der Weg schien endlos, ein Raum folgte auf den anderen, jeder großzügig und luxuriös eingerichtet. Schließlich kamen wir in ein Vorzimmer, wo wir ein wenig warten sollten. Es kam mir vor, als würden wir mindestens eine Stunde dort auf dem Boden sitzen. Zuerst war ich wütend - über die Beleidigung Lord Shigerus, den extravaganten Luxus des Hauses, von dem ich wusste, dass er mit den Steuern der Bauern bezahlt war. Ich wollte Lord Shigeru erzählen, dass ich Iidas Gefolgsmann in Hagi gesehen hatte, aber ich wagte nicht zu reden. Er schien sich in das Bild auf den Türen zu vertiefen: Ein grauer Reiher stand in einem krickentengrünen Fluss und schaute auf einen rosa und goldenen Berg.
Schließlich erinnerte ich mich an Kenjis Rat und horchte auf das Haus. Es sang nicht vom Fluss wie das von Lord Shigeru, es hatte einen tieferen und ernsteren Ton, untermalt vom ständigen Meeresbrausen. Ich zählte, wie viele verschiedene Schritte ich hören konnte, und kam zu dem Schluss, dass es dreiundfünfzig Menschen im Haus gab. Drei Kinder hörte ich im Garten mit zwei kleinen Hunden spielen. Die Damen redeten über eine Bootsfahrt, die sie zu machen hofften, wenn das Wetter es erlaubte.
Dann hörte ich tief aus dem Hausinneren zwei Männer leise miteinander reden. Shigerus Name fiel. Ich merkte, dass ich seine Onkel bei einem Gespräch belauschte, das für keinen außer ihnen bestimmt war.
»Vor allem müssen wir Shigeru dazu bringen, mit der Heirat einverstanden zu sein«, sagte der eine. Seine Stimme klang älter, fand ich, kräftiger und entschiedener. Ich fragte mich, was er meinte. Waren wir nicht wegen der Adoption gekommen?
»Er hat es immer abgelehnt, wieder zu heiraten«, sagte der andere leicht ehrerbietig; vermutlich war er jünger. »Und zu heiraten, um das Bündnis mit den Tohan zu besiegeln, das er immer abgelehnt hat… Das könnte ihn nur dazu bringen, seine Ansicht öffentlich zu
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