Das Science Fiction Jahr 2013 (German Edition)
man am eigenen Müll erstickt?« Da liegt die Lösung nahe: Ein Übermensch muss her! Der alsbald ins Licht der Welt tretende indische Pseudo-Gott hat blaue Haut und nennt sich Krishna. Das Müllproblem löst er wie folgt: Er packt das Müllübel an der Wurzel und rottet die Bevölkerung aus. In einer Nebenhandlung wird Pakistan ausgelöscht, kurz darauf kommt Iran mit einem eigenen Superhuman Being auf den Markt – geplant war das iranische Metawesen als Engel; dann ziehen die Afrikaner nach, und da wollen auch die US-Amerikaner nicht hintanstehen. Und da, wie man weiß, in Amerika alles super ist, kreieren sie den Supergott.
Der amerikanische Supergott heißt Jerry Craven. Der iranische Supergott heißt Malak. Der chinesische Supergott heißt Maitreya. Der russische Supergott heißt Perun. Der Supergott von Disneyland heißt bekanntlich Supergoof, aber der spielt bei diesen olympischen Spielen der Supergötter nicht mit.
Irgendwann sucht Reddin das Gespräch mit der britischen Weltraumpilzgottheit, die ihm mächtig die Leviten liest beziehungsweise über die Historie der Menschheit aufklärt wie folgt:
»Ihr erfindet Regeln, um die Gruppe zu organisieren und zu verteidigen. 200000 Jahre später sorgt ihr dafür, dass Hitler an die Macht kommt. Denn ihr seid eben nur Affen.«
Zu solch messerscharfen Analysen ist freilich nur eine Gottheit fähig.
Schließlich tun die Supergötter, was Superhelden wohl immer tun müssen: Sie prügeln aufeinander ein. Die Erde versinkt im Chaos, der Weltuntergang kommt als Kollateralschaden.
Wo Götter wandeln, haben Menschen mit ihren kleinkrämerischen Interessen zu schweigen: Spannungsbogen? Dramaturgie? Glaubwürdige Figuren? Um so etwas kann sich nicht kümmern, wer Götter hordenweise über den Planeten spazieren führt.
Ich persönlich finde diese Geschichte so spannend wie Eierkuchen, so intelligent wie Champions und so notwendig wie ein Toffifee in der Rindsroulade.
Aber was heißt das schon?
Denn erstens ist Supergod laut Mr. Reddin unter dem Einfluss bewusstseinsverstörenden Schmauchs einer ziemlich großen Marihuana-Zigarette entstanden, und zweitens besteht die eigentliche Zielgruppe ja, wie wir uns erinnern, aus den hochentwickelten Kakerlaken der fernen Zukunft. Die aber werden, daran zweifle ich keinen Augenblick, an Supergod ihre helle Freude haben.
Hartmut Kasper
RAMÓN PÉREZ/JIM HENSON/JERRY JUHL
JIM HENSON’S TALE OF SAND
Archaia, Chicago 2012 · 160 Seiten · $ 29,95 (US-Import)
Jim Henson (1936–1990) hat der Welt viel hinterlassen, indem er mit seiner Firma, seinen Trickeffekten und seinen Visionen mehr als eine multimediale Generation Filme, Fernsehshows und sogar Werbespots geprägt hat. Mit den Muppets und den Bewohnern der Sesamstraße schuf er in den Siebzigerjahren darüber hinaus einige denkwürdige Ikonen der Popkultur, die bis heute kaum etwas von ihrer Beliebtheit eingebüßt haben. Bevor Henson sich jedoch Kermit, Samson und Co. zuwandte, kreierte er in den Sechzigern einige mindestens so experimentelle wie durchgeknallte Kurzfilme. Etwa The Cube oder Time Piece , für das es sogar eine Oscarnominierung gab. In der Folge machten sich Henson und sein Langzeit-Kollaborateur Jerry Juhl einige Gedanken über einen ähnlich getakteten Spielfilm, der die Stärken, Themen und Verrücktheiten von Time Piece aufgreifen und fortspinnen sollte. Juhl war ursprünglich als Autor und Puppenspieler zum Team um Jim Henson und Frank Oz dazugestoßen, verlegte sich bald aber ausschließlich aufs Schreiben und wirkte später nicht nur an vielen Folgen der Serien-Hits Muppet Show oder Die Fraggles mit, sondern schrieb auch an den Drehbüchern zu einigen der Muppet- Spielfilmen.
Das Filmscript zu Tale of Sand , das in den Jahren vor diesen großen Erfolgen entstand und von Henson und Juhl bis 1974 noch dreimal überarbeitet wurde, sollte allerdings nie realisiert werden. Der Aufstieg der Muppet Show sorgte schließlich für eine deutliche Verlagerung der Interessen, zumal Hensons Agent mehrfach erfolglos versucht hatte, das Filmdrehbuch zu verkaufen. So blieb Tale of Sand das einzige vollständige Filmscript, das Henson zeit seines Lebens als Autor abschloss – und wanderte lautlos in die Archive der berühmten Jim Henson Company, die Henson bereits 1958 gegründet hatte und die inzwischen Niederlassungen in New York, Los Angeles und London besitzt.
Als die gegenwärtige Firmenarchivarin Karen Falk das verschollene Drehbuch ausgrub, sei
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