Das Science Fiction Jahr 2013 (German Edition)
Nostromo ; ein Besatzungsmitglied nach dem anderen fällt dem Alien zum Opfer. Ripley, dritter Offizier, findet schließlich heraus, dass der Konzern, in deren Auftrag die Nostromo unterwegs ist, das fremde Wesen unbedingt auf die Erde bringen will, da man in ihm die perfekte biologische Waffe sieht. Was sie für eine außerplanmäßige Rettungsmission hielten, war also in Wirklichkeit geplant, und der Konzern hatte mit Bedacht einen Androiden in der Mannschaft untergebracht, der seine Interessen durchzusetzen versucht: Aber auch dieser Androide »überlebt« den Schrecken nicht.
Alien ist der Film von Ridley Scott, aber er wäre wohl kaum so wirkungsvoll geraten ohne die Mitwirkung des Schweizer Künstlers H. R. Giger, der im Fandom zuvor schon eine mächtige Reputation als Schöpfer faszinierender, erotischer und symbolbepackter Monster aufweisen konnte. Das Alien in dem Film ist gleichsam eine Zusammenfassung seiner Kreationen; direkte Vorlage war das Gemälde »Necronom IV« aus dem Jahr 1976, das nicht nur von Science-Fiction- und Horrorfans hoch geschätzt war (während die Kunstwelt von postsurrealistischem Monsterkitsch sprach). Aber Giger war nicht nur für das Monster allein zuständig, auch das merkwürdige Raumschiff, gleichsam das Gegenbild zu einem Monster, das so »maschinell« agiert, war seine Schöpfung, ein »biomechanoides« Gefährt, in dem nicht nur der Computer »Mutter« mit den Schaltkreisen und den Außenhäuten verschmolzen ist, und die Kommandozentrale des havarierten Raumschiffes, in das die Helden mit ihren Lichtern eindringen, wie in einen alten Tempel, aber auch wie in einen Körper, ist eine nekrophile Verbindung von Knochen und Gerüst. Und das Ur-Alien verschmilzt als Skelett mit der Mechanik seines Sitzes. Wie dann auch in Blade Runner geht es um eine Verschmelzung von Organischem und Mechanischem, das über die üblichen Roboter- und Computerträume des Genres hinausgeht. Man könnte wohl sagen, der Film Alien stelle auf der visuellen Ebene die Frage, was der Mensch sei. Ein Zwischenspiel vielleicht, zwischen der reinen Natur (des Alien) und der reinen Technik (des Androiden), lost in space.
Zweifellos ist es Giger mit zu verdanken, dass Alien nicht nur einer der philosophischsten, sondern auch einer der »obszönsten« Science-Fiction-Filme in der Genregeschichte wurde. Aber das Drehbuch und die Inszenierung nahmen diese sexuellen Impulse geschickt auf, Ridley Scott erhob dieses Unbehagliche und Faszinierende der Körper, der Verschmelzungen, der Öffnungen und der Durchdringungen, der Flüssigkeiten und der Fortpflanzung auch in eine mehr oder minder diskursive Sphäre. Auf der zweiten Ebene wird aus der Frage nach der Fortpflanzung die nach der Schöpfung (und Prometheus stellt diese Frage noch einmal in gleichsam »reinerer« Form). Giger und Drehbuchautor Dan O’Bannon hatten schon einige Zeit vorher an einem Filmprojekt zusammengearbeitet, nämlich an einer dann an der Finanzierung gescheiterten Verfilmung von Frank Herberts Dune (die bekanntlich erst David Lynch gelang); es entstand zunächst ein Drehbuch unter dem Titel Star Beast , was noch sehr nach dem nächsten B-SF-Monstermovie klang. Aber dann entwickelte sich das Projekt immer mehr in Richtung »Science fiction noir«.
Die »Geburt« des Alien, beginnend mit einer »Befruchtung« durch einen Sprung ins Gesicht des Opfers (in seiner »krebshaften« Form) und endend mit dem (immer noch) schockierenden Moment, da es sich als pulsierender Polyp durch die Bauchdecke des Mannes frisst und in ein unheilvolles Leben entkommt, den toten »Wirt« zurücklassend, um sich in ein obszönes, aber aufrecht gehendes Reptil zu verwandeln, ist sicher die Schlüsselszene des Filmes, um die herum allerdings Scott viele Nebenhandlungen und Mehrdeutigkeiten organisiert. Der schockierendste und splatterigste Film seines Genres bislang war zugleich auch einer der intelligentesten. (Eine dieser Geschichten am Rand: Drehbuchautor Dan O’Bannon litt zur Zeit der Vorbereitungen auf den Film an einem Magengeschwür und versuchte sich gewissermaßen durch die Arbeit am Script davon zu »befreien«, was auf eine besonders drastische Weise auch gelang.)
Und mehr noch unternimmt es Ridley Scott durch den Soundtrack (Jerry Goldsmith schrieb die Musik für ein neuartiges Sound-Design), das Raumschiff als Organismus zu zeichnen, indem er die Handlung mit Herztönen unterlegt. Ripley rettet am Ende sich und die Katze (die Pussy). Sie rettet
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