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Das sechste Opfer (German Edition)

Das sechste Opfer (German Edition)

Titel: Das sechste Opfer (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Johannson
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einem Kuss auf die Wange, während ich Clara nur ein lockeres »Hallo« zuwarf. Dann stellte ich mich betont lässig neben die beiden und versuchte, das Gespräch zu kontrollieren.
»Verpasse ich gerade eine wichtige Mieterversammlung?«
Nicole wandte sich zu mir. »Nein, Schatz. Ich wollte nur wissen, ob alles in Ordnung ist, weil es doch heute Morgen nebenan so gekracht hatte.«
Clara nickte. »Ich wollte die Uhr auf Sommerzeit umstellen und dabei ist der Stuhl umgekippt. Nichts Ernstes.« Sie lächelte ihr umwerfendes Lächeln, doch ich wandte meinen Blick schnell von ihr ab und sah zu Nicole.
»Gut. Dann ist ja alles klar. Kommst du rein?«
Nicole schien etwas überrascht, dass ich so kurz angebunden war. »Ich habe schon gepackt. Wieso hast du es plötzlich so eilig?«
»Ich habe es nicht eilig, ich dachte nur...«
Ich hatte das Gefühl, dass mir die Kontrolle sehr schnell wieder entglitt. »Ich finde, es ist kalt hier draußen. Du solltest reinkommen.«
Plötzlich zog sie die Augenbrauen zusammen, so dass die Falte zwischen ihren Augen erschien. Kein gutes Zeichen.
»Was ist los mit dir, Peter?«
»Nichts. Ich bin besorgt um dich, das ist alles.«
Die Falte blieb. »Wie viel Bier hast du getrunken?«
»Zwei. Mehr nicht.«
Ich fühlte mich plötzlich wie ein dummer Junge, der zurechtgewiesen wird. »Willst du jetzt zu deinen Eltern fahren oder nicht?«
»Kannst du denn fahren nach zwei Bier?«
»Ich bin gerade hierher gefahren, also kann ich es.«
Die Falte war noch nicht ganz verschwunden, als sich Nicole wieder Clara zuwandte, die das Gespräch still verfolgt hatte.
»Tut mir leid, aber wenn sich Peter mit Franz trifft, dann weiß man nie. Franz ist sein bester Freund.«
Clara lächelte interessiert. »Aha.«
Ich hatte Clara natürlich von Franz erzählt, und dass sie jetzt so tat, als würde sie das erste Mal von ihm hören, beruhigte mich etwas. Sie schien unser Geheimnis tatsächlich für sich zu behalten.
Nicole warf einen neugierigen Blick in Claras Wohnung. »Peter sagt, dass deine Wohnung kleiner ist als unsere.«
Jetzt sah mich Clara überrascht an, und ich begann wieder zu schwitzen. Doch sie blieb cool. »Das wird wohl dann auch stimmen, schließlich war meine eindeutig als kleine Wohnung deklariert, während eure unter ›familientauglich‹ lief. Oder?«
Nicole nickte. »Ja, ich erinnere mich. Und wie lange wohnst du schon hier?«
Clara lächelte. »Offenbar schon zu lange, da ich immer noch nicht familientauglich bin. Tut mir leid, aber ich muss wieder rein.« Sie sah Nicole entschuldigend an. »Ich muss noch meine ganze Verwandtschaft anrufen und ihnen ein frohes Osterfest wünschen. Das kann ein paar Stunden dauern.«
Nicole hatte Verständnis dafür. »Wir müssen auch fahren. Meine Eltern warten schon.«
Sie verabschiedete sich von Clara, und auch ich sagte artig »Auf Wiedersehen«, während ich ihr einen dankbaren Blick zuwarf und dann mit Nicole in unsere Wohnung ging.
Die Gefahr war vorbei. Mein Seitensprung würde anscheinend keine weitreichenden Folgen mehr haben. Die beiden Frauen waren sich friedlich begegnet, Clara hatte nichts erzählt und ich hatte außer einem schweißnassen Hemd keinen Schaden davongetragen. Ich konnte wieder mein ganz normales Leben weiterführen, als wäre nie etwas passiert.
Wenigstens dachte ich das.
     

Die Witwe
    Die Osterfeiertage bei Nicoles Eltern in Rostock vergingen rasend schnell. Wie jedes Jahr wurde mir fast schwindelig von der vielen frischen Luft und den heftigen Diskussionen, die ich mit Nicoles Vater führte. Es war schon Tradition, dass wir bittere Streitgespräche um alle möglichen politischen Themen führten. Wir ereiferten uns über die Innen- und Außenpolitik, über die Wirtschaftslage und deren Prognose und waren dabei grundsätzlich gegenteiliger Meinung. Falls wir uns doch einmal einig waren, nahm einer von uns schnell eine andere Meinung an. Es gehörte einfach dazu.
Während Nicole und ihre Mutter sich mit Familienangelegenheiten beschäftigten oder Neues über die aktuellen Trends in Mode, Musik und Film austauschten, sonderten wir uns ab und diskutierten die Lage der Welt.
Als ich am Montag wieder zurück in Berlin war, rief ich sofort meinen Vater an, um ihm ebenfalls ein frohes Osterfest zu wünschen, obwohl es ja eigentlich schon fast vorbei war. Aber er nahm wie immer wortkarg meinen Anruf entgegen, grummelte etwas, das wie »Danke, dir auch« klang, hörte sich noch kurz an, dass es mir gut ging und mit Nicole alles in Ordnung

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