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Das sechste Opfer (German Edition)

Das sechste Opfer (German Edition)

Titel: Das sechste Opfer (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Johannson
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guten Grund überlegt, warum ich die arme Witwe belästigen wollte, und den brachte ich nun an.
»Frau Werner? Hallo! Ich bin Peter Mustermann, ich arbeite für den Financial Report, und ich möchte gern einen Artikel über Ihren verstorbenen Mann bringen. Seine Arbeit würdigen und seine Verdienste für die deutsche Wirtschaft. Darf ich mit Ihnen sprechen?«
Die Tür öffnete sich vorsichtig einen winzigen Spalt.
»Financial Report?«
Ich hielt meinen Presseausweis in den dunklen Spalt der Tür.
Schließlich sah ich ihr Gesicht. Sie war um die dreißig, wirkte blass und unglücklich. Unter ihren Augen lagen tiefe Ringe, die sie älter aussehen ließen.
»Sie wollen über seine Verdienste schreiben? Welche Verdienste?«
Ich hatte in den Berichten gelesen, dass er in der Führungsspitze der Europäischen Unionsbank gesessen hatte. Er musste einfach Außergewöhnliches geleistet haben, sonst wäre er nie so weit gekommen.
»Er war eine Führungspersönlichkeit, die es bis ganz oben geschafft hat. Ich denke, er ist ein Vorbild für sämtliche Bankkaufmänner dieses Landes. Und darüber möchte ich berichten. Über seine Arbeit, über die Art, wie er die Bank geleitet hat und was er sonst noch gemacht hat.«
Sie öffnete die Tür und bat mich herein.
»Ich weiß nicht, ob ich Ihnen da weiterhelfen kann, er hat nie über seine Arbeit gesprochen.«
»Aber ich kann mir ein Bild davon machen, was ihn so stark sein ließ. Der Hintergrund ist immer wichtig für einen Mann, ob er zu Hause das richtige Feedback bekommt und neue Kraft schöpfen kann. Darüber möchte ich auch berichten.«
Falls ich jetzt auf dem Parkett ausrutschte, dann lag es an der dicken Schleimspur, die ich gerade gelegt hatte. Sie sah mich skeptisch an, doch ich lächelte freundlich.
    Schließlich schöpfte sie Vertrauen und führte mich ins Wohnzimmer.
Ihr Schritt war langsam und etwas schleppend, überhaupt wirkte sie zart, zerbrechlich und völlig erschöpft. Sie hatte blondes, langes Haar, das mit einem einfachen Band hinten in einem Knoten zusammengehalten wurde. Es war mit noch helleren Strähnchen versetzt, die am Haaransatz dunkler wurden. Sie hatte sich wohl schon länger nicht mehr gepflegt. Doch ihre Kleidung war teuer und sehr elegant, die Bluse von Chanel, der Rock von Versace. Ihre Füße verunzierte jetzt Birkenstock, aber ich konnte mir vorstellen, dass sie sonst Prada oder Jimmi Choo trug. Sie hatte keine Strümpfe an. Ihre Beine waren leicht gebräunt, wunderschön und lang.
Vor dem Tod ihres Mannes war sie bestimmt eine Schönheit gewesen, die an der Seite ihres Manager-Gatten geglänzt hatte. Jetzt schien sie wie eine zerbrochene Puppe.
Sie ließ sich schwer in den Sessel im Wohnzimmer fallen und bedeutete mir mit einer Handbewegung, dass ich ebenfalls Platz nehmen sollte.
Das Wohnzimmer war genauso, wie ich es mir vorgestellt hatte. Die Couchgarnitur bestand aus feinstem, beige Leder, das Parkett wirkte, als wäre es handverlesen, darunter wärmte eine Fußbodenheizung meine Fußsohlen. An den Wänden standen antike Möbelstücke, darüber hingen moderne Gemälde von Malern, deren Namen ich noch nie gehört hatte, die aber die bestimmt »in« waren.
»Was wollen Sie wissen?«
Ihre Stimme riss mich aus meinen Betrachtungen, und ich sah in ihre müden, braunen Augen.
Ich beschloss, mit etwas Harmlosem zu beginnen.
»Was war Ihr Gatte für ein Mann? Was hatte er für Hobbys?«
Sie lächelte still und traurig in sich hinein, bevor sie antwortete: »Er war ein wunderbarer Ehemann und Vater. Er hat mich auf Händen getragen. Er war humorvoll und liebevoll und engagiert. Für Hobbys hatte er allerdings keine Zeit mehr. Früher ist er gern zum Fußball gegangen, aber das macht er schon lange nicht mehr.«
Das Lächeln erstarb. »Machte er schon lange nicht mehr«, korrigierte sie sich.
»Wann haben Sie ihn denn kennen gelernt?«
»Das war vor acht Jahren. Ich war damals Hostess beim Bankenball in Frankfurt. Er hat mich angesprochen und am nächsten Tag, als er eine Rede halten musste, war ich auch im Dienst, und wir sind danach ausgegangen.«
Sie lächelte bei der Erinnerung.
»Denken Sie, dass Ihrem Mann die Arbeit Spaß gemacht hat?«
Sie zuckte mit den Schultern. »Ich weiß es nicht. Ich denke schon, aber er hat nie über seine Arbeit gesprochen.«
»Wie hat seine Karriere angefangen? Was hat er gemacht?«
»Er hat erzählt, dass er schon als Kind gern alles gezählt hat, was man zählen konnte. Schritte, Steine, Stufen, Kilometersteine und

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