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Das sexuelle Leben der Catherine M.

Das sexuelle Leben der Catherine M.

Titel: Das sexuelle Leben der Catherine M. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Catherine Millet
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mit langsamen, kreisenden Bewegungen das klebrige, kleine Tier, das dort wohnt. Immer wieder lassen die Scheinwerfer der entgegenkommenden Wagen meinen glatten Bauch wie ein Gefäß auftauchen. In welchem Trugbild versinke ich dann? Sicherlich nicht in einer Verkettung der Tatsachen, in der Vorstellung dessen, was einige Minuten zuvor in der Schwebe geblieben ist. Das ist erledigt. Nein, ich flüchte mich lieber in eine meiner alten Fantasien, die mir Geborgenheit geben, weit weg von dem realen Ort, an dem ich mich befinde. Mit intensiver und nicht nachlassender Mühe konstruiere ich in meiner Vorstellung die Szene bis in die kleinste Einzelheit, vielleicht dass ich von vielen tatschenden Händen in einem Hof zerrissen werde oder auf einem Brachgelände oder auf den Toiletten eines verrufenen Kinos – ich erinnere mich nicht genau. Als Jacques seine Hand ausstreckt und ohne die Augen von der Straße zu nehmen blind und ausladend über meine Brust und meinen Bauch streicht und als er meiner Hand das nasse Spielzeug streitig macht, zerstört er den reibungslosen Ablauf des Szenarios. Ich hindere ihn nicht daran.
    Am Stadtrand von Perpignan fährt Jacques auf einen leeren und hell erleuchteten Parkplatz vor einem Mehrfamilienhaus im Stil von Sozialwohnungen. Damit er sich über den Abstand zwischen den Sitzen hinweg zu mir beugen kann, wirft er seinen Oberkörper nach vorn wie ein Wasserspeier. Sein Kopf taucht in meinem Blickfeld auf und verschwindet wieder. Er reibt mich mit drei oder vier kräftigen Fingern. Ich mag das Schmatzen der großen nassen Schamlippen, das deutliche Geräusch reißt mich aus meinen Fantasien. Ich strecke meinen Körper nie von Anfang an aus, es fällt mir auch nicht leicht, ihn den Berührungen hinzugeben. Bevor ich mich gehen lasse und die Beine weit spreize, den Kopf neige, die Arme öffne und die Brust herausstrecke, brauche ich Zeit. Zeit vielleicht, um mich aus der reflexhaften Position mit angezogenen Beinen zu lösen, die sich meinem Körper eingeprägt hat, seit ich als kleines Mädchen heimlich masturbieren musste; Zeit, um selbst nachdem ich stundenlang vor einer Kamera verbracht hatte, meinen Körper wieder und noch einmal plötzlich zur Gänze zu zeigen. Ich fürchte nicht die Nacktheit, im Gegenteil, ich fürchte den kurzen Moment der Enthüllung. Noch viel weniger zögere ich, mich den anderen preiszugeben, ganz im Gegenteil kann ich meinen inneren Blick schlecht abwenden und mich selbst sehen. Dazu muss ich durch den Blick der anderen gehen. Ich kann nicht sagen: »Da, schau!« Ich warte eher, dass man mir vorsichtig sagt: »Sieh dich an, wie ich dich ansehe …« Ich lasse Jacques machen. Aber nachdem ich mich wahrhaftig so weit in mich zurückgezogen habe, muss ich durch eine Art Fetalzustand gehen, um wieder in die Wirklichkeit zu gelangen. Ich kauere mich zusammen, um das steife Glied zu schnappen und an meinen Lippen seine zarte Haut zu spüren, die über die Achse gleitet. Ich kann mich bei diesem Akt genauso gut bewegen, wie ich mir auch vorstellen kann, total gefüllt zu sein, dass mein Körper ganz ausgefüllt und prall gespannt ist wie ein Handschuh. Bei einer Reihe von Fotos, die ein amerikanischer Fotograf schoss und Jahre später in der Zeitschrift On Seeing veröffentlichte, sieht man mich – ich sehe mich heute –, erst stehend wie eine Schlafwandlerin auf wackligen Beinen – man könnte sagen, ich schwanke – neben einem Paar, das auf einer Matratze bumst. Es ist dunkel, ich bin scheinbar ganz in schwarz gekleidet, das Licht fällt nur auf die Knie des Mädchens und die Fußsohlen des Jungen. Auf anderen Bildern sitze ich neben dem Paar, gebeugt; man kann unter den zurückfallenden Haaren meinen Kopf zwischen einem Schenkel des Mädchens und den Lenden des Jungen erraten. Mit einer Hand spreize ich das Bein ein wenig mehr. Offenbar will ich lecken, was ich von den ineinander steckenden Geschlechtsteilen erhaschen kann. Wie sehe ich aus? Wie ein fleißiger Handwerker, ein Flaschner, ein Tapezierer, ein Mechaniker, der die Stellen untersucht, die er bearbeiten muss. Wie ein Kind, dessen Spielzeug unters Bett gerollt ist und das nun in das schwarze Loch späht, um es wiederzufinden. Wie ein erschöpfter Läufer, der sich gerade hingesetzt hat und die Brust einfallen lässt, bevor er Atem holt. An der Mühe, die ich mir mache, um offenbar meinen Körper ganz in den Zwischenraum zwischen den beiden anderen Körper zu zwängen, sehe ich, dass damit eine große

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