Das Siegel der Finsternis - Algarad 1
klug, schön und mutig, genau wie ihre Mutter. Mit einem Wort: unbezahlbar!«
Tenan hörte es, hatte jedoch den Eindruck, dass die Entschiedenheit in seiner Stimme fehlte.
Auch Thut Thul Kanen schien es zu merken. Er beugte sich vor, den rechten Arm geschmeidig auf seinen Oberschenkel gestützt, eine Haltung, wie er sie bei Verhandlungen gern einnahm, und fixierte Erskryn. »Nur nicht so vorschnell. Hördoch erst einmal, was ich dir vorschlage. Du kannst dabei nur gewinnen. Ich mache dir ein Angebot: Spiel ein letztes Spiel mit mir. Du kannst deinen Reichtum wiedergewinnen. Dein Einsatz? Dieses Mädchen. Wenn du verlierst, darf ich sie mit mir nehmen.«
Eilenna sprang auf und ballte die Fäuste. Diesmal reagierte Erskryn zu langsam, um sie zurückzuhalten. »Ich bin kein Goldpokal, um den man feilschen kann!«.
Der herausfordernde Blick des Mädchens schien Thut Thul Kanen zu gefallen.
»Setz dich wieder hin!«, schrie Erskryn und schnellte von seinem Sitzkissen hoch. Er packte sie am Nacken und drückte sie hinunter. Sie wehrte sich, und er gab ihr eine Ohrfeige. Schmerzerfüllt drückte sie die Hand gegen ihre Wange, die sich rot verfärbte, und sank auf das Kissen zurück.
»Wie du siehst, kann sie recht widerspenstig sein«, sagte Erskryn und bemühte sich, seine Stimme gleichgültig klingen zu lassen. Er setzte sich wieder hin.
»Ich könnte sie sicherlich zähmen«, entgegnete der Südländer. »Wir in Shon haben Erfahrung mit der Dressur weiblicher Batak-Löwen ... Was sagst du nun zu meinem Vorschlag?«
Erskryn wehrte mit einer lahmen Handbewegung ab. »Die Kiste Gold und Edelsteine, die ich verloren habe, ist nicht so viel wert wie die Erinnerung an die gute alte Zeit, die Eilenna in mir am Leben erhält. Das Mädchen ist zu eng mit meinem Leben verbunden.« Er schüttelte den Kopf und senkte den Blick, um zu verhindern, dass man sah, wie seine Augen vor Aufregung über das Angebot des Südländers leuchteten.
»Erinnerung an die gute alte Zeit?« Thut Thul Kanens Verachtung triefte aus jedem einzelnen Wort. »Das kann doch nicht dein Ernst sein: Du schlägst unsagbaren Reichtum aus,den du gegen ein Mädchen tauschen könntest, das dir ohnehin nur Ärger macht?« Es war an ihm, den Kopf zu schütteln. »Das ist es, was die Völker im Norden so verletzlich macht – ihr habt zu viel Mitgefühl, seid zu weich. Wir im Süden sind anders: Nimm, was dir gehört, und kämpfe für das, worauf du Anspruch hast! Dann weißt du, wofür du Kriege führst. Aber es heißt bei uns auch: Schenke freigiebig, um Freundschaft zu erhalten und Krieg zu verhindern.« In seinen Worten lag eine feine Drohung. Als er sah, dass Erskryn immer noch nicht zustimmen wollte, legte er ihm vertrauensvoll die Hand auf die Schulter. »Ich versichere dir, dass sie in meinem Haus der Frauen gut behandelt wird. Sie wird die Erste unter den anderen sein, ich werde mich persönlich um sie kümmern.«
»Das glaube ich dir aufs Wort«, grunzte Erskryn.
Der Südländer schaute ihn listig an. »Ich erweitere mein Angebot. Würdest du auch dann nicht spielen, wenn du die Möglichkeit hättest, in jedem Fall zu gewinnen?«
»Was meinst du damit?«, fragte der Rote zögernd.
Thut Thul Kanen lächelte. »Wie ich eben sagte, wir schenken im Süden gern, um die Freundschaft zu erhalten. Hier ist mein Vorschlag : Wir spielen noch ein einziges Spiel. Wenn du gewinnst, erhältst du alles zurück, was du heute verloren hast, und meine Reichtümer obendrein. Verlierst du, darf ich die Blume des Nordens mit mir nach Shon nehmen. Du aber bekommst dennoch deinen gesamten Verlust zurück. Und ich biete dir noch etwas an: Wenn die Piraten jemals in Bedrängnis geraten, können sie auf die Bruderschaft der Krieger von Shon zählen. Ein kurzes Zeichen, und wir eilen euch zu Hilfe. So erhältst du dir die Freundschaft der Völker des Südens.«
»Warum bietest du mir all dies an?«
»Du sollst sehen, wie viel mir an der Blume des Nordens liegt. Ich werde sie gut behandeln.«
Erskryn schien zu überlegen. »Du bietest viel, Thut Thul Kanen.« Sein Blick schweifte über die Schätze, die ihm vor kurzem noch gehört hatten; weiter hinten stand die Truhe Thut Thul Kanens. Seine Männer feuerten ihn an, endlich zuzustimmen: »Lass dir diese Gelegenheit nicht entgehen! Nimm das Angebot an! Was willst du mit dem Mädchen? Sie macht sowieso nur Ärger!«
Erskryn wiegte den Kopf.
»Das wirst du nicht zulassen«, rief Eilenna. Sie funkelte ihren Onkel entsetzt
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