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Das Siegel der Macht

Das Siegel der Macht

Titel: Das Siegel der Macht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monika Dettwiler
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Oktavian wurde vor die Stadtmauer gebracht. In minimalem Sicherheitsabstand hatten die Soldaten in aller Eile einen Galgen aufgestellt. Gefolgsmänner des Papstes führten den gefesselten Sabiner darauf zu.
    »Schick einen Boten nach Caere! Graf Benedikt wird eingeladen, der Hinrichtung seines Sohnes zuzuschauen.« Die Worte Gregors waren an den Kaiser gerichtet. Otto zögerte. Weshalb seiner Seelenqual einen weiteren Dorn zufügen? »Tu, was du willst, aber tu es selbst«, sagte er leise.
    Keinen Augenblick zögerte der Apostolische Hirte. Ein päpstlicher Notar ritt in die Stadt und kündigte das grausame Schauspiel an.
    Alexius stand neben Oktavian, als Soldatenarme diesen ergriffen und unter den Galgen führten. Auf den Zinnen der Stadtmauer entstand Bewegung. Graf Benedikts Augen fanden den Holzbalken, den eigenen Sohn, jetzt mit einem Strick um den Hals.
    »Wenn der Graf sich ergibt, schenkt Ihr seinem Sohn das Leben?« Alexius war neben den Kaiser geritten.
    »Der Heilige Vater hat sich dafür verbürgt.«
    »Ihr werdet ihn also freilassen?«
    »Ja.«
    »Gut«, sagte Alexius. Otto musterte seinen Missus erstaunt. Der Hass war aus den Augen des Freundes verschwunden.
    Von den Zinnen der Stadtmauer starrte Graf Benedikt zum Galgen. Er sah, wie sein Sohn Oktavian sich an den Hals griff. Betont langsam nahmen die päpstlichen Krieger das andere Seilende, ließen es durch ihre Finger gleiten.
    Plötzlich war alles vorbei. Die Belagerung von Caere endete an ihrem ersten Abend. Papst Gregors Rechnung ging auf. Es siegte die Beste aller Verbündeten, die Vaterliebe. Graf Benedikt öffnete dem kaiserlichen und dem päpstlichen Heer die Tore der Stadt und ergab sich bedingungslos.

24
    Am Tag vor der Abreise ging Alexius mit Gerold zur Tiberinsel. Der Erzbischof von Ravenna beaufsichtigte die Grundsteinlegung eines neuen Gotteshauses. Auf Befehl des Kaisers sollte die Kirche zu Ehren des Märtyrers Adalbert im selben Sommer errichtet werden.
    Fronarbeiter waren dabei, Holzbalken und Steinladungen aus nacheinander anlegenden flachen Schiffen zu tragen. Mit Schaufeln hoben kräftige Männer eine Mulde aus.
    »Komm, Alexius, ich will dir etwas zeigen.« Gerbert nahm den jungen Griechen am Arm und führte ihn in eine Hütte am anderen Ende der Insel. Sie bestand aus einem einzigen Raum, in dem rechteckige Steine lagen. Ein junger Mann schlug mit Hammer und Meißel feine Splitter aus dem größten Block. Langsam zeichnete sich die Form einer menschlichen Gestalt ab. Der Lärm war ohrenbetäubend.
    »Diese Reliefs werden ein Becken zieren«, verriet der Gelehrte, als sie wieder im Freien waren. »Für den Kaiser eine Überraschung. Die vier Bildnisse sollen Christus, den Kaiser, einen Apostel und einen Bischof zeigen.«
    »Ich kann mir vorstellen, welchen«, lächelte Alexius ironisch.
    Gerberts gute Laune war nicht zu trüben. Er zuckte die Achseln und führte den jungen Freund zur Tiberbrücke. »Morgen wirst du im Gefolge Abt Odilos abreisen«, sagte der Gelehrte ernst. »Du kannst über Peterlingen und Cluny nach Fleury reiten. Meine Botschaft für Abbo von Fleury liegt in der Kanzlei für dich bereit. Ich sage es offen, Alexius. Sie ist ein reiner Vorwand, damit du endlich auf westfränkischem Boden abklären kannst, was eigentlich gespielt wird.«
    »Wenn ich das auf einem anderen Weg herausfinde, muss ich trotzdem nach Fleury reiten?«
    »Nein, du kannst meinen Brief jederzeit vernichten oder die Auslieferung aufschieben.«
    »Zuerst will Odilo in Farfa Halt machen«, platzte Alexius mit der letzten Neuigkeit heraus. »Weshalb interessiert sich jedermann plötzlich für Farfa?«
    »Du hast Recht. Papst Gregor hat wie ein Löwe für die Interessen der Abtei und gegen ihren Feind, den Grafen von Sabina, gekämpft. Auch für den Kaiser war die Sache wichtig.«
    »Ihr als sein Ratgeber müsstet wissen …«
    Gerbert schüttelte den Kopf. »Nicht immer fragt Otto mich um Rat. Der Papst, Kanzler Heribert, die deutschen Herzöge erreichen bei ihm oft, was sie wollen.«
    Aber nur wenn Kleinigkeiten im Spiel sind, dachte Gerbert, als er wieder allein war. Bei wichtigen Entscheiden geht es meist nach meinem Willen. Dies hatte die Synode Anfang Mai gezeigt. Nochmals wurde dem Kaiser das Ottonianum vorgelegt. Er lehnte erneut ab, seinem päpstlichen Verwandten die gewünschten italienischen Grafschaften zuzusprechen. Niemals durfte Otto sich dazu überreden lassen, die Machtansprüche der römischen Kirche zu stützen. Die

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