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Das Siegel der Tage

Das Siegel der Tage

Titel: Das Siegel der Tage Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Isabel Allende
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haben, wächst kein Gras mehr.
    Meine Enkel waren in dem Alter, in dem man die Liebe entdeckt, einzig Achill war noch nicht darüber hinaus, seine Mutter zu bitten, daß sie ihn heiratete. Sie versteckten sichin den Winkeln des Geisterhauses, um im Dunkeln zu spielen, und die Dialoge am Pool gaben den Eltern zu denken.
    »Weißt du nicht, daß du mir das Herz gebrochen hast«, prustete Aristoteles unter der Schwimmbrille hervor.
    »Ich liebe Eric nicht mehr. Ich kann wieder mit dir gehen, wenn du magst«, schlug Nicole ihm zwischen zwei Kopfsprüngen vor.
    »Ich weiß nicht, ich denke drüber nach. Ich kann nicht immer weiter leiden.«
    »Denk schneller, oder ich rufe Peter an.«
    »Wenn du mich nicht liebst, nehme ich mir besser gleich heute das Leben!«
    »Okay, aber nicht im Pool, sonst ist Willie sauer.«

Initiationsriten
    Im Sommer 2005 schloß ich die Arbeit an Inés meines Herzens ab und schickte das Manuskript dieses anstrengenden Projekts mit einem Seufzer der Erleichterung an Carmen Balcells, und dann reisten Willie und ich mit Nico, Lori und den Kindern zu einer Safari nach Kenia. Mehrere Wochen kampierten wir mit Samburu und Massai, um die Wanderung der Gnus zu beobachten, Millionen massiger, schwarzer Tiere, die von der Serengeti in den Masai Mara Nationalpark stürmen und den Raubtieren und Aasfressern, die sich sammeln, um die Nachzügler zu verschlingen, eine Zeit der Gelage bescheren. Innerhalb einer Woche werden auf der Wanderung nahezu eine Million Kälber geboren. Aus klapprigen Propellermaschinen sahen wir die Herde wie einen riesigen Schatten, der sich über die afrikanischen Ebenen breitete. Von Lori stammte die Idee, die Kinder jedes Jahr an einen unvergeßlichen Ort mitzunehmen, der ihre Phantasie anstacheln und ihnen zeigen sollte, daß sich die Menschen trotz der Entfernung überall ähneln. Die Gemeinsamkeiten sind zahlreicher als die Unterschiede. Im Jahr zuvor waren wir auf den Galapagosinseln gewesen, wo die Kinder mit Seehunden, Schildkröten und Mantarochen spielen konnten und Nico hinter Haien und Orcas her stundenlang aufs offene Meer hinausgeschwommen war, während Lori und ich über die Inselchen hasteten und nach einem Boot suchten, um ihn vor dem sicheren Tod zu bewahren. Als wir endlich eins auftrieben, näherte sich Nico bereits wieder mit kräftigen Armschlägen dem Ufer. Nach Kenia mußten wir wie immer den Koffer mit Willies Fotoausrüstung schleppen, inklusive der Stative und des kanonengroßen Objektivs, das viel zu auffällig war, um ein afrikanisches Tier zu überraschen. Das beste Foto der Reisemachte Nicole mit einer Wegwerfkamera: Es zeigt den Kuß, den mir eine Giraffe mit ihrer fünfundvierzig Zentimeter langen blauen Zunge ins Gesicht drückte. Willies schweres Objektiv blieb schließlich im Zelt, und er benutzte andere, bescheidenere, um das herzliche Lachen der Afrikaner zu verewigen, die staubigen Märkte, die fünfjährigen Kinder, die mitten im Nirgendwo, drei Stunden Fußmarsch von der nächsten Siedlung entfernt, das Vieh der Familie hüten, die Löwenjungen und die schlanken Giraffen. Im offenen Jeep fuhren wir durch Elefantenherden und Büffelgruppen, näherten uns schlammigen Flüssen, in denen sich Flußpferdfamilien suhlten, und folgten den Gnus auf ihrer rätselhaften Wanderung.
    Lidilia, einer unserer Führer, ein netter Samburu mit schneeweißen Zähnen und drei langen Federn, die seinen Kopfschmuck aus Perlen krönten, freundete sich mit Alejandro an. Er schlug ihm vor, bei ihm zu bleiben und sich als ersten Schritt auf seinem Weg der Initiation vom Medizinmann des Stammes beschneiden zu lassen. Danach würde er einen Monat in der Wildnis leben und mit dem Speer jagen müssen. Falls es ihm gelänge, einen Löwen zu erlegen, dürfe er das begehrenswerteste Mädchen des Dorfes wählen und sein Name werde zusammen mit dem anderer großer Krieger in Erinnerung bleiben. Erschrocken zählte mein Enkel die Tage bis zu unserer Rückkehr nach Kalifornien. Lidilia war es auch, der übersetzen mußte, als ein schon etwas in die Jahre gekommener Krieger Andrea als Ehefrau kaufen wollte. Er bot etliche Kühe für sie, und als wir ablehnten, legte er noch ein paar Schafe drauf. Nicole verstand sich telepathisch mit den Führern und den Tieren, und konnte sich beneidenswert gut Einzelheiten merken, womit sie uns auf dem laufenden hielt: daß Elefanten alle zehn Jahre vollständig ihr Gebiß wechseln, bis sie sechzig sind und keine neuen Zähne mehr bekommen, so

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