Das Siegel des Olymps (Im Bann des Schicksals) (German Edition)
wie er ihrer Schwester selbstverständlich zunickte. Eine Geste,
die Serena wütend machte. Sie brauchte niemanden, der auf sie aufpasste, schon gar
nicht jemanden, der sich so selbstsicher vor ihrer Schwester präsentierte und
sich aufführte, als hätte er großes vollbracht.
„Wolltest
du nicht etwas sagen Serena?“ Auffordernd sah Athene mit verschränkten Armen
auf ihre Schwester hinab und wartete geduldig auf ein Wort des Dankes an den
Sonnengott.
„Nein,
ich wollte nichts sagen …“, druckste sie leise, sah in die einzelnen Gesichter
der umstehenden Götter, zuletzt in das des Sonnengottes, wandte sich ab und
lief an ihren Platz zurück. Es kümmerte sie in diesem Moment nicht, was er oder
ihre Schwester über sie dachte, die ihr fassungslos hinterher sah und sich für
ihr Verhalten bei ihm entschuldigte. Sie wollte nur einen Moment für sich sein,
was konnte sie für das plötzliche Auftauchen des Gottes? Warum versuchte man
sie zu einem Dank zu zwingen, um sich einem Gott zu unterwerfen, der wohlmöglich
ebenso hinter ihr her war wie Poseidon?
Ohne
sich etwas anmerken lassen zu wollen, ließ sie sich auf ihrem Stuhl nieder und
atmete tief durch. Ihre Schwester würde es nicht verstehen. Zeus würde es nicht
verstehen und Poseidon schon dreimal nicht. Helios schien sie um seinen Finger
gewickelt zu haben, aber sie würde ihm einen Strich durch die Rechnung machen.
Zugleich kam ihr jedoch der Gedanke, dass er bereits eine Gemahlin hatte - die
Frau mit den honigfarbenen Augen, die mitbekam, wie sie sich gegen Arkios
gestellt hatte.
Angewidert
schüttelte sie den Kopf. Wohlmöglich wollte er sie als Gespielin, zum Vorzeigen
und nicht zuletzt aus politischen Gründen – eine Machtstellung auf dem Olymp.
Zeus,
Poseidon, selbst Göttinnen und einige ihrer Geschwister hatten sowohl göttliche
als auch sterbliche Liebschaften. Aphrodite betrog ihren Gemahl Hephaistos mit
dem Kriegsgott Ares. Zeus betrog Hera mit zahlreichen Göttinnen und Menschen
wie ihrer Mutter. Poseidon betrog Amphitrite mit zahlreichen Nymphen und selbst
mit Medusa, die nach ihrem Vergehen mit dem Gott in einem zu Athenes Ehren
erbauten Tempel von dieser in ein schreckliches Monster verwandelt wurde. Normalität unter dem adligen Geschlecht, hätte man meinen sollen. Sie würde allerdings
nicht so enden. Sie würde niemals die Frau eines betrügerischen Scharlatans
werden. Sie würde keinesfalls lächelnd darüber hinwegsehen, dass man sie zum Gespött
der Götterwelt machen wollte.
Aus
ihren Gedanken gerissen, fuhr sie zusammen, als auch die übrigen Götter sich
wieder an dem großen Marmortisch niederließen und die Sitzung fortfuhr. Auch
Zeus kehrte zurück, der kurz nach Athenes angeforderter Unterbrechung mit seiner
Gemahlin verschwunden war. Wohin wusste Serena nicht, sie hatte auch nicht
darauf geachtet, doch sie war dankbar dafür, dass er nichts von dem vergangenen
Ereignis mitbekommen hatte.
Ebenso
wie zuvor, versuchte die junge Halbgöttin an den anstehenden Themen Interesse
zu zeigen, doch ihre Aufmerksamkeit flog schnell wieder dahin und galt schon
bald mehr ihren mit sich selbst spielenden Fingern als den aufgeregten Worten
ihres Vaters.
Einen
Moment schaute sie wieder auf und bemerkte Poseidons angespanntes Gemüt, wie er
sich, ebenso wie es sein jüngerer Bruder Zeus immer tat, nervös durch den Bart kämmte
und seine Finger unruhig über die Armlehne strichen.
Wieder
senkte sie ihren Kopf. Sie wagte nicht, den Gott des Todes noch eines Blickes
zu würdigen, denn jeder weitere konnte ihr Ende bedeuten. Noch immer konnte sie
nicht ganz begreifen, dass sie gerademal eine Tischplatte vom unausweichlichen Ende
trennte. Ein unheimlich beängstigender Gedanke, wie sie empfand, bei dem sie
sich krampfhaft schüttelte.
Wie
zuvor, als sie bei Athene und den anderen stand, überkam sie ein kalter
Schauer, der sie erneut erzittern ließ. Sie konnte dieses beklemmende Gefühl
nicht beschreiben. Es war einfach ein eisiger belastender Druck, der auf ihrer
Brust lag und die Luft aus ihrer Lunge presste. Sie fühlte sich nicht wohl und
versuchte sich zusammenzureißen, um kein Aufsehen zu erregen, doch das schien
sie längst geweckt zu haben.
Ein
weiterer Schauer lief ihr über den Rücken, als würde sie eine eiskalte Hand
berühren.
Ihr
Atem geriet plötzlich ins Stocken.
Helios
hatte seine Hand auf ihren linken Oberschenkel gelegt, sodass es durch die
Tischplatte niemand direkt sehen würde.
Sie
wiederstand der Versuchung
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