Das silberne Dreieck
erhielten wir aus Rom einen Brief von ihm, der einen Scheck über 83 000 Pfund und die Anweisung enthielt, diese Summe einem Herrn auszuzahlen, der in den nächsten Tagen vorsprechen würde.«
»War das ein Engländer?« fragte Leon.
Mr. Grain schüttelte den Kopf.
»Nein, ein Ausländer; ein Mann mit auffallend dunkler Gesichtsfarbe. Das Geld wurde ihm ausgezahlt.
Wenige Tage später erhielten wir einen zweiten Brief - vom Hotel De Russie in Rom. Mr. Storn teilte uns mit, daß er einen zweiten Scheck an einen Mr. Kramann gesandt hätte, dem gleichfalls das Geld ausgezahlt werden sollte. Diesmal waren es 107 000 Pfund und ein paar Schillinge. Mr. Storn gab uns Anweisung, wie das Geld gezahlt werden müßte, und bat, ihm die erfolgte Auszahlung sofort nach Alexandria mitzuteilen. Das tat ich. - Am darauffolgenden Tage kam wieder ein Brief, diesmal aus dem Hotel Piazza del Plebiscito in Neapel - wenn Sie wünschen, können Sie Kopien von allen Schreiben erhalten - mit der Anweisung, daß ein dritter Scheck in Höhe von 112 000 Pfund ausgezahlt werden sollte, und zwar an einen Mr. Rezzio, der im Büro vorsprechen würde. Damit wurde das greifbare Depot Mr. Storns so ziemlich aufgebraucht, obgleich er natürlich noch weitere sehr große Reserven in der Bank liegen hat. Erwähnen möchte ich noch, daß Mr. Storn in Geldangelegenheiten etwas eigenartige Ansichten hat. Er hat ungeheure Barreserven, aber sehr wenig Wertpapiere. Hier sehen Sie bitte -« er zog aus seiner Brieftasche ein Scheckformular - »einen der Schecks. Das Geld wurde natürlich ausgezahlt.«
Leon nahm den schmalen Streifen in die Hand. Die Schrift war sehr charakteristisch.
»Eine Fälschung ist wohl ausgeschlossen?«
»Völlig ausgeschlossen!« sagte Grain nachdrücklich.
»Auch die Briefe waren eigenhändig geschrieben. Das einzige, was mir auffiel, waren ein paar merkwürdige Zeichen auf der Rückseite des Schecks.«
Sie waren kaum sichtbar, und Leon mußte an das Fenster treten, um die Reihe leichter Bleistiftstriche erkennen zu können.
»Kann ich den Scheck ein oder zwei Tage lang behalten?« fragte Leon.
»Selbstverständlich. Die Unterschrift ist ja, wie Sie sehen, ungültig gemacht, und das Geld schon gezahlt.«
Leon prüfte das Papier noch einmal. Der Scheck war auf die Türkische Ölbank ausgestellt, die eines der Privatunternehmen Storns war.
»Was halten Sie denn von der Geschichte?« fragte er.
»Ich weiß wirklich nicht, was ich sagen soll, aber ich mache mir Sorgen.« Grain sah verstört aus. »Ich weiß auch nicht, warum ich mir Sorgen machen sollte, aber ich kann mich des Verdachtes nicht erwehren, daß hier irgendwo und irgendwie ein Schwindel vorliegt.«
»Haben Sie nach Alexandria telegrafiert?«
Mr. Grain lächelte.
»Aber natürlich, und habe auch Antwort erhalten. Ich kam nun auf den Gedanken, ob Sie nicht vielleicht Vertreter in Ägypten hätten; in dem Fall wäre es natürlich sehr einfach herauszufinden, ob alles in Ordnung ist. Für mich kommt es hauptsächlich darauf an, zu vermeiden, daß Mr. Storn etwas über meine Nachforschungen erfährt. Ich bin gern bereit, für alle Unkosten aufzukommen, und bin auch überzeugt, daß Mr. Storn meine Handlungsweise billigen würde.«
Als der Besucher gegangen war, besprach Leon den Fall mit Manfred.
»Es kann sich hier vielleicht um eine Erpressung handeln«, sagte George überlegend. »Aber du mußt Storns Lebensgeschichte sehr genau kennenlernen, wenn du hinter das Geheimnis kommen willst, falls es überhaupt ein Geheimnis gibt.«
»Das war auch mein Gedanke«, erwiderte Gonsalez und verließ das Haus.
Er kam erst gegen Mitternacht zurück und brachte eine überraschende Menge Informationen über Storn mit.
»Vor ungefähr zwölf Jahren war er Telegrafist bei der Türkischen Telegrafischen Gesellschaft; spricht acht oder neun orientalische Sprachen und ist in Konstantinopel sehr gut bekannt. Sagt dir das irgend etwas, George?«
Manfred schüttelte den Kopf.
»Bis jetzt gar nichts, aber du wirst jedenfalls noch Interessanteres auf Lager haben.«
»Storn stand mit der Palast-Clique in Verbindung - weißt du, mit den Drahtziehern in den Tagen Abdul Hamids, und hat zweifellos durch deren Vermittlung seine Konzessionen erhalten.«
»Was für Konzessionen?« fragte Manfred.
»Die Erlaubnis, Öl- und Petroleumquellen auf ganz enormen Gebieten zu erschließen. Als die jetzige Regierung ans Ruder kam, wurden die Konzessionen bestätigt - ich nehme an, unser Freund
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