Das Skript
A 7 . Keine zwanzig Minuten später erreichte er das Gebiet des Waltershofer Hafens und kam dort fast gleichzeitig mit Matthiessen zu der Stelle, an der Jahn kurz zuvor seinen Wagen abgestellt hatte. Sie parkten die Autos ein Stück abseits, so, dass sie Jahn nicht sofort ins Auge sprangen, wenn er zurückkam.
Diese Gegend sah tagsüber schon recht trist aus, aber nun, im kalten Licht des fast vollen Mondes, das hier und da von alten Lampen unterstützt wurde, die vereinzelt an den Wänden von Gebäuden oder Schuppen montiert waren, würde sich wohl niemand freiwillig dort aufhalten. Außer er hatte einen triftigen Grund dafür. Düstere, große Lagerhallen wechselten sich mit Schuppen und Ziegelsteingebäuden mit vielen kleinen Fenstern ab, hier und da waren alte, rostige Container übereinandergestapelt wie riesige Bauklötze.
»Ob Herr Jahn hier auch recherchiert?«, raunte Erdmann Matthiessen zu. »Scheint so, als sollte ich doch recht behalten mit meiner Vermutung, dass der Herr Schriftsteller nicht so sauber ist, wie er uns weismachen will.«
»Komm, wir müssen los. Ich hab dem Einsatzkommando Bescheid gegeben, dass sie nicht mit großem Tamtam hier anrücken sollen. Jahn muss irgendwo dahinten sein.« Matthiessen hatte ihr Handy in der Hand und hielt es sich ans Ohr. Sie hatte einen der Kollegen dran, die Jahn von seiner Wohnung aus gefolgt waren, und ließ sich von ihm dirigieren. Immer wieder beschrieb sie dem Kollegen leise, was sie vor und um sich herum sah, während sie gemeinsam mit Erdmann über schmale Wege an düsteren Gebäuden vorbei- und zwischen Containern hindurchging. Der Mond am fast wolkenlosen Himmel spendete genügend Licht, so dass sie in ungefähr sehen konnten, wohin sie ihre Füße setzten. Nach ein paar Minuten erreichten sie einen etwa drei Meter hohen Zaun mit einer Tür, vor der ein Kollege des Observierungsteams sie erwartete. Die Tür – wie der Zaun eine Konstruktion aus Flacheisen mit dickem Maschendraht – stand etwa einen halben Meter weit offen und schien sich nicht bewegen zu lassen. Auf Augenhöhe prangte ein gelbes Schild mit roter Schrift:
Betreten verboten
Einsturzgefahr!
»Er ist da hinten in das alte Gebäude hineingegangen«, begrüßte der Kollege sie leise. »Sieht ziemlich baufällig aus. Die Kollegen haben sich um das Gebäude herum an Stellen postiert, an denen er vielleicht wieder rauskommen könnte. Kommen Sie.«
Hinter dem Zaun wurde das Gelände schwieriger. Überall lagen Steine, Metallteile, Bauschutt und Müll herum, einen Weg gab es nicht mehr. Sie mussten bei jedem Schritt genau darauf achten, wohin sie traten.
Als sie den Bau fast erreicht hatten, blieb Erdmann stehen und betrachtete die Fassade aus Ziegelsteinen, die sich dunkel und bedrohlich vor ihnen auftürmte. Er schätzte, dass es sich um ein ehemaliges Verwaltungsgebäude handelte, denn es fehlten die für eine Fabrikhalle typischen großen Tore.
»Da vorne ist er rein.« Der Mann deutete auf ein türloses schwarzes Loch schräg vor ihnen, zu dem eine breite Treppe mit einigen wenigen Stufen hinaufführte. In den Boden entlang der Fassade waren in regelmäßigen Abständen Lichtschächte eingelassen, nur die wenigsten waren noch mit einem Gitterrost abgedeckt.
»Okay. Sie kommen mit bis zum Eingang«, befahl Matthiessen und zog ihre Waffe. »Dort warten Sie auf das Einsatzkommando. Wenn die Männer hier eintreffen und wir noch nicht wieder zurück sind, dann schicken Sie sie rein.«
Sie nickte Erdmann zu, der ebenfalls seine Waffe in den Händen hielt. »Dann lass uns mal sehen, was Herr Jahn hier so treibt.«
Matthiessen setzte sich in Bewegung und betrat als Erste das Gebäude. Erdmann spürte Erleichterung, denn so hatte er sie vor sich und konnte sehen, was sie tat. Im gleichen Moment schalt er sich jedoch, dass er so etwas auch nur dachte. Stohrmanns Erzählungen hatten anscheinend ihr Ziel nicht verfehlt.
Unmittelbar hinter dem Eingang wurde es schwarz, doch bevor Erdmann darüber nachdenken konnte, wie sie sich in dieser Dunkelheit zurechtfinden sollten, tauchte vor ihm ein ovaler Lichtkegel auf. Matthiessen hatte eine kleine Stabtaschenlampe angeschaltet und leuchtete nun den Gang damit aus. Er war etwa drei Meter breit, ein Ende war nicht erkennbar. Zu beiden Seiten zeichneten sich in unregelmäßigen Abständen Türnischen in den Wänden ab. Der Boden war mit Müll und abgeblättertem Putz übersät, der beim Abfallen große, unregelmäßige Inseln aus rohem Stein in
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