Das Spiel
wanderte anderswohin; die auf ihrem Schenkel glitt weiter nach oben und schob den Saum des Sommerkleids vor sich her.
»Daddy, was machst du da?«
Ihre Frage war nicht unbedingt ängstlich; sie war überwiegend neugierig. Dennoch schwang ein Unterton der Angst darin mit, so wie ein dünner roter Faden. Über ihr loderte ein Hochofen seltsamen Lichts um eine dunkle Scheibe am indigofarbenen Himmel herum.
»Liebst du mich, Punkin?«
»Ja, klar …«
»Dann kümmere dich nicht darum, was ich mache. Ich würde dir nie wehtun. Ich will nur lieb zu dir sein. Sieh dir einfach die Sonnenfinsternis an, und lass mich lieb zu dir sein.«
»Ich weiß nicht, ob ich das will, Daddy«. Das Gefühl der Verwirrung wurde schlimmer, der rote Faden dicker. »Ich habe Angst, dass ich mir die Augen verbrenne. Die Wieheißensienochgleich.«
»But I believe« sang Marvin, »a woman’s a man’s best friend … and I’m gonna stick by her … to the very end.«
»Keine Bange.« Jetzt keuchte er. »Du hast noch zwanzig Sekunden. Mindestens. Also mach dir keine Sorgen. Und dreh dich nicht um.«
Sie hörte einen Gummibund schnalzen, aber es war seiner, nicht ihrer; ihre Unterhosen waren, wo sie sein sollten, aber sie merkte, wenn sie nach unten blickte, würde sie sie sehen können, so weit hatte er ihr Kleid hochgeschoben.
»Liebst du mich?«, fragte er wieder, und obwohl sie eine schreckliche Ahnung hatte, dass die richtige Antwort auf diese Frage die falsche war, war sie doch erst zehn Jahre alt, und es war immer noch die einzige Antwort, die sie geben konnte. Sie bejahte seine Frage.
»Witness, witness …«, flehte Marvin, der langsam ausgeblendet wurde.
Ihr Vater bewegte sich und drückte das harte Ding fester gegen ihre Kehrseite. Jessie stellte plötzlich fest, was es war … nicht der Griff eines Schraubenziehers oder des Tackers aus dem Werkzeugkasten in der Vorratskammer, das stand fest – und in ihren Schrecken mischte sich eine vorübergehende hämische Freude, die mehr mit ihrer Mutter als mit ihrem Vater zu tun hatte.
Das hast du davon, dass du nicht zu mir gehalten hast, dachte sie, während sie den dunklen Kreis am Himmel durch das rußgeschwärzte Glas betrachtete, und dann: Ich glaube, das haben wir beide davon. Plötzlich verschwamm ihr Blickfeld, und die Freude war dahin. Nur das wachsende Gefühl des Schreckens blieb. Herrje, dachte sie. Das sind meine Netzhäute … es müssen meine Netzhäute sein, die anfangen zu verbrennen.
Die Hand auf ihrem Oberschenkel glitt zwischen ihre Beine und weiter, bis sie vom Schritt gebremst wurde, wo sie fest liegen blieb. Er sollte das nicht machen, dachte sie. Es war die falsche Stelle für seine Hand. Es sei denn …
Er neckt dich, meldete sich eine Stimme in ihr plötzlich zu Wort.
In späteren Jahren erfüllte diese Stimme, die sie mit der Zeit als die von Goodwife betrachtete, sie manchmal mit Verzweiflung; es war manchmal die Stimme der Vorsicht, häufig eine vorwurfsvolle Stimme, und fast immer die Stimme des Leugnens. Unangenehme Dinge, würdelose Dinge, schmerzliche Dinge … sie alle verschwanden schließlich, wenn man sie nur nachdrücklich genug ignorierte, das war die Ansicht von Goodwife. Es war eine Stimme, die mehr als verstockt darauf beharren konnte, dass das größte Unrecht Recht war, Teil eines barmherzigen Plans, so kompliziert, dass gewöhnliche Sterbliche ihn nicht durchschauen konnten. Es gab Zeiten (am häufigsten während ihres elften und zwölften Lebensjahrs, als sie die Stimme Miss Petrie genannt hatte, nach ihrer Lehrerin aus der zweiten Klasse), da drückte sie tatsächlich die Hände auf die Ohren, um dieser zänkischen Stimme der Vernunft zu entfliehen – selbstverständlich vergebens, da diese ihren Ursprung in Jessies Kopf hatte -, aber in diesem Augenblick wachsenden Unbehagens, während die Sonnenfinsternis den Himmel über dem westlichen Maine verdunkelte und gespiegelte Sterne in den Tiefen des Dark Score Lake brannten, in dem Augenblick, als ihr klarwurde (gewissermaßen), was die Hand zwischen ihren Beinen vorhatte, hörte sie nur Freundlichkeit und einen Sinn fürs Praktische aus dieser Stimme und beherzigte das, was sie ihr sagte, voll panischer Erleichterung.
Es ist nur eine Neckerei, das ist alles, Jessie.
Bist du dir sicher?, rief sie zurück.
Ja, antwortete die Stimme nachdrücklich – im Lauf der Jahre sollte Jessie herausfinden, dass diese Stimme immer nachdrücklich sprach, ob sie nun Recht oder Unrecht hatte. Es
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