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Das Spiel

Das Spiel

Titel: Das Spiel Kostenlos Bücher Online Lesen
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hätte sie sich nicht erlauben können, draußen im Freien umherzuspazieren.
    »Aber schau uns doch an!« Yazi kam aus dem ellamischen Grenzland und sprach daher ganz gut Xixisch. Sie war ein gutherziges Mädchen, aber ein bisschen langsam, und sie machte öfters Fehler. »Wir haben uns doch schon verlaufen. In so einem großen Haus kann sich doch niemand zurechtfinden. Das ist doch bestimmt das größte Haus auf Erden!«
    Qinnitan war in Versuchung zu sagen, dass sie selbst wirklich einmal im größten Haus auf Erden gelebt hatte, einfach nur um Yazis Gesicht zu sehen, doch obwohl sie Soryaza, der Wäschemeisterin, schon erzählt hatte, dass sie Novizin im Bienentempel gewesen war, war es nicht ratsam, es noch anderen zu sagen, schon gar nicht einem so unschuldigen Plappermaul wie Yazi. Und dass sie eine Zeitlang im Königlichen Frauenpalast gewohnt und dort zu den wenigen Privilegierten gehört hatte, denen das Essen von flinken, stummen Bediensteten gebracht wurde, würde sie erst recht nicht erwähnen, obwohl ihr die Ironie dieser Unterhaltung wohl bewusst war.
    »Zurück geht es da lang«, sagte sie einfach nur. »Weißt du nicht mehr, wir sind doch durch einen langen Gang mit lauter Gemälden gekommen, gleich nachdem wir durch diesen Garten gegangen waren?«
    »Welchen Garten?«
    »Du hast gar nicht ...? Da, wo man das Meer und alles sehen konnte?« Sie seufzte. »Macht nichts.« In dieser Hinsicht war Yazi wie ein Hund. Das Mädchen hatte über irgendetwas geredet, über einen Traum, den sie gehabt hatte, oder einen, den sie gern träumen wollte, und hatte den Garten gar nicht wahrgenommen, obwohl das das einzige Mal an diesem Tag war, dass sie aus dem Gemäuer der Burg hinausgekommen waren. Qinnitan hatte ihn natürlich regelrecht in sich aufgesogen. Sie war zu lange eingesperrt gewesen wie eine Nachtigall in einem Rohrkäfig, um sich die herrlichen Momente entgehen zu lassen, wenn sie endlich einmal im Freien, unter Gottes weitem Himmel war. »Macht nichts«, sagte sie noch einmal. »Geh mir einfach hinterher.«
     
    »Bei den Brüsten der Surigali, wo habt ihr zwei gesteckt?« Soryaza stand vor ihnen, die Hände in die Hüften gestemmt. Sie sah aus, als würde sie jeden Moment einen der mächtigen Waschzuber hochhieven und den kochend heißen Inhalt über die Bummlerinnen ausschütten. »Ihr solltet die Sachen doch nur in die Bügelkammer bringen und gleich wieder zurückkommen.«
    »Wir sind ja gleich wieder zurückgekommen«, sagte Qinnitan auf Xixisch. Sie verstand Hierosolinisch inzwischen ganz gut — die Sprachen waren sich in vielem ähnlich — oder zumindest gut genug, um den Sinn dessen zu erraten, was die Leute zu ihr sagten, aber sie sprach es immer noch unbeholfen. »Wir haben uns verlaufen.«
    »Es ist alles so groß!«, sagte Yazi ebenfalls auf Xixisch. »Wir haben nichts Unrechtes getan, Meisterin. Bei der Mutter, wirklich nicht!«
    Soryaza schnaubte ungläubig und spuckte dann auf den nassen Boden. »Los, zurück an die Arbeit. Und sprecht Hierosolinisch, ihr beiden. Ihr seid hier nicht mehr im Süden!«
    Als die Oberwäscherin davonstapfte, kamen ein paar andere Frauen herbei, um herauszufinden, was los war. Qinnitan kannte die meisten bereits mit Namen, wenn auch zwei Neue dabei waren, mit denen sie noch nie gesprochen hatte.
    »Ist sie immer so wütend?«, fragte eine der beiden Neuen, ein ängstliches, mageres junges Ding mit geröteten Augen und einer ewig zuckenden Nase — die anderen hatten sie bereits Kaninchen getauft.
    »Immer«, sagte Yazi. »Ihr tun die Füße weh. Und der Rücken auch.«
    »Pah!«, sagte eine der anderen Frauen. »Das sagt sie seit Jahren. Hat sie nicht dran gehindert, den jungen Gregor hochzuheben und zur Tür hinauszuwerfen, als sie ihn in der Trockenkammer beim Schlafen erwischt hat. Oder ein, zwei Zuber umzutreten, wenn ihr danach ist.«
    »Nira, jemand hat gesagt, du warst mal Priesterin in Xis«, sagte das Mädchen, das Kaninchen genannt wurde, plötzlich zu Qinnitan. »Stimmt das?«
    Es dauerte — obwohl es schon besser wurde — immer einen Moment, bis sie auf ihren falschen Namen reagierte, und dass alles auf Hierosolinisch vor sich ging, machte sie noch langsamer im Kopf, weshalb die Frage nicht gleich zu ihr durchdrang. Als sie sie verstand, erschauerte sie.
Bei der Dunklen Königin, wissen es denn schon alle? Verflucht sei dieses Nest von Schwatzbasen, und verflucht sei Soryaza — sie muss es weitererzählt haben.
    Laut sagte sie: »Ich ... ich

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