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Das Spiel

Das Spiel

Titel: Das Spiel Kostenlos Bücher Online Lesen
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nicht, genauer hinzuschauen, aus Angst, es könnte wirklich irgendeine räuberische Bestie sein. Stattdessen strengte sie ihre kratzige Stimme noch mehr an und deklamierte, so laut sie konnte:
     
    »›Weiche, Vetter, von meiner Tür‹, spricht Khors. ›Du reitest durch Mondland, nimmst ungebeten die Straße nach Ewigfrost. Dies ist nicht Xandos, die Feste der Götter, wo du Rechte besäßest.‹
     
    ›Ich habe das Recht des Vaters‹, donnert der Gott, ›das du mir stahlst, als meine Tochter du raubtest! Gib sie heraus und setze nie wieder den Fuß auf mein Land, dann lasse ich dir das Leben.‹«
     
    Von der Anhöhe aus erkannte Briony nur einen Wildwechsel oder ein altes Bachbett drunten auf der anderen Seite, einen gewundenen Streifen schlammiger, rötlicher Erde. Es war mitnichten ein richtiger Weg, aber es war immerhin etwas, woran sie sich halten konnte, und außerdem musste sie nicht mehr bei jedem Schritt Brombeerranken von ihren Füßen lösen. Sie stieg vorsichtig hinab, weil ihr jetzt zum ersten Mal in all den Stunden klar wurde, dass sie, wenn sie stolperte oder ausglitt und sich ein Bein brach, mit Sicherheit hier sterben würde. Als sie den Streifen rostfarbener Erde erreicht hatte, hob sie die Stimme wieder zum Ausdruck des Triumphs, einer Hymne auf den neu entdeckten Pfad.
    Wenn man so am Ende ist,
dachte sie zerstreut, während sie über einen riesigen, fauligen Baumstamm kletterte, voller Angst, dass er sich mit ihr in Bewegung setzen könnte,
wenn man so am Ende ist, muss man jeden kleinen Sieg bejubeln.
     
    »›Auf meinem Land gebietet mir niemand‹, kommt es von Khors, ›und zuletzt ein Prahler wie du, der du nichts als ein Sturm bist, der donnert und braust und doch nichts vermag. Sie ist jetzt mein. Die Taube ist mein.‹
    ›Ein Dieb bist du! Und ein Lügner!‹, ruft Perin. ›Erfahren sollst du am eigenen Leib, ob nur aus Wind ist dies Ungewitter, so wie des Strivos' Ställe, voll der göttlichen Hengste des Sturms, oder ob es bewehrt ist mit Blitzen.‹«
     
    Sie war jetzt endlich am Fuß des Hügels, dreckig und keuchend, dass ihre Lunge schmerzte, aber sie hatte jetzt wenigstens einen deutlich sichtbaren Pfad, dem sie folgen konnte, und sie wollte möglichst weit kommen, ehe es dunkel wurde.
    Und was dann?,
fragte eine lautlose Stimme — ihre eigene, der vernünftige Teil ihrer selbst, von dem sie geglaubt hatte, sie hätte ihn irgendwo auf der Straße außerhalb des Waldes verloren.
Was dann? Willst du die ganze Nacht auf einem feuchten, kalten Stein sitzen und die Wölfe mit deinem Messer fernzuhalten suchen? Und in der nächsten Nacht? Und in der danach ...?
    Nein. Still! Was kann ich sonst tun? Weitergehen. Immer weiter.
Sie erhob ihre Stimme wieder, so wie Allvater Perin seine Waffe gegen den Räuber seiner Tochter erhob.
Verschwindet, ihr Wölfe! Verschwindet, ihr Feinde, wer ihr auch seid!
     
    » Und damit hebt er den mächtigen Hammer, Eichbaum genannt, sprengt auf den Mondherrn zu, und die Welt erzittert unter seinem goldenen Wagen, und die Berge schwanken vom Donnern der Hufe des Rosses.
     
    Khors ist voll Furcht, doch er sprengt auf dem weißen Ross ihm entgegen, schwingt Silberstrahl, sein mächtiges Schwert, und schwingt auch das Netz, das Vater Sveros ihm gab, das gewaltige Netz, darin einst der Alte die Sterne des Himmels gefangen.
     
    Mit einem Donnerschlag treffen sie aufeinander, dass beider Heere Götter, statt anzustürmen, nur um den aufrechten Stand noch kämpfen. Einige stürzen wie Yarnos der Schneiende, auch Strivos fällt, wird beinah erschlagen von Azinor von den Onyenai, der, schnell mit der Klinge, stets eifert, die Feinde des Vaters zu töten.
     
    Hin und her auf dem eisigen Feld, wo Ewigfrost steht, woget der Götter Schlacht, Licht gegen Dunkel, Perin mitsamt seinen Brüdern gegen den Khors und die Kinder der Alten Mutter Nacht, und wieder und wieder wendet sich das Geschick durch den Flug eines Speeres, die Bahn eines Pfeils, den Hieb einer Klinge, ja selbst eines blutigen Auges Zucken.
     
    Den weißhändigen Uvis verwundet des Kernios' mächtiger Speer, doch Birin, der Abendnebel Herr, findet den Tod, als seine Kehle die Pfeile der Onyenai durchbohren. Den Wagen des tapferen Volios fällt mit der Kraft eines Stiers der gehörnte Zmeos, und darunter liegt mit gebrochenen Knochen der Kriegsgott und rufet die Oheime auf, ihn zu rächen. Über die Ufer tritt vom Getümmel selbst der gewaltige Rimefluss und rinnt in vielerlei Bahnen

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