Das Spiel
auf und fixierte Olin mit seinen roten Augen. »Lasst Euch eines gesagt sein — Ihr gehört Ludis. Ich habe Euch gekauft, und ich werde Euch auch behalten. Wenn ich Euch wiederverkaufe, werde nur ich davon profitieren. Und wenn es der Autarch von Xis irgendwie schafft, die Mauern dieser Zitadelle einzureißen, dann werde ich meinen letzten Atemzug darauf verwenden, sicherzustellen, dass er Euch nicht bekommt. Jedenfalls nicht lebend.« Der Herrscher von Hierosol wedelte mit der Hand. »Ihr könnt jetzt wieder in Eure Gemächer gehen, Eddon, Eure Bücher lesen und mit den Hausmägden tändeln.« Er klatschte in die Hände, und die Gefangenenwächter kamen zur Tür des Thronsaals herein. »Führt ihn ab«
Die kunstvollen Steinmetzarbeiten an der Decke der riesigen Höhle, in der die Funderlingsstadt lag, waren in ganz Eion berühmt. In besseren Zeiten kamen sogar Leute aus so fernen Gegenden wie Perikal oder den devonisischen Inseln angereist, nur um diesen steinernen Wald zu sehen, das Werk, das mindestens ein Dutzend Funderlingsgenerationen so liebevoll geschaffen hatten.
Die Decke der Halle der Steinhauerzunft war nicht so berühmt und natürlich nicht annähernd so groß, aber sie war auf ihre Art ebenfalls ein erstaunliches Kunstwerk. In einer natürlichen Höhlung der Unterseite jener Felsschicht, die das Fundament der Südmarksburg bildete, war, dank der einzigartigen Handwerkskunst der Funderlinge, aus einer Kombination von Kalkstein, Wolkenquarz und Balken von uraltem schwarzem Eisenholz etwas entstanden, das selbst den Neid der Götter hätte wecken können.
Chert hatte es natürlich schon oft gesehen — sein Großvater war bei dem Arbeitstrupp gewesen, der die letzten großen Reparaturarbeiten durchgeführt hatte —, aber es beeindruckte ihn immer wieder. Wenn er von seinem einsamen Platz auf dem Zeremonialstein hinaufschaute, war die Decke wie ein Wolkenfenster zu einem fernen Teil des Himmels, aber die Wolken waren aus Quarzkristall und Kalkstein und mit Eisenholzbalken unterfangen, die viel zu dick und zu werkmännisch angebracht waren, um nur dekorativen Zwecken zu dienen. Erst wenn sich das Auge des Betrachters an das (paradoxerweise nach oben hin zunehmende) Dunkel gewöhnt hatte, erkannte es die gewandverhüllte, maskierte Gestalt und die sie umgebenden kleineren gewandverhüllten und verschleierten Gestalten, die allesamt, mit den Füßen nach oben und dem Kopf nach unten, im Scheitelpunkt thronten und vom Gewölbe herabblickten. Chert wusste, die Perspektive war eigentlich nicht die auf etwas, das
über
einem war, sondern die Perspektive
hinab
in die Tiefen der Erde — durch einen mächtigen Schacht, der hinunter in die J'ezh'kral-Höhle führte, das Reich des Herrn des Heißen Nassen Steins — Kernios, wie ihn die Großwüchsigen nannten.
Doch der eigentliche Clou der Halle befand sich zu Füßen des Betrachters — wie Chert jetzt ausgiebig bewundern konnte, während er darauf wartete, dass sich der Tumult, den seine letzten Worte ausgelöst hatten, wieder legte. Die im Halbkreis angeordneten Bänke der Zunftratsmitglieder und die vier steinernen Sessel, die ihnen zugekehrt waren, säumten einen riesigen Spiegel aus Silberglimmer, in dem sich alles, was darüber war, spiegelte. Chert und die Übrigen schienen am Rand der J'ezh'kral-Höhle selbst zu sitzen und hinabzublicken in die Augen ihres Gottes. Sich den Vorstehern zu nähern war, als schwebte man über den lebenden Tiefen der Schöpfung.
Das war schon im besten Fall beunruhigend. Heute Abend, da die gesamte Zunft versammelt war, um über Cherts Verhalten zu urteilen, war es mehr als beängstigend.
»Du hast
was?«
Sein eigener Bruder Knoll schwang sich natürlich zum Wortführer der Anklage auf. »Wie soll ich mit der Schande leben, dass jemand aus unserer Familie ...«
»Bitte, Magister«, sagte Zinnober. »Noch hat hier niemand festgestellt, dass etwas Unrechtes geschehen ist, und schon gar nicht, dass Chert Schande über die Blauquarzfamilie gebracht hat.«
»Über die gesamte Quarzsippel«, rief Blutstein, der Vertreter des Rauchquarzzweiges. Der dicke, glubschäugige Blutstein war einer von Knolls politischen Bundesgenossen und meist sehr schnell bereit, sich auf dessen Seite zu schlagen — so auch jetzt Knolls Empörung über Chert zu teilen. Er war nicht der Einzige: Die Vertreter der Morion—, der Milchquarz- und der Rosenquarzfamilie hatten Cherts gesamten Auftritt auf dem Zeremonialstein ebenfalls mit Grummeln und
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