Das Spiel
Kleinigkeit zu liefern, die einem ehrgeizigen Höfling oder gar (was die Götter verhüten mochten!! dem Autarchen selbst zugetragen werden konnte. Dennoch, wie lästig! Wo sollte er jetzt vor der Abreise noch die Zeit hernehmen, den drei Knaben die verdiente Züchtigung zu erteilen? An Bord eines Schiffes hatte man, so geräumig Vashs Kabine auch sein mochte, nun einmal keine rechte Privatsphäre. Doch es war nicht zu ändern. Der Autarch hatte gerufen.
»Ich komme«, sagte er nur. Der Leopard machte schneidig auf dem Absatz kehrt und schritt voran. Vash hielt in der Tür kurz inne.
»Ich bin gleich wieder zurück«, warnte er die Sklaven. »Sollte die Nachtigallenrobe dann nicht im Schrank hängen, werdet ihr humpelnd und weinend an Bord gehen. Und sollte die Robe nicht in makellos sauberem Zustand sein, werde ich andere Diener auf die Reise mitnehmen. Ihr drei jedoch werdet den Kanal hinabtreiben, vorbei an den Häusern eurer Eltern, aber die werden nicht um euch weinen können, denn ihr werdet nicht mehr zu erkennen sein.«
Ihre Mienen entschädigten ihn fast schon dafür, dass er jetzt losmusste, um die Phantastereien seines verrückten und fordernden Monarchen über sich ergehen zu lassen. Vash war ein alter Mann und kostete die wenigen simplen Freuden, die ihm noch blieben, gerne aus.
Der Autarch wurde gerade in einem von Hunderten von Kerzen erhellten Raum gebadet. Vash hatte seinen Gebieter nur allzu oft nackt gesehen, sich aber nie recht daran gewöhnen können. Was keineswegs daran lag, dass die Nacktheit des Autarchen etwas Abstoßendes gehabt hätte: Sulepis war jung, hochgewachsen und gut gebaut, wenn auch für Vashs Geschmack (er bevorzugte runde Wangen und ein kindliches Bäuchlein) ein wenig zu schlank. Nein, es lag daran, dass diese Nacktheit, statt Verletzlichkeit oder Intimität zu suggerieren, einfach nur ... bedeutungslos wirkte — so als ob Sulepis nur deshalb einen Körper bewohnte, weil es zweckmäßig war oder seine Stellung es verlangte, während er sich selbst mit einem blanken Skelett, mit bloßem, hautlosem Fleisch oder mit den steinernen Gliedern einer Statue ebenso wohlgefühlt hätte. Vash war für sich zu dem Schluss gelangt, dass die Nacktheit des Autarchen nicht viel Menschliches hatte. Er verspürte nie auch nur einen Anflug von Begehren, Scham oder Ekel, wenn er den Autarchen ansah, während doch sonst jeder Mann oder auch jede Frau in unbekleidetem Zustand in ihm mindestens eine dieser Empfindungen weckte. »Ihr habt mich rufen lassen, o Goldener?«
Der Autarch starrte seinen Obersten Minister eine ganze Weile an, als hätte er ihn noch nie gesehen — als wäre Pinnimon Vash irgendein Fremder, der sich ins Badegemach verirrt hatte. Das Kerzenlicht flimmerte in kleinen Wellen über den langen Körper des Monarchen, als driftete er am Grund des Erhabenen Kanals. »Ah«, sagte er endlich. »Vash. Ja.« Mit lässiger Geste deutete er auf eine Gestalt zu seiner anderen Seite, die der aus der riesigen Wanne steigende Dampf halb verdeckte. »Vash, begrüßt Prusus, Euren Scotarchen.«
Vash wandte sich dem verwachsenen Geschöpf zu, das in seiner Sänfte schwankte wie von einem starken Wind. Viele hielten Prusus für schwachsinnig, doch Pinnimon Vash hatte da seine Zweifel. »Es ist mir wie immer eine Freude, Euch zu sehen, Scotarch. Ich hoffe, Ihr seid wohlauf?«
Prusus versuchte etwas zu sagen, zog eine Grimasse und nahm dann einen neuen Anlauf. Sein Mondgesicht verzog sich, als litte er schlimmste Qualen — selbst in seinen besten Momenten bereitete ihm das Sprechen Mühe, und vor dem Autarchen fiel es ihm noch schwerer —, doch er brachte nur ein paar Grunzlaute heraus, ehe Sulepis lachend abwinkte.
»Genug, genug — wir haben nicht den ganzen Tag Zeit. Sagt, Prusus, wie betet Ihr nur? Selbst Nushash muss doch bei Eurem Gezucke und Genuschel die Geduld verlieren. Ach, und da ist noch unser anderer Gast, Polemarch Johar. Vash, Ihr und Johar kennt Euch ja wohl?«
Vash verbeugte sich nur ganz leicht vor dem hageren Mann mit den kalten Augen, fast wie vor einem Gleichgestellten. Ikelis Johar, Hoher Polemarch der Truppen des Autarchen, war eine Macht für sich. In politischen Dingen waren er und Vash bislang noch nicht aneinandergeraten, doch es war unausweichlich, dass dies eines Tages geschehen würde. Und ebenso unausweichlich war, dass einer von ihnen den Zwist nicht überleben würde. Als er jetzt auf Johars grausamen, humorlosen Mund blickte, freute sich Vash
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