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Das Spiel

Das Spiel

Titel: Das Spiel Kostenlos Bücher Online Lesen
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Briony. Arme Tante Lanna! Sie musste außer sich sein vor Angst und Schmerz, jetzt, da die Zwillinge beide verschwunden waren und die gesamte Ordnung des Lebens über den Haufen geworfen war. Aber Merolanna würde durchhalten. Sie würde sich zusammennehmen, um der anderen willen, um der Familie willen. Ja, selbst für Olins neugeborenen Sohn, Anissas Kind. Briony schob eine Anwandlung von Eifersucht beiseite. Was sollte ihre Großtante sonst tun? Sie würde die Eddons beschützen, so gut sie konnte.
    Oh, Tante Lanna, wenn ich zurückkomme, werde ich dich so fest drücken, dass es dir fast die Knochen bricht! Und deine alten Wangen wund küssen! Du wirst ja so überrascht sein!
Natürlich würde die Herzogin weinen — sie weinte immer vor Glück, aber fast nie vor Traurigkeit.
Und so stolz auf mich. »Du kluges Mädchen«, wirst du sagen. »Genau das, was dein Vater getan hätte. Und so tapfer ...!«
    Briony döste weiter vor sich hin und dachte an jenen großen Tag. Alles daran vermochte sie sich ganz leicht auszumalen, nur nicht, wie es je dazu kommen sollte.
     
    Sie erreichten die hügelige Küste des nördlichen Marrinswalk, gerade als die aufgehende Sonne die Unwetterwolken von Schwarz zu einem bläulichen Grau milderte, und ruderten durch die leere Bucht dicht an den Strand heran. Briony raffte den grob gewebten Rock, den ihr Ena gegeben hatte, um die Hüften und half dem Skimmermädchen, das Boot auf den nassen Sand zu setzen. Der Wind war beißend kalt, das Besengras und die Strandheide auf den Dünen wogten, als ahmten sie die schaumgekrönten, kleinen Wellen der Bucht nach. »Wo sind wir?«, fragte sie.
    Shaso wrang seine klatschnassen Kleider aus. Er trug eins von Turleys weiten, salzgebleichten Hemden und eine der schlichten, knielangen Hosen des Skimmers. Als er jetzt die umliegenden Hügel musterte, wirkte Shaso dan-Heza mit seinem ledrigen, faltigen, von der langen Kerkerhaft ausgezehrten Gesicht wie ein Geist in den abgelegten Kleidern eines Kindes. »Irgendwo nicht weit von Kinemarkt, würde ich sagen, etwa drei, vier Tagesmärsche von Bokeburg.«
    »Kinemarkt ist da.« Ena zeigte nach Osten. »Hinter diesen Hügeln, südlich der Küstenstraße. Ihr könnt dort sein, ehe die Sonne über die Kuppen steigt.«
    »Nur wenn wir jetzt losgehen«, sagte Shaso.
    »Was in aller Welt wollen wir in Kinemarkt?« Briony war noch nie dort gewesen, wusste aber, es war ein Marktflecken, der ordentliche Abgaben an die Krone leistete. Und sie erinnerte sich vage, dass irgendein Fluss dort hindurch- oder ganz in der Nähe vorbeifloss. Im Moment jedenfalls hätte der Ort aus ihrer Sicht ebenso gut Winzigdorf oder Unwichtigstadt heißen können. »Da ist doch nichtsl«
    »Außer Nahrungsmitteln — und die brauchen wir doch, meint Ihr nicht?«, sagte Shaso. »Wir können nicht Weiterreisen, ohne zu essen, und ich bin nicht so auf der Höhe meiner Fähigkeiten, dass ich uns eine Mahlzeit fangen oder erlegen könnte. Jedenfalls nicht, ehe ich mich ein wenig erholt habe und meine Beine wieder gebrauchen kann.«
    »Und wo gehen wir dann hin?«
    »Richtung Bokeburg.«
    »Warum?«
    »Genug gefragt.« Er bedachte sie mit einem Blick, der die meisten Menschen zum Zittern gebracht hätte, aber Briony war nicht so leicht einzuschüchtern.
    »Ihr habt gesagt, Ihr würdet entscheiden, was wir tun, und ich habe mich einverstanden erklärt. Aber ich habe nie gesagt, ich würde nicht fragen warum, und Ihr habt nie gesagt, Ihr würdet nicht antworten.«
    Er knurrte leise. »Versucht es noch mal mit Eurer Frage, wenn wir unterwegs sind.« Er wandte sich an Ena. »Überbring deinem Vater meinen Dank, Mädchen.«
    »Ihr Vater hat uns nicht übers Meer gerudert.« Briony schämte sich immer noch dafür, dass sie mit der jungen Frau wegen der Landung in M'Helansfels so gestritten hatte. »Ich schulde dir einen Gefallen«, erklärte sie dem Mädchen so majestätisch-huldvoll, wie es ihr irgend möglich war. »Ich werde es nicht vergessen.«
    »Gewiss, Herrin.« Ena machte einen kurzen, nicht sonderlich ehrfurchtsvollen Knicks.
    Na ja, sie hat mich im Schlaf vor mich hinsabbern sehen. Da wäre es wohl ein bisschen übertrieben, von ihr zu erwarten, dass sie mich wie die holde Zoria behandelt. Trotzdem war Briony sich nicht sicher, wie sie es finden würde, eine Prinzessin ohne Thron und ohne Burg zu sein — und ohne all die Privilegien, an die sie sich bei aller Verachtung doch ziemlich gewöhnt hatte. »Jedenfalls vielen Dank.«
    »Viel

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