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Das Spiel

Das Spiel

Titel: Das Spiel Kostenlos Bücher Online Lesen
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er ein spatenartiges Grabwerkzeug, das wohl jemand fallen gelassen hatte. Er benutzte es, um sich den nächsten Schwall verängstigter Flüchtender vom Leib zu halten, die in der Enge des Stollens nicht davor zurückscheuten, ihre Krallen oder Zähne einzusetzen.
    Während er sich immer weiter emporarbeitete, öffneten sich die Treppenschächte zu Hohlräumen und Szenerien, die er absolut nicht einordnen konnte. In einer großen Kaverne, die er durchqueren musste, um zum Fuß der nächsten Treppe zu gelangen, prügelten gerade ein Dutzend dürre, geflügelte Gestalten ein einzelnes, stämmiges Geschöpf zu Tode, wobei sie ein schrilles Wut- und Freudensirren von sich gaben — ihr Opfer mochte einer der kleinen Folger sein, die Gyir im Wald angegriffen hatten, aber es war schwer zu sagen, weil die stumme Kreatur über und über mit Blut und Dreck beschmiert war. Barrick eilte mit gesenktem Blick vorbei. Dieses Geschehen führte ihm seine eigene Verletzlichkeit vor Augen, und als er auf den Stufen das matte Glänzen einer offenbar von ihrem Eigentümer in panischer Flucht verlorenen Klinge sah, warf er das spatenähnliche Werkzeug fort und nahm die Waffe an sich. Es war ein merkwürdiges Ding, halb Axt, halb Dolch, aber auf jeden Fall wesentlich schärfer als der Spaten.
    Ein paar Ebenen weiter oben füllte sich das Treppenhaus plötzlich mit kleinen, blassen, dahinhuschenden Wesen, die es wenig zu kümmern schien, ob sie kopfüber hingen oder nicht; sie wieselten ebenso die Wände und die Decke entlang wie über die Stufen. Ihre Körper waren beinhart, rund und so glatt wie Speiseschälchen, aber sie hatten kleine Mäusefüße mit gespreizten Zehen. Die Berührung der krabbelnden, klammernden Krallenfüße war Barrick so unangenehm, dass er, nachdem das erste dieser Wesen auf ihm gelandet war, alle weiteren hastig von sich streifte.
     
    Barrick Eddon taumelte vor Erschöpfung. Er hatte etliche Treppen erklommen, einige steiler und länger als irgendein Aufgang zu Hause auf der Südmarksburg, und dazu noch zwei endlose, beängstigend wacklige Leitern, und trotzdem schien er der Oberfläche nicht näher gekommen zu sein: Die Luft war unverändert feucht, heiß und stickig, und die anderen Sklaven und Arbeiter schienen genauso verwirrt, wie sie es ein halbes Dutzend Ebenen tiefer gewesen waren. Er war ohne jede Orientierung, und jetzt ließen auch die Kräfte nach, die ihm die nackte Angst verliehen hatte. Seltsame Wesen flatterten im Dunkel der Stollen an ihm vorbei, und schattenhafte Gestalten kreuzten seinen Weg, um dann in Seitengängen zu verschwinden, doch je weiter er kam, desto einsamer schien er zu sein. Das war schlecht: Allein zu sein hieß aufzufallen. Der schauerliche Halbgott mochte ja tot sein, aber das bedeutete nicht, dass seine noch lebenden Lakaien Barrick einfach laufen lassen würden. Er griff sich das erstbeste Geschöpf, das kleiner war als er selbst, ein bizarres, haarloses, glubschäugiges Ding wie ein zweibeiniger Salamander, das sich als letztes eines ganzen Schwarms treppab an ihm vorbeischlängelte. Es stieß einen dünnen Schrei aus, doch noch ehe Barrick herausfinden konnte, ob das Geschöpf seine Sprache verstand, zerfiel es in Stücke. Arme, Beine — alles, was er zu fassen versuchte, fiel vom Rumpf ab, und die ganze schlüpfrige Masse glitt ihm aus den Händen und hopste und schlitterte hinter ihren Kumpanen her die Stufen hinab. Barrick war so erschrocken, dass er den haarlosen Kreaturen und ihrem Nachzügler, der sich immer noch in Einzelteilen bewegte, mit offenem Mund nachgaffte und beinah von einem riesigen, haarigen Etwas zerquetscht worden wäre, das dem Schwarm hinterherjagte.
    Das haarige Etwas war so plötzlich auf ihm und dann so schnell an ihm vorbei, dass er nur an dem üblen Geruch und dem kratzigen Fell erkannte, was sich da den engen Treppenschacht hinabzwängte — eins der affenartigen Wächterwesen. Als es verschwunden war, schnappte er erst einmal nach Luft, dankbar, dass das Biest sich offenbar mehr für die haarlosen Kreaturen interessierte als für ihn.
    Vielleicht sind sie ja schmackhaft,
dachte er ohne jede Erheiterung. Barrick war nicht nur zerschlagen und erschöpft, er war auch völlig ausgehungert. Die Wächter hatten es nicht für nötig gehalten, ihnen noch etwas zu essen zu geben, ehe sie sie zum Tor geschleppt hatten.
Nicht mehr lange, und ich werde selbst diese grässlichen Viecher jagen und essen und auch noch dankbar dafür sein ...
    Als er gerade

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