Das Spiel beginnt - Lost Souls ; Band 1
dass ich von ihnen höre.
»Und keiner hat John davon erzählt?«, fragte Nathan nachdenklich.
Tommy schüttelte empört den Kopf. »Das passierte kurz bevor er umgebracht wurde. John war ’n cooler Typ und so, aber keiner wollte wegen jedem kleinen Problem zu ihm gerannt kommen. John konnte ja nicht alles unter Kontrolle haben, was passierte.« Einen Moment war Tommy still, als ob er sich an die schlechten Zeiten erinnerte. »Und manchmal bezogen die Kids Prügel, wenn sie Freunde und Familie verraten haben.«
Tommy hat recht. Manchmal wurde es für die Kinder noch schlimmer, wenn sie aus der Chose raus waren. Zumindest für eine gewisse Zeit, davor konnte man sie kaum schützen. Ich konnte mich ja nicht um alles kümmern. Aber immerhin hatte ich eine Chance, ihnen zu helfen. Meistens lief am Ende alles besser.
»Der andere Grund, warum wir nicht wegen jeder Kleinigkeit zu John gerannt sind, war, dass wir in Sorge um ihn waren. Wir wollten einfach nicht, dass er was abkriegt wegen uns. Die Leute da draußen auf der Straße?« Tommy deutete mit seinem Schraubenschlüssel auf die Vorderseite der Werkstatt. »Viele von denen sind echt übel. Wir müssen hier jeden Tag mit denen klarkommen. Wir kennen die Regeln. Die beiden Sicherheitsleute mit ihrem eifrigen Weiterverkauf waren nur Kleinkriminelle. Aber auch Kleinkriminelle können gefährlich werden, wenn man sie in die Enge treibt.«
»Aber glaubst du, dass sie John getötet haben?«
Tommy zuckte die Achseln. »Keine Ahnung, Alter. Aber als ich gehört hab, was passiert ist, hab ich sofort an die beiden gedacht. Jeder hier, der gestohlenes Zeug auf der Straße verkauft, weiß, was alle anderen verkaufen und was sie klauen. Aber der Krempel in Johns Haus? Der war von einem Job, von dem ich nie gehört hatte.«
»Moment. Ich glaube, wir übersehen da was.« Nathan sah auf Johns Spiegelbild in der Windschutzscheibe.
»Was denn?«
»Vergessen wir mal einen Moment, wer John reinlegen wollte, und denken darüber nach, warum er es wollte. Ich meine, wenn ich gestohlene Ware verliere, mit der ich eigentlich Kohle machen könnte, nur, weil ich jemanden reinlegen will, dann würd’ ich doch auch sichergehen wollen, dass für mich dabei was rausspringt.«
Hey, Junge, du machst das verdammt gut. John lächelte ihn an, um ihm Mut zu machen.
Aber Nathan wurde dadurch lediglich klar, dass er sich jetzt in noch größerer Gefahr befand als vorher.
Tommy kratzte sich am Kinn. »Vielleicht hat John sie beim Dealen überrascht und sie haben sich aus dem Staub gemacht. Oder sie haben Schiss gekriegt, weil sie sich mit ihm angelegt hatten, und haben ihn umgebracht.«
Kein Kampf.
»Es gab keinen Kampf.« Nathan dachte nach. »John wurde in den Rücken geschossen, seine Waffe steckte noch im Halfter. Wenn er gesehen hätte, dass es Ärger gibt, oder geglaubt hätte, in Gefahr zu sein, hätte er die Waffe gezogen.«
Gute Begründung, Junge.
Widerwillig nickte Tommy. »Stimmt. Wer immer es war, er wollte John aufmischen. Ich glaub ja nach wie vor, dass die beiden Sicherheitsleute mit irgendwem unter einer Decke steckten. Wie soll einer, ohne dass ihm wer hilft, sonst so ’ne Beute machen?«
»Und wo hatten sie sie her?«, fragte Aristotle.
»Von einem Mittelsmann, hab ich doch schon gesagt. Kann gar nicht anders sein. Die Typen haben sich weiterhin Kids geschnappt, und irgendwann haben sie eins erwischt, das seinen Hehler ans Messer geliefert hat. Weißt schon, der Typ, der das gestohlene Zeug weiterverkauft. Dann sind sie zum Haus des Hehlers gegangen, haben ihn da mit dem Großteil der Beute erwischt und ihn abgezockt.«
»Und warum hätten sie die Beute, oder wenigstens einen Teil davon, bei John abladen sollen?«
Tommy fluchte und schüttelte den Kopf. »Keine Ahnung, Alter. Ich hab versucht, da durchzublicken, aber ich weiß es nicht.«
»Wenn du geglaubt hast, dass die Sicherheitsleute darin verwickelt sind, warum bist du dann nicht zur Polizei gegangen?«
Tommy runzelte die Stirn. »Ich hab’s versucht. Sie haben mich weggeschickt. Es war ja kein Geheimnis, dass ich ein Dieb war. Die haben mir nicht getraut, wollten nicht zuhören und nichts von dem wissen, was ich zu erzählen hatte. Eine Zeitlang haben sie mich verdächtigt und untersucht, ob ich John vielleicht umgebracht habe. Aber ich war in der besagten Nacht noch nicht mal in der Nähe von dem Tunnel. Mein kleiner Bruder hatte Geburtstag, und da waren ’ne Menge Leute, die wussten, wo ich gewesen
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