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Das Spiel der Götter 14: Die Stadt des blauen Feuers (German Edition)

Das Spiel der Götter 14: Die Stadt des blauen Feuers (German Edition)

Titel: Das Spiel der Götter 14: Die Stadt des blauen Feuers (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Erikson
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Lehre von Zufall und Umständen. Und die ganze Ungerechtigkeit der Welt verwandelte die Augen in einen Quell bitterer Tränen.
    Ein Tumult im Hinterzimmer, und einen Augenblick später öffnete sich die schmale Tür, und der Barde kam heraus, die grauen Haare vom Schlaf zerzaust, die Augen selbst aus dieser Entfernung erkennbar rot. Ein Blick zu Fahrig. »In der Matratze sind Läuse«, sagte er.
    »Ich glaube nicht, dass ihnen die Gesellschaft etwas ausmacht«, erwiderte der Exsergeant, stemmte sich hoch und stapfte auf die Treppe zu.
    Der Barde starrte ihm einen Herzschlag lang hinterher, ging dann zum Tresen, wo er sich einen Krug starkes, dunkles Rhivi-Bier einschenkte. Und kam anschließend zu Duiker an den Tisch.
    »Historiker sind wie Barden«, sagte er, während er sich setzte.
    Duiker nickte. Er verstand nur zu gut.
    »Aber was du beobachtest und was ich beobachte, tja, das kann ganz unterschiedlich ausfallen. Andererseits … vielleicht ist der Unterschied nur oberflächlich. Je älter ich werde, desto mehr vermute ich, dass dem so ist. Du beschreibst Ereignisse, siehst den großen Verlauf der Dinge. Ich sehe in die Gesichter, die so schnell vorbeiziehen, dass sie nichts weiter als Schemen sind, wenn ich mir keine Mühe gebe. Ich will sie wirklich sehen, mich an alle erinnern.«
    »Wo kommst du her?«, fragte Duiker.
    Der Barde trank einen Schluck und stellte den Bierkrug sorfältig vor sich ab. »Ursprünglich aus Korel. Aber das ist schon lange her.«
    »Die malazanische Invasion?«
    Ein merkwürdiges Lächeln, während der Mann den Krug auf dem Tisch vor sich musterte. »Wenn du Graumähne meinst, dann ja.«
    »Und welche der zahllosen einander widersprechenden Geschichten sind denn nun wahr? Über ihn, meine ich.«
    Der Barde zuckte die Schultern. »So etwas sollte man einen Barden nie fragen. Ich singe sie alle. Lügen, Wahrheiten, die Worte machen keinen Unterschied in dem, was sie erzählen, oder in der Reihenfolge, in der sie kommen. Wir tun mit ihnen, was uns gefällt.«
    »Ich habe dir in den letzten Nächten zugehört«, sagte Duiker.
    »Oh, eine Zuhörerschaft von einer Person. Danke schön.«
    »Du hast Verse aus der Anomandaris gesungen, die ich noch nie gehört habe.«
    »Die unvollendeten?« Der Barde nickte und griff nach dem Krug. »›Schwarz-Korall, wo die Tiste Andii stehen …‹« Er trank erneut einen Schluck.
    »Kommst du denn von dort?«
    »Wusstest du, dass es im ganzen Pantheon keinen Gott und keine Göttin gibt, der oder die behauptet, der Schutzpatron – oder die Schutzpatronin – der Barden zu sein? Es ist, als wären wir vergessen worden, als hätte man uns uns selbst überlassen. Das hat mich früher aus bestimmten Gründen verärgert, aber jetzt erkenne ich es als die Ehre, die es darstellt. Wir sind zu etwas Einzigartigem gemacht worden – in unserer Freiheit, unserer Verantwortung. Gibt es einen Schutzpatron der Historiker?«
    »Nicht dass ich wüsste. Bedeutet das, dass ich auch frei bin?«
    »Es heißt, du hättest einst die Geschichte der Kette der Hunde erzählt, genau hier, in dieser Schankstube.«
    »Das war einmal.«
    »Und dass du seither versuchst, sie aufzuschreiben.«
    »Und dabei scheitere. Worauf willst du hinaus?«
    »Es könnte sein, dass expositorische Prosa nicht das Richtige ist, um diese Geschichte zu erzählen, Duiker.«
    »Ach?«
    Der Barde stellte den Krug ein Stück zur Seite und beugte sich langsam vor, sah den Historiker mit seinen grauen Augen unverwandt an. »Weil du ihre Gesichter siehst, mein Herr.«
    Kummer wallte in Duiker auf, und er schaute weg, verbarg seine plötzlich zitternden Hände. »Du kennst mich nicht gut genug, um so etwas zu sagen«, sagte er rau.
    »Blödsinn. Das hier ist kein persönliches Thema, Historiker. Hier sitzen zwei Fachleute und reden über ihr Handwerk. Ich bin ein bescheidener Barde, der seine Fähigkeiten anbietet, um deine Seele zu öffnen und all das freizulassen, was in ihr ist – all das, was sie tötet, jeden Augenblick ein bisschen mehr. Du kannst deine Stimme dafür nicht finden. Benutze meine.«
    »Bist du deswegen hier?«, fragte Duiker. »Ein Geier, der darauf aus ist, meine Tränen aufzulecken?«
    Augenbrauen hoben sich. »Du bist ein Zufall. Die Gründe, warum ich hier bin … sind andere. Selbst wenn ich mehr erklären könnte, würde ich es nicht tun. Ich kann nicht. Aber in der Zwischenzeit … lass uns ein Epos schaffen, Duiker, das die Herzen von tausend Generationen zermalmt.«
    Und jetzt,

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