Das Spiel der Götter 14: Die Stadt des blauen Feuers (German Edition)
sorgte dafür, dass ihr Verstand sich seltsam locker anfühlte, ungebunden. Sie schmeckte schon lange nicht mehr jeden Schluck, da waren so viele gewesen, der Diener ein stummer Geist, der heranglitt, um ihren Weinkelch wieder aufzufüllen. »Ich glaube, er sieht das anders.«
»Das bezweifle ich. Es war eine verdammte Verschwörung mit Haus Orr, die zur Ermordung meines Vaters geführt hat. Und jetzt scheint es, als wäre meine Familie gefangen, als säße sie in der Falle, und die Spiele gehen einfach weiter und immer weiter.«
Dies war eine vollkommen unerwartete Seite dieses Mannes, und sie wusste nicht, wie sie darauf antworten sollte. »So viel Ehrlichkeit macht mich ganz verlegen, Shardan Lim. Was auch immer es wert sein mag, aber ich werde das, was ich heute Nacht gehört habe, für mich behalten.«
»Dazu besteht keine Notwendigkeit, aber trotzdem danke. Tatsächlich wäre es mir lieber, wenn Euer Ehemann richtig verstehen würde, wie die Dinge stehen. Hanut Orr ist ein gefährlicher Mann. Haus Lim und Haus Vidikas haben vieles gemeinsam, in allererster Linie das Stigma der Nichtachtung im Rat. Sogar der Verachtung. Ich war neugierig«, und jetzt war der Blick, den er ihr zuwarf, scharf und durchdringend. »Dieses Projekt Eures Mannes, sein fortwährendes Drängen, um seinem Eisenwarenhändler die Mitgliedschaft im Rat zu verschaffen – was spielt Gorlas da?«
Sie blinzelte verwirrt. »Es tut mir leid, aber ich habe keine Ahnung.«
»Würdet Ihr es herausfinden? Für mich?«
»Ich bin mir nicht sicher, ob ich das kann – Gorlas vertraut mir nicht, was solche Dinge angeht.«
»Vertraut er Euch überhaupt?« Er fuhr fort, ohne auf ihre Antwort zu warten (nicht, dass sie eine gehabt hätte). »Lady Vidikas – Challice – er verschwendet Euch, versteht Ihr? Ich kann es sehen – und bei den Göttern, es macht mich wütend! Ihr seid eine intelligente Frau, eine schöne Frau, und er behandelt Euch wie einen von diesen silbernen Tellern. Einfach nur ein Stück mehr in seinem Besitz, ein Stück mehr in seiner Schatzkammer.«
Sie stellte ihren Kelch ab. »Was wollt Ihr von mir, Shardan Lim? Ist dies eine Art Aufforderung? Ein Liebeskomplott? Verabredungen hinter dem Rücken meines Mannes? Während er hierhin und dorthin reist, treffen wir beide – Ihr und ich – uns in irgendeinem verkommenen Gasthaus? Werden miteinander körperlich intim und legen uns dann auf den Rücken und machen sinnlose Pläne, erzählen uns gegenseitig endlos Lügen über eine gemeinsame Zukunft?«
Er starrte sie an.
Alle Diener hatten sich mit untypischer Diskretion verflüchtigt – in die Nebenräume, die Küchen, überallhin; nur hier, in diesem Speisezimmer, war kein einziger mehr. Selbst der Diener, der den Wein nachgeschenkt hatte, war verschwunden. Es kam Challice in den Sinn, dass Shardans Leibdiener vermutlich dem Hauspersonal gegenüber sehr freigiebig mit Münzen gewesen war, und jetzt war der verschlagene, stille Mann wahrscheinlich draußen im Hof und reichte eine Pfeife an gierig dreinblickende Knechte weiter, und sie lachten alle und kicherten und verdrehten die Augen und taten noch Schlimmeres.
Es war – wie ihr klar wurde – zu spät, um daran noch irgendetwas zu ändern. Ihre kleinkarierten Hirne von diesen schrecklichen Gedanken zu säubern.
»Ihr beschreibt ein überaus schmutziges Arrangement mit dem Zynismus von jemandem, der in solchen Angelegenheiten sehr erfahren ist«, sagte Shardan Lim schließlich. »Und das kann ich nicht glauben. Ihr wart treu, Challice. Wenn es anders wäre, würdet Ihr mir nichts bedeuten.«
»Ach? Habt Ihr mir denn nachspioniert?« Es war eine spöttische Frage, die ihren unbekümmerten Nimbus verlor, als der Mann keinen Widerspruch von sich gab, und plötzlich fröstelte sie bis auf die Knochen. »Der Frau eines anderen Mannes nachzustellen, scheint mir nicht sonderlich ehrenwert zu sein, Shardan Lim.«
»Liebe kennt keine Ehre.«
»Liebe? Oder Besessenheit? Sorgt nicht Euer eigener Hunger nach Besitz dafür, dass Ihr so versessen auf eine Frau seid, die einem anderen Mann gehört?«
»Ihr gehört ihm nicht. Genau darum geht es, Challice. Derartige Vorstellungen von Besitz sind nichts weiter als verdrehte Lügen, die als Liebe verkleidet werden. Ich habe kein Interesse daran, Euch zu besitzen. Oder Euch zu stehlen – wenn dem so wäre, hätte ich schon vor langer Zeit einen Grund gefunden, mich mit Eurem Mann zu duellieren, und ich hätte ihn ohne Gewissensbisse
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