Das Spiel der Götter 14: Die Stadt des blauen Feuers (German Edition)
Entscheidungen, die getroffen oder nicht getroffen werden, urteilen? Sind …«
»Das reicht«, unterbrach ihn Rallick; er stützte sich mit einer Hand an der Wand ab, während er sich streckte. »Ich habe gefragt ›wie lange?‹ und nicht ›warum?‹ oder ›wozu?‹ Wenn du die Antwort nicht kennst, dann sag das einfach.«
»Ich kenne die Antwort nicht. Aber ich sollte eine deiner Annahmen richtigstellen. Ich habe hier nicht allein gehaust, auch wenn ich das jetzt tue – abgesehen von dir, natürlich, aber ich gehe nicht davon aus, dass du mir lange Gesellschaft leisten wirst. Diese Legion von Hals über Kopf dahinstürmenden Narren, die du dein Volk nennst, ersehnt zweifellos deine Rückkehr. Auf deine Dolche wartet Blut, deine Börse dürstet nach den Münzen, die sie mit jedem Leben, das du stiehlst, füllen werden. Und so weiter.«
»Wenn du zuvor nicht allein warst, Raest …«
»Oh, ja, ich habe mich von Gedanken an menschliche Sinnlosigkeit ablenken lassen. Der Herr der Drachenkarten war einige Zeit lang das, was man in der gemeinsamen Sprache wohl als unrechtmäßigen Bewohner dieses Hauses bezeichnen würde.«
»Und dann?«
»Ist er gegangen.«
»Dann war er also kein Gefangener, dieser Herr der Drachenkarten.«
»Nein. Genau wie dir war ihm mein erbärmliches Schicksal gleichgültig. Wirst du jetzt dein Privileg nutzen, Assassine?«
»Wie meinst du das?«
»Wirst du jetzt gehen und nie wieder zurückkehren? Mich ewiger Einsamkeit überlassen, mit nichts als Spinnweben in meinem Bett und leeren Geschirrschränken in der Küche, mit höhnischen Luftzügen und gelegentlich mal einem leisen Klappern toter Äste an den Fensterläden? Und ab und an mal einem Schrei – oder auch zweien –, wenn draußen im Garten etwas Unangenehmes von Erde und Wurzeln verschlungen wird? Wirst du mich einfach dieser Welt überlassen, Assassine?«
Rallick Nom starrte den Jaghut an. »Ich hatte keine Ahnung, dass meine bewusstlose Anwesenheit deine Einsamkeit so viel erträglicher gemacht hat, Raest.«
»Diese Art von Gefühlosigkeit sollte mich bei dir eigentlich nicht überraschen.«
»Meine Antwort lautet: Ja, ich werde dich tatsächlich deiner Welt überlassen.«
»Dir mangelt es an Dankbarkeit.«
Rallick zog sich den Umhang um die Schultern und überprüfte seine Ausrüstung. Da war ein bisschen altes Blut, aber es rieselte einfach zu Boden wie schwarze Schneeflocken. »Vergib mir. Ich danke dir für den Tritt gegen meinen Kopf, Raest.«
»Gern geschehen. Und jetzt verschwinde – ich fange an, mich zu langweilen.«
Die Tür öffnete sich mit einem lauten, ächzenden Quietschen. Draußen war es Nacht, doch die Dunkelheit wurde von den trotzigen blauen Feuern Darujhistans zurückgetrieben und himmelwärts geschoben. Irgendwo – an Orten, die er von seinem derzeitigen Standpunkt aus nicht sehen konnte – brodelten und schäumten wüste Gelage auf den Straßen. Ein anderes Fest, eine andere halb blindwütige Feier des Überlebthabens.
Der Gedanke erweckte eine gewisse Erwartung in Rallick Noms Seele und blies den letzten Staub von dem weg, was – wie er vermutete – ein langer, langer Schlaf gewesen war. Ehe die Tür hinter ihm geschlossen wurde, drehte er sich um und konnte gerade noch Raests langgestreckte Gestalt ausmachen, der immer noch im Korridor stand. »Warum hast du mich geweckt?«, fragte er.
Zur Antwort trat der Jaghut vor und schlug donnernd die Tür zu, was Vögel voller Panik auffliegen und in die Nacht davonschießen ließ.
Rallick wandte sich wieder dem Pfad zu, sah Wurzeln sich wie Schlangen links und rechts davon im Mulch winden.
Er überprüfte seine Messer noch einmal, zog sich den Umhang enger um die Schultern und machte sich dann auf, seine Stadt wiederzuentdecken.
Und so begannen die Einwohner von Darujhistan zu lärmen, und zwar genug, um der Stadt selbst eine Art von Leben zu verleihen. Hals über Kopf dahinstürmend, in der Tat, mit kaum einem Gedanken an die Zukunft, egal, ob diese Zukunft der nächste Augenblick oder in einem Jahr war. Gas zischte in blauen Flammen, Akrobaten und Maskierte wirbelten durch die Menschenmenge, hunderttausend Musikinstrumente führten Krieg auf der Ebene des Liedes, und wenn einige Gelehrte behaupteten, dass das Geräusch selbst unsterblich war, dass es auf nie endenden Strömungen dahinglitt, die niemals an ein tödliches Ufer brandeten, weder im Raum noch in der Zeit, dann konnte das Leben selbst an seinem Schrei gemessen werden. In den
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