Das Spiel der Könige - Gablé, R: Spiel der Könige
sich und fuhr sich mit der Zunge über die Lippen. »Vergebt ein offenes Wort, Madam: Der Duke of York war ein beherzter Mann. Er sah uns kommen, und wir waren deutlich in der Überzahl, aber statt sich zurückzuziehen, stellte er sich.«
Marguerite nickte feierlich. Ihre große Freude stimmte sie beinah milde. »Ein beherzter Narr«, bemerkte sie. »Und jetzt ein toter Narr obendrein.«
Lucas schluckte sichtlich. »Er fiel als einer der Ersten. Er und an die zweitausend seiner Männer, darunter Sir Thomas Neville, Salisburys Sohn.«
Und Warwicks Bruder, fügte Julian in Gedanken hinzu.
»Auch … auch Yorks Sohn, der junge Edmund of Rutland war mit seinem Vater ausgerückt, Madam«, fuhr Lucas fort, und dann geriet er ins Stocken.
Julian spürte einen heißen Stich im Magen. Er wusste, was kommen würde, und diese Unabwendbarkeit der Katastrophe erfüllte ihn mit Schrecken.
»Als Rutland sah, was geschah, floh er zurück Richtung Burg. An der Brücke von Wakefield holte Lord Clifford ihn ein und erschlug ihn.«
Marguerite schnalzte, als habe ihr jemand erzählt, sein Pferd habe sich ein Bein gebrochen. »Wie alt war der Junge?«, fragte sie.
Lucas schüttelte den Kopf. »Ich weiß es nicht.«
Julian räusperte sich. »Siebzehn.«
Die Königin warf ihm einen kurzen, rätselhaften Blick zu. Dann forderte sie Lucas auf: »Nur weiter, Durham. Was geschah dann?«
»Die Yorkisten zerstreuten sich und suchten ihr Heil in der Flucht. Auch der Earl of Salisbury war auf der Flucht, zweifellos entsetzt über Yorks Tod. Sir Andrew Trollopes Leute holtenihn ein, brachten ihn nach Pontefract, und dort wurde er am nächsten Morgen als verurteilter Verräter hingerichtet. York, Rutland, Salisbury, seinem Sohn Thomas und vielen anderen gefallenen Yorkisten schlugen sie die Köpfe ab und pflanzten sie über den Stadttoren von York auf, und dem Duke of York setzten sie eine Papierkrone auf, Madam.«
Marguerite gluckste. »Na bitte, Cousin York. Du hast die Krone also noch bekommen, nach der es dich so gelüstete.« Sie trat auf Lucas zu und legte ihm für einen kurzen Moment die Hand auf den Arm. »Habt Dank, treuer Durham. Ich sehe, das Schicksal des jungen Rutland schmerzt Euch, und Ihr habt Recht. Aber es war der Verrat seines Vaters, der ihn das Leben gekostet hat, nicht das Haus Lancaster.«
»Ich bin sicher, Warwick und March werden das anders sehen«, murmelte Julian.
Marguerite trank und hob dabei die schmalen Schultern. »Ich kann nicht behaupten, dass ihre Ansicht mich sonderlich interessiert.«
»Aber das sollte sie«, entgegnete er unverblümt, zu erschüttert über die Nachrichten, um Vorsicht walten zu lassen. »Was immer in der Vergangenheit vorgefallen sein mag, ganz gleich, wie niederträchtig und verräterisch Yorks Handeln war, niemand hatte das Recht, seinen Sohn auf der Flucht zu erschlagen. Das war Mord. Und seid versichert, Edward of March wird es nicht vergessen.«
Marguerite hatte stirnrunzelnd gelauscht. »Ich muss gestehen, ich finde Eure unverhohlene Sympathie für Edward of March ebenso unpassend wie widerwärtig, Mylord.«
Julian war sich keineswegs darüber im Klaren, wie er zu March stand, der ihm einmal das Leben gerettet, der aber bei der Schlacht von Northampton Algernon Fitzroy erschlagen hatte und ein Feind des Hauses Lancaster war. »Und ich finde es ermüdend, dass Ihr jedes Mal meine Loyalität in Zweifel zieht, wenn ich etwas sage, das Euch nicht genehm ist, Madam«, entgegnete er. Aus dem Augenwinkel fing er Lucas’ warnenden Blick auf und fuhr in gemäßigterem Ton fort: »York hatbekommen, was er verdiente, und sein Tod ist weiß Gott kein Verlust. Aber er war nur ein Symbol, in Wahrheit üben Edward of March und der Earl of Warwick die Macht der Yorkisten in England aus. Beide haben bei Wakefield den Vater und einen Bruder verloren. Ihr könnt darauf wetten, dass sie auf Rache aus sind. Und wenn sie diesen Krieg fortan weiterführen, ohne die Gebote von Ehre und Anstand zu befolgen, können wir nicht einmal behaupten, sie hätten damit angefangen, nicht wahr?«
Marguerite nickte nachdenklich. »Dann wird es Zeit, dass wir den König aus ihren Klauen befreien, denkt Ihr nicht?«
Julian und Lucas wechselten einen verwunderten Blick. »Aber wie …«, begann Letzterer.
Die Königin schnitt ihm mit einer Geste das Wort ab. »Wir haben lange genug müßig hier herumgesessen. Teilt der Truppe mit, dass wir umgehend nach England zurückkehren, Sirs. Wir vereinigen uns in
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