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Das Spiel der Könige - Gablé, R: Spiel der Könige

Das Spiel der Könige - Gablé, R: Spiel der Könige

Titel: Das Spiel der Könige - Gablé, R: Spiel der Könige Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Gablé
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Mühelos gelangte er so über die Einfriedung, ließ sich auf der anderen Seite herunter und landete fast lautlos in einem Kräuterbeet. Dort verharrte er einen Moment, sah zur dunklen Kirche hinüber und lauschte. Nichts rührte sich.
    Er umrundete das Gotteshaus und den Kapitelsaal der Mönche, kam in den Innenhof der Anlage und zu dem jenseitig gelegenen Gästehaus. Behutsam schob er die hölzerne Tür auf. Sie verursachte keinen Laut.
    Mit klopfendem Herzen wartete Julian, bis seine Augen sich auf das Dunkel im Innern eingestellt hatten, und dann sah er sie – fast plötzlich: Zwei schlichte Holzbetten standen sich an der linken und rechten Wand gegenüber. Edmund, Alice und John schlummerten aneinandergekuschelt in dem rechten. Seine Frau schlief mit der kleinen Juliana in dem linken. Robin, sein Ältester, lag in eine Decke gerollt quer vor den beiden Betten im Bodenstroh, das blanke Schwert seines Großvaters neben sich. Auf dem Tisch, der zwischen den Schlafstätten an der Wand stand, lag ein Säugling in einem Weidenkorb.
    Julian spürte einen Kloß in der Kehle, der ihm dick wie eine Kanonenkugel erschien. Er stand mit kraftlos herabbaumelnden Armen da und wagte kaum zu atmen, weil er fürchtete, sie aufzuwecken. Flüchtig fragte er sich, ob ein Mann an einem Übermaß an Liebe sterben konnte, denn er fühlte sich so überwältigt davon, dass er sicher war, sein Herz werde einfachstehen bleiben. Er hätte nicht einmal Einwände erhoben. Das Bild, welches sich ihm hier bot, hatte er sich ungezählte Male vorgestellt, und es hatte ihn durch seine finstersten Stunden gebracht. Und obwohl er befürchtet hatte, Gott habe ihn verlassen und höre ihn schon lange nicht mehr, hatte er gebetet: Lass mich noch ein einziges Mal meine Frau und meine Kinder sehen. Aber erst jetzt, da es geschehen war, merkte er, wie groß das Geschenk war, das Gott ihm machte. Er küsste das Kruzifix, das gleich neben der Tür hing, und sank auf die Knie, die ohnehin so butterweich waren, dass er nicht mehr viel länger auf den Füßen hätte bleiben können.
    Mit einem Rascheln, das so sacht war wie eine Sommerbrise im Gras, richtete Janet sich auf. Stumm sahen sie sich über die Länge des Gästehauses hinweg an; für einen Augenblick beide reglos. Dann stand sie leise auf und stieg behutsam über Robin hinweg. Als sie näher trat, sah Julian den Ausdruck ungläubigen Staunens auf ihrem Gesicht.
    Er kam auf die Füße, und sobald sie in Reichweite war, schlang er die Arme um seine Frau und presste sie an sich. Er vergrub das Gesicht in ihren offenen Haaren, sog ihren Duft ein, spürte die Schlafwärme ihrer Haut.
    Janet sah zu ihm hoch, fuhr mit dem Zeigefinger die Tränenspur auf seiner Wange nach und lächelte.
    Julian nahm ihre Hand, führte sie hinaus ins Freie und auf die Rückseite des Gästehauses, wo sie sich auf die Erde legten und liebten, ehe sie ein einziges Wort gesprochen hatten.
     
    »Junge oder Mädchen?«, fragte er, als ihre Gier nacheinander schließlich gestillt war und sie nebeneinander im sonnenversengten, etwas stacheligen Gras lagen wie zu Hause in Waringham in ihrem vornehmen Bett, Janets Kopf auf seiner Schulter.
    »Ein Sohn«, antwortete sie. »Ich habe ihn Henry genannt, zum Andenken an den ermordeten König. Es schien mir angemessen.«
    Julian küsste ihre Schläfe. »Danke.« Und um seine Rührungzu verbergen, fügte er hinzu: »Das war verdammt anständig für eine Yorkistin.«
    Aber Janet ließ sich von der Leichtigkeit seines Tons weder blenden noch anstecken. Sie schüttelte den Kopf. »Das bin ich nicht mehr, Julian. Das ist endgültig vorbei. Ich bin Edward dankbar, dass er dein Leben geschont hat, aber ein König, der seinen greisen, kranken Rivalen und dessen Sohn ermorden lässt, kann nicht länger der meine sein.«
    Er nickte in der Dunkelheit. »Ich merke, du bist über alles im Bilde, was passiert ist.«
    »Nicht über alles. Roland war hier und hat mir berichtet, was passiert ist. Aber ich habe gemerkt, dass er mir vieles nicht gesagt hat. Zum Beispiel, was ihm im Tower passiert ist. Oder dir.«
    »Oh, das ist eine wirklich langweilige Geschichte, weißt du …«
    »Haben sie dich laufen lassen?«
    »Nein. Wir sind geflohen. Letzte Nacht.«
    Er berichtete ihr, was sie wissen musste. Genau wie Roland ließ er die gruseligeren Episoden aus, damit sie sich nicht damit quälte, denn welchen Nutzen hätte das gehabt? Und als sie an der Reihe war und ihm erzählte, wie sie hochschwanger und mit

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