Das Spiel der Könige - Gablé, R: Spiel der Könige
wandte in einer beinah königlichen Geste den Kopf ab.
»Und was hast du nun für Pläne?«, fragte Julian.
»Im Augenblick gar keine«, gestand Daniel.
»Ich wünschte, du würdest ein Weilchen bleiben.«
»Tatsächlich? Hat dir nie jemand erzählt, dass ich ein Taugenichts bin?«
Julian grinste flüchtig. »Vielleicht gerade deswegen. Nein, im Ernst. Ich könnte hier weiß Gott ein bisschen Hilfe gebrauchen. Du kennst die Leute von Waringham viel besser als ich. Ich … habe keine Ritterschaft. Ich weiß überhaupt nicht, womit ich anfangen soll, um den Scherbenhaufen zu kitten, den Robert mir hinterlassen hat. Obendrein will Edmund Tudor, dass ich mit ihm nach Wales gehe. Und …«
»Du solltest nicht zu viel von mir erwarten, Julian«, fiel Daniel ihm warnend ins Wort. »Ich mag aussehen wie ein Waringham, aber ich bin keiner. Keine Respektsperson, weißt du. Ganz sicher nicht der richtige Mann, um dein Steward zu werden.«
»Du willst nicht bleiben«, schloss der jüngere Mann enttäuscht.
»Doch«, widersprach sein Cousin unerwartet. »Wenn du die Wahrheit wissen willst: Ich werde in ein paar Monaten fünfzig Jahre alt und hab das Gefühl, ich sollte mir allmählich ein ruhiges Plätzchen suchen. Ich bin das Vagabundendasein satt. Solltest du mir dieses Plätzchen hier bieten, dann ist das mehr, als ich zu hoffen gewagt und als ich verdient habe. Aber außer ein paar vermutlich schlechten Ratschlägen werd ich dir nicht viel zu bieten haben.«
Julian war dennoch erleichtert. »Nun, wie ich schon sagte: Sei willkommen zu Hause, Daniel. Und der Rest findet sich schon irgendwie.«
Während im Dorf die Schafschur und die Heuernte begannen, fand der Haushalt auf der Burg langsam wieder zur Ruhe, und Julian verschaffte sich allmählich einen Überblick. Ohne Robert war Waringham ein vollkommen anderer Ort, hatte er zu seinem Erstaunen festgestellt. Selbst die hässliche alte Burg verlor etwas von ihrer bedrückenden Düsternis, nachdem Roberts allgegenwärtiger Schatten verschwunden war.
Manchmal mit, meist aber ohne Daniels Begleitung ritt Julian ins Dorf, hinüber nach Hetfield und zu den anderen Weilern der Baronie, besuchte seine Vasallen, sprach mit Förstern und Reeves. Die Bauern taten alles, um ihm den Einstand zu erleichtern, denn sie hatten seinen Vater sehr geschätzt, sie waren dankbar, dass Roberts Schreckensherrschaft ein Ende hatte, und vor allem verehrten sie Julian dafür, dass er dem Sheriff ein Schnippchen geschlagen hatte, um einer Küchenmagd das Leben zu retten. Wie üblich hatte das »Geheimnis« sich unter der Landbevölkerung wie ein Lauffeuer verbreitet.
»Dann bleibt mir nur zu hoffen, dass die Torwachen nichts davon erfahren, sonst steht mir vermutlich eine Meuterei ins Haus«, brummte Julian.
Adam zuckte unbekümmert mit den Schultern. »Darum macht Euch keine Sorgen, Mylord.« Sie standen zusammen im Hundezwinger. Julian hatte zwei Drittel der Jagdhunde verkauft, weil er derzeit ohnehin kein Geld hatte, um dem König ein Jagdrecht zu bezahlen, und der Verkauf der Tiere eine willkommene Einnahmequelle darstellte. Nun überlegten sie, wie sie den Zwinger für die wenigen Hündinnen und ihren Nachwuchs aufteilen sollten. »Kein Bauer käme im Traum darauf, es ihnen zu verraten«, fuhr Adam fort. »Ich wünschte nur …«
»Ja?« Julian war über die niedrige Bretterwand in Dianas Pferch gestiegen und hatte einen der Welpen, die jetzt vierWochen alt waren, aufgehoben. Diana ließ ihn nicht aus den Augen, aber sie erhob keine Einwände.
»Ich wünschte, Ihr würdet mir verraten, warum Ihr es wirklich getan habt«, sagte Adam.
»Ist das so schwer zu begreifen?«, fragte Julian ein wenig grantig. »Tja, vielleicht ist es das«, antwortete er sich selbst und legte den Welpen wieder neben seiner Mutter ins Stroh. »Wer nicht erlebt hat, wie es ist, einen Cousin wie Robert zu haben, weiß vielleicht nicht, was echte Scham bedeutet.«
Adam schnaubte. »Wer in Blutschande gezeugt ist, kennt sich mit Scham ziemlich gut aus, Mylord. Aber Ihr tragt keine Verantwortung für die Taten Eures Vetters.«
»So wenig wie du für die Umstände deiner Zeugung.« Julian richtete sich auf und wandte sich zu ihm um. »Adam, ich hab was mit dir zu besprechen.«
»Und zwar?«, fragte der junge Mann verblüfft.
Julian kletterte wieder über die Trennwand, nahm Adam die Mistgabel ab und lehnte sie an die Wand. »Wenn du fortwillst, kannst du gehen. Das gilt natürlich auch für deine Schwester,
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