Das Spiel der Nachtigall
über Dietrichs Sieg im Waffengang gegen einen Elsässer zu freuen. »Der kleine Philipp hat mehr Rückgrat, als ich erwartet hatte«, murmelte er, während dampfender Braten vom Reh aufgetischt wurde.
»Habt Ihr ihm schon gesagt, dass ich meine Markgrafschaft haben will, ehe wir seinem deutschen König den Lehnseid schwören?«, fragte Dietrich sofort beunruhigt.
»Gemach, gemach. Ich habe Andeutungen über freundliches Entgelt und alte Wunden gemacht, aber er war nicht gerade eindeutig in seiner Erwiderung. Aber mach dir keine Sorgen. Ist dir schon aufgefallen, wer noch nicht hier in Frankfurt ist, wessen Banner von keinem einzigen Gehöft weht?«
»Der elende Heinz von Kalden«, sagte Dietrich sofort. »Ja, ich hatte auch gehofft, dass er hier ist. Der Kerl ist ein jämmerlicher Emporkömmling und bildet sich ein, als Ritter durchzugehen, weil er für den Kaiser einigen Leuten Daumenschrauben angelegt hat, dabei ist er nur ein Ministerialer. Ich hatte mir vorgenommen, ihn in den Staub zu schmettern, wenn er es wagt, an dem Turnier teilzunehmen, aber …«
Hermann schaute während Dietrichs Ausbruch immer gereizter drein, bis er ihn schließlich rüde unterbrach. »Der Erzbischof von Köln, Himmelherrgott noch mal! Er ist einer der sechs Kurfürsten, welche die Wahl formell bestätigen, wenn wir uns auf einen König geeinigt haben.«
Das stimmte zwar, doch da Dietrich die Pfaffen gleich waren, wenn sie ihm nicht dabei halfen, an sein Erbe zu kommen, hatte ihn dieser Umstand bisher nicht weiter gekümmert. »Steht denn der Erzbischof von Köln auf unserer Seite?«
Hermann machte eine ungeduldige Handbewegung. »Er steht auf der Seite von Schwierigkeiten für die Staufer. Aber noch wichtiger ist, dass seine Abwesenheit Philipp von vorneherein schwächer dastehen lässt. Das weiß der Junge auch, das muss er wissen. Deswegen wundert es mich ja auch, dass er so tat, als habe er die Nachfolge für seinen Neffen bereits in der Tasche, nur weil er uns mit losen Versprechungen ködert, alle bestehenden Reichslehen erblich machen zu wollen. Nun, er hat wohl bei den Pfaffen im Kloster gelernt, wie man ein glattes Gesicht macht, seine Gedanken verbirgt und Versprechungen gibt, die erst im Himmel eingelöst werden, aber spätestens morgen wird er trotzdem zu schwitzen anfangen.«
Das hoffte Dietrich. Um sich wieder aufzumuntern, vergegenwärtigte er sich noch einmal, wie er heute über einige der berühmteren Edlen des Reiches triumphiert hatte. Er wünschte sich, sein Bruder wäre darunter gewesen. Wohlig erinnerte er sich an die vielen Gelegenheiten in ihrer Kindheit, bei denen er Albrecht, der von Natur aus zierlich und kleingewachsen war, in den Staub gezwungen hatte. Wenn Albrecht nicht so eine hinterlistige Schlange gewesen wäre und das Urteil ihrer Eltern darüber, wer der bessere Mann war, einfach angenommen hätte, dann säße Dietrich heute in Meißen und würde von eigenen Tafeln speisen, statt über die Pläne von Bischöfen schwatzen zu müssen.
Als ein neuer Sänger auftrat, war Dietrich erleichtert. Er hatte von Hermann eigentlich nur wissen wollen, ob die Dinge für seine Markgrafschaft gut oder schlecht standen; Spitzfindigkeiten kümmerten ihn nicht, und er sprach ungern darüber, weil er sich dabei des Öfteren unbeholfen vorkam, ein Gefühl, das er hasste. Also tat er so, als ob er sehr begierig darauf war, das nächste Lied zu hören. Mit etwas Glück war es ein Preislied auf die heutigen Turniersieger.
»Die Fürsten, die des Kaisers gerne ledig wären«, begann der Sänger. Dietrich fiel das Kinn herunter. Er schaute zu Hermann, um sich zu vergewissern, dass er richtig gehört und nicht etwas falsch verstanden hatte. Der Landgraf hatte gerade bequem auf seiner Bank gelungert, doch jetzt setzte er sich gerade auf und ließ den Bierhumpen sinken, den er in der Hand hielt. Sie starrten beide auf den Sänger, einen dünnen, langnasigen Kerl, der so frohgemut dahinzirpte, als habe er gerade mit einem Loblied auf die Braut begonnen und das Selbstverständlichste von der Welt gesagt.
Die Fürsten, die des Kaisers gerne ledig wären –
Die mögen jetzt gespannt und voll Aufmerksamkeit auf mich hören.
Das Schicksal schickt doch weit ihn weg, wie sie es grad begehren;
Der Held will Christi Reise ziehn; dumm, wer da ihn will stören.
Doch wählt Ihr nicht, so wird er nicht gehen,
Dann wird er kommen, um nach Euren Lehen zu sehn,
Den Eid jedoch, den hat er Gott und Christenheit getan,
Ihr Fürsten, lasst
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