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Das Spiel der Nachtigall

Das Spiel der Nachtigall

Titel: Das Spiel der Nachtigall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Kinkel
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zu sitzen, fühlte sich unbehaglich, als Otto auf ihn zutrat, mit diesen Händen, die nicht zögerten, Heiligenstatuen zu misshandeln. Adolf räusperte sich. Eigentlich hatte er die Nachricht für sich behalten wollen, eine Weile jedenfalls noch, weil es sich nicht um ein Versprechen handelte, nicht um eine angekündigte Tatsache, sondern nur um eine Andeutung. Aber jetzt, wo Otto seine Hände links und rechts von Adolfs Kopf auf die Lehnen des breiten Stuhls stützte und sich über ihn beugte, da konnte er nicht anders. Er fuhr sich mit der Zunge über die Lippen und sagte: »Das wird es gewiss, denn ich kann mir nicht vorstellen, dass Philipps Anhänger nicht entmutigt sind, wenn sein Kanzler auf Eure Seite übertritt.«
    Ottos blaue Augen weiteten sich. Dann warf er den Kopf zurück und lachte. Als er sich wieder beruhigt hatte, tätschelte er Adolf die Wange und sagte: »Aber Euer Gnaden, warum habt Ihr das nicht gleich gesagt? Konrad von Würzburg will überlaufen?«
    Ganz so hatte sich der Würzburger nicht ausgedrückt. Vor zwei Jahren war er plötzlich zu einer Pilgerfahrt nach Rom aufgebrochen und von dort versöhnt mit dem Heiligen Vater und mit dem bestätigten Bistum Würzburg zurückgekehrt. Wie er dieses Wunderwerk vollbracht hatte, während Philipp gleichzeitig gebannt wurde, wollte er niemandem verraten, doch da er nun einmal ein alter Freund des Papstes war, hatte man sich eben in beiden Lagern gesagt, dass selbst der gestrenge Innozenz bei Freunden Ausnahmen machte.
    Bei den Staufern hatte man zwar sehr erfreut getan, doch wie Adolf inzwischen erfahren hatte, war damals die Saat des Misstrauens gesät worden. Der Reichshofmarschall hatte den Kanzler sogar offen als Papstspitzel bezeichnet.
    »Dieser Emporkömmling Heinz von Kalden«, sagte Adolf laut, »hat sich wohl endlich durchgesetzt. Der Bischof von Würzburg wird nicht länger Philipps Kanzler sein, sondern sich ganz nach Würzburg zurückziehen und nur seinem Bistum widmen. Das ist es wenigstens, was er den anderen Fürsten erzählen will.«
    »Das kommt davon, wenn man sich von Ministerialen auf der Nase herumtanzen lässt«, sagte Otto belustigt. »Wenn Philipp so dumm ist, einen seiner wenigen hochrangigen Kleriker gehen zu lassen, dann umso besser für uns. Aber will sich der Würzburger wirklich offen erklären?«
    Was Konrad von Würzburg an Adolf geschrieben hatte, inmitten einer Flut biblischer Gleichnisse und Klagen über die Schlechtigkeit der Zeit, war, dass seine schöne neue Marienfeste in Würzburg nun einsam da stand, wo die schwäbische Sonne ihr nicht mehr lächelte, und dass eine Prise rheinischen Frohsinns sehr willkommen wäre. Das konnte man als Aufforderung zu einem Besuch Adolfs verstehen oder als ersten Annäherungsversuch an die Welfen, aber verpflichtet hatte sich Konrad noch zu nichts.
    »Wenn er sich offen für Euch erklärt, mein König, wird er Truppen zu seinem Schutz benötigen. Als Kanzler kennt er jedes Geheimnis der Staufer. Sie werden ihn nie freiwillig aus ihrer Kontrolle entlassen.«
    »Oh, ich werde ihm gerne Truppen schicken, mit Eurer finanziellen Unterstützung«, sagte Otto frohgemut, reckte sich und griff sich einen der Äpfel, die für Adolf bereitgestellt worden waren. »Das macht die unglückliche Verirrung meines Bruders mehr als wett. Aber Heinz von Kalden ist nicht nur ein Emporkömmling, sondern ein ausgesprochen hinterlistiger und erfolgreicher. Dem traue ich zu, den Würzburger einen Brief an Euch schreiben zu lassen, nur um meine Leute und vielleicht auch mich in eine Falle zu locken. Ich will eine Sicherheit haben, dass Philipps alter Kanzler es ernst meint.«
    »Was für eine Sicherheit soll das sein, Euer Gnaden? Geiseln?«, schlug Adolf vor und hätte sich gleich darauf am liebsten auf die Zunge gebissen, denn er dachte daran, wie wenig Geiseln ihm genutzt hatten, als der Herzog von Zähringen sie stellte.
    »Etwas in der Art. Als Mann der Kirche ohne weltliche Gelüste, mein hochwürdigster Herr Bischof, mögt Ihr es bereits vergessen haben, aber ich befinde mich immer noch im ehelosen Stand, weil der Herzog von Brabant nach wie vor nicht geruht, mir seine Tochter zu schicken. Und wir wissen doch beide, wessen Schuld das ist.«
    »Die der Herzogin? Sie will Euch eben erst als Herrscher …«
    »Ich bin der König«, sagte Otto kalt. »Der unbestrittene, von Euch gekrönte König der Deutschen, und von der versprochenen Mitgift wie von dem Gör aus Brabant habe ich trotzdem noch nichts

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