Das Spiel der Nachtigall
benehmen sich, als wäre so ein Kirchenbann nicht mehr als ein Flohstich und scharwenzeln weiter um Philipp herum.«
»Das ist nicht wahr!«, rief Adolf empört. »Der Erzbischof von Bamberg hat es getan, aber das lag nur daran, weil Philipp ihm das Grab für seine Stadtheilige gespendet hat. Im Übrigen ist der Bischof jetzt tot. Sein Nachfolger, dieser Philipp-Knecht, ist vom Papst nicht bestätigt worden, und ich kann Euch schwören, dass es auch nicht dazu kommen wird, bis er nicht Euch den einzig wahren König nennt. Der Bischof von Magdeburg, nun, zugegeben, an dem ist Hopfen und Malz verloren. Aber ansonsten steht der deutsche Klerus hinter Euch, mein König. Und das habt Ihr nur mir zu verdanken.« In letzter Zeit schien Otto diesen Umstand häufig zu übersehen.
»Nicht der Bischof von Passau«, sagte der Welfe ungerührt. »Der hat sich immer noch nicht öffentlich gegen Philipp gestellt, und wie man hört, will ihn der Heilige Vater sogar zum Patriarchen von Aquileja machen.«
Das lag Adolf selbst schwer im Magen. Nur der Patriarch von Jerusalem war ein noch erhabeneres Amt, wenn man nicht gerade ein Kardinal war, und er verstand nicht, warum ausgerechnet Wolfger dafür in Frage kommen sollte, mit seinen staufischen Verbindungen und der weltlichen Vergangenheit. Ein Mann wie der jetzige Papst sollte einen Kleriker wie Adolf vorziehen, der nie für etwas anderes als die Kirche bestimmt gewesen war, statt den Dienst an Gott wie eine Laune zu behandeln, der man nach dem Tod der Ehefrau auch noch folgen konnte.
»Dennoch steht die Mehrzahl der kirchlichen Fürsten nach wie vor auf Eurer Seite, mein König, genau wie ich es tue.«
»Wie schön. Warum folgt ihnen dann nicht die Mehrheit der weltlichen Fürsten?«
Weil Ihr dafür, dass Ihr auf dem Schlachtfeld so überragend sein sollt, nicht genügend Schlachten gewinnt, dachte Adolf, doch er wusste, dass er diesen Einwand nicht aussprechen konnte. Otto war es nicht nur jedes Mal gelungen, Köln zu verteidigen, er hatte es auch durchaus ein paarmal geschafft, Philipp in die Enge zu treiben; einmal hatte er ihn bei Speyer sogar eingeschlossen, und der Staufer war nur knapp entkommen. Doch Tatsache blieb, dass der Tod Kaiser Heinrichs nun schon vier Jahre zurücklag und das Reich immer noch geteilt blieb, wenn auch Ottos Teil viel kleiner als der von Philipp war. Dafür, dass Otto immer wieder stolz auf seine Jugend an der Seite Richards von England hinwies, war das einfach zu wenig. Die Menschen hatten sich einen unbezwinglichen Helden erhofft, nicht einen gewöhnlichen Fürsten, der manchmal Pech in der Schlacht hatte. Und er einen, der gab, statt ständig mehr Geld für seinen Krieg zu fordern.
»Nun«, entgegnete Adolf, der wusste, wie er Otto die herablassende Behandlung und den Mangel an Dankbarkeit heimzahlen konnte, »dass Euer Bruder nun an der Seite Philipps kämpft, das hat natürlich ein schlechtes Beispiel gegeben.«
Ohne sich umzudrehen, ergriff Otto eine von Adolfs kleinen Holzfiguren, welche die heilige Ursula darstellte, und schleuderte sie an die Wand. Dann sagte er in einem Tonfall, der im völligen Gegensatz zu dieser Geste aufgeräumt und gelassen klang: »Hat nicht Abel unter Kain gelitten, ist nicht Josef von seinen Brüdern nach Ägypten verkauft worden? Treulose Brüder hat es schon immer gegeben.«
Vor allem, wenn sie immer nur geben müssen und nichts bekommen, dachte Adolf und beäugte die Reste der kleinen Figur, der jetzt alle Konturen fehlten. Sie war bei weitem nicht das Kostbarste im Raum, und er besaß viele schöne Heiligenfiguren, aber es war die Respektlosigkeit, die ihm zusetzte. An der Behauptung, Ottos englische Verwandten stammen vom Teufel ab, war vielleicht doch etwas dran. Vielleicht hätten die verdammten Kaufleute, die ihm diesen König eingebrockt hatten, sich daran erinnern sollen. Doch nein, Otto war nicht der Gottlose, Philipp war es. Das musste Adolf glauben, sonst war alles, was er bisher getan hatte, widersinnig und umsonst gewesen. Und unergiebig. Sehr, sehr unergiebig. Ein ärmeres Leben zu führen als zuvor, was nicht zu leugnen war, das hatte sich Adolf nicht als Lohn eines Königsmachers vorgestellt. Ganz zu schweigen davon, dass er immer noch bei den verwünschten Kaufleuten verschuldet war, sogar mehr noch als früher, viel mehr!
»Etwas«, sagte Otto, »muss sich ändern, Euer Gnaden. Und zwar bald.« Er war ein hochgewachsener Mann, und Adolf, dessen Gewicht es ihn inzwischen vorziehen ließ,
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