Das Spiel der Nachtigall
gesehen, seit ich mich ihr anverlobt habe, für nichts und wieder nichts. Weil jemand ihnen Flausen ins Ohr gesetzt hat, den Weibern aus Brabant – diese Ärztin aus Köln, die Ihr mir nach Chinon geschickt habt.«
Adolf fragte sich, ob er ein weiteres Mal protestieren sollte, dass sich Otto mit solchen Beschwerden an die Kaufleute wenden musste, und kam zu dem Schluss, dass der Welfe nicht mehr auf solche Proteste achten würde, als er es bisher schon getan hatte.
»Ich bin ein alter Mann, mein Sohn«, sagte er, etwas übertreibend und absichtlich den Umstand betonend, dass er als Priester und Bischof von Otto eigentlich als sein Vater in Christus geehrt werden sollte. »Vielleicht verstehe ich deswegen nicht, was das verwünschte Weib mit dem Bischof von Würzburg zu tun hat.«
Otto schenkte ihm ein mitleidiges Lächeln. Es wirkte noch verstörender, als die zerstörte Ursula auf dem Boden es tat. »Ihr seid nicht der Einzige, der Verbindungen hat«, sagte er. »Die Magistra Jutta von Köln dient der Byzantinerin, die unser guter Philipp geheiratet hat. Das heißt, sie gehört zu seinem Hof. Als Kanzler muss der Würzburger sie gut genug kennen, um ihre Dienste verlangen zu können. Das ist die Art von Beweis für seine guten Absichten, die mir vorschwebt, und die Geisel, die ich haben möchte.«
Adolf war Konrad nur ein paarmal begegnet, doch er konnte sich nicht vorstellen, dass der Würzburger über die Zumutung, für Otto eine Frau zu entführen, erfreut sein würde. Dergleichen war einfach unter der Würde eines Erzbischofs. Für solche Dinge sollte der Welfe wahrlich seine Kriegsknechte haben.
Er fragte sich nicht zum ersten Mal, was wohl gewesen wäre, wenn er damals seine Abscheu vor den Staufern überwunden und Philipp gekrönt hätte. Ohne die Krönung in Aachen und Köln wäre Otto nur einer von vielen Thronbewerbern gewesen. Und vielleicht hätte Philipp Adolf doch besser behandelt, als er dies von einem Staufer erwartet hatte. Gewiss, Konrads Schicksal ermutigte nicht gerade zu einer solchen Schlussfolgerung, doch der war eben nur der Bischof von Würzburg. Einen Erzbischof von Köln, der die Seiten wechselte, würde gewiss niemand mit Geiselfragen und Wünschen nach weiblichen Störenfrieden behelligen. Im Gegenteil, man würde ihn mit Gold und Würden überhäufen.
»Werdet Ihr das den Bischof von Würzburg wissen lassen?«, fragte Otto. Adolf wurde wieder in die unliebsame Gegenwart zurückgeholt. Beim Anblick der zerborstenen heiligen Ursula erinnerte er sich daran, dass Ottos Großvater, Henry II., nicht davor zurückgeschreckt war, den Erzbischof von Canterbury vor seinem Altar erschlagen zu lassen. Es war wohl besser, sich an das Hier und Jetzt zu halten und zu versuchen, das Beste daraus zu machen. Das bedeutete, weiterhin Otto zu unterstützen und auf einen baldigen Sieg zu hoffen. Mit Hilfe von Philipps altem Kanzler, dem Bischof von Würzburg.
Adolf seufzte. »Gewiss werde ich das.«
* * *
Judith war dabei, Irenes jüngste Tochter zu untersuchen, die im Vorjahr zur Welt gekommen war und gerade unter dem Durchbrechen ihrer Zähnchen litt. Noch mehr litt Lucia, die zur Amme der kleinen Maria geworden war, weil sie fast zur gleichen Zeit ihr zweites Kind zur Welt gebracht hatte. »Sie sind bald alt genug, um sie zu entwöhnen«, sagte Judith, »alle beide.«
»Das ist nicht das, was die kleine Königstochter denkt, eh?«, gab Lucia zurück. Judith lachte und versprach, eine Salbe aus Kampfer herzustellen, mit der sich Lucia die Brustwarzen einreiben konnte. Sie wussten beide, dass sie Irene nichts davon erzählen würden, denn die Königin war so besorgt um ihre Kinder, dass sie darauf bestand, sie müssten so lange gestillt werden, wie sie nach Muttermilch verlangten, und an mindestens zwei Jahre dachte.
Vielleicht hatte Irene sogar recht. Drei Mädchen hatte sie bisher zur Welt gebracht, kurz hintereinander, gerade, dass sich ihr eigener Körper von der letzten Schwangerschaft erholt hatte, und dennoch waren alle drei Mädchen gesund und am Leben. Das war selten, selbst für Fürstenkinder, denen es nicht an Nahrung und Wärme mangelte. Irene schaute auf Lucias Kind und fragte sich, ob es wohl ebenfalls überleben würde. Diesmal hatte Lucia eine kleine Tochter zur Welt gebracht, eine Halbschwester für ihren Sohn. Der Vater war Markwart, der Lucia geheiratet hatte, als sie schwanger war. Bisher schienen sie glücklich miteinander zu sein, obwohl Walther Markwart manchmal damit
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