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Das Spiel des Alchimisten: Historischer Roman (German Edition)

Das Spiel des Alchimisten: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Das Spiel des Alchimisten: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Dübell
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Friedhofs lächerlich aus.
    Ich beugte mich zu dem Mann hinab, der gleich mir durch einige Gräber von der Beerdigung getrennt stehen geblieben war, nicht weit des Tores, als hätten wir beide es nicht für richtig empfunden, uns der Zeremonie weiter zu nähern.
    »Welche von den Männern da vorn sind die Brüder Hoechstetter?«
    Er zuckte mit den Schultern. »Die Hoechstetter? Von denen ist keiner dabei.«
    »Ich dachte ...«
    »Das sind der Priester von Sankt Ulrich, die Ministranten und die Männer, die den Leichnam hergetragen haben.«
    »Wer ist die Frau?«
    »Kenne ich nicht.«
    »Dädalus' Witwe vermutlich; aber warum steht sie dann so stumm da?«
    »Sie meinen, es sollte wenigstens ein Mensch um ihn weinen?«
    »Sie ist verschleiert.«
    Mein Gesprächspartner kniff die Augen zusammen und blinzelte in den Himmel. Er war ebenso schlicht gekleidet wie die Männer vorn am Grab; seine Hände waren groß und grob, und er hielt sie vor dem Leib gefaltet. Nach einer Weile wandte er den Blick vom Himmel und heftete ihn auf mich.
    »Es machen sich genügend Leute Gedanken um Martin Dädalus, das dürfen Sie glauben.«
    »Ich hatte erwartet, dass er auf dem Domfriedhof beerdigt wird, nicht hier. Das Grab der Hoechstetter befindet sich dort, und wie man hört, war er ein Vertrauter von Ulrich Hoechstetter. Mit der Reichsunmittelbarkeit von Sankt Ulrich kann es eigentlich nichts zu tun haben; im Tod gehen die Leute dorthin zurück, wo ihre geistliche Heimat war, ganz egal, welchen Bürgerstolz sie im Leben an den Tag gelegt haben.«
    Der Mann sah mich von oben bis unten an. »Sie sind kein Augsburger?«
    »Ich war es mal. Es war früher meine Heimat.«
    »Man kann nicht eine frühere Heimat haben. Es gibt nur eine Heimat – wo man geboren wurde und aufgewachsen ist.«
    »Es ist lange her.«
    »Bischof Johann oder Bischof Peter?«
    »Wie bitte?«
    »In welcher Ära haben Sie hier gelebt?«
    »Ich wusste nicht, dass es diese Einteilung gibt.«
    »Haben Sie sein Grab besucht?«
    »Das von Bischof Peter, meinen Sie?«
    Er nickte.
    »Warum machen sich die Leute Gedanken um Martin Dädalus?«, fragte ich.
    »Sein Genick war gebrochen, als man ihn fand, nachdem man die Tür zu seiner Schlafkammer eingetreten hatte.«
    Ich starrte ihn an. Das Leiern des Priesters drang dumpf an mein Ohr. Normalerweise sangen die Freunde und Verwandten des Toten an seinem Grab Psalmen und sprachen Gebete, so wie sie es in den zwei Tagen der Totenwache taten. Doch neben Dädalus' Leichnam war es in den letzten achtundvierzig Stunden mit Sicherheit so still gewesen wie jetzt bei seiner Beerdigung. Ich fragte mich, wie es in weiteren zwei Tagen sein würde – wenn Ludwig Stinglhammer zur Erde zurückkehrte.
    Gregor musste gewusst haben, dass Martin Dädalus keines natürlichen Todes gestorben war. Er hatte es nicht für nötig gehalten, mich einzuweihen, nachdem ich ihm meine Dienste verweigert hatte. Ich verstand nun, welch großer Druck auf ihm lastete. Während man im Hause Hoechstetter auf die Klärung eines Mordes wartete, geschah ein zweiter. Plötzlich spürte ich einen kühlen Hauch im Nacken; es konnte auch ein verirrter Luftzug gewesen sein, der die schweißnassen Haare dort aufstellte. Mindestens ein Mann hier in Augsburg erwartete, dass es noch weitere Morde geben würde.
    »Die Schlafkammer war von innen verschlossen«, sagte mein Gesprächspartner. »Das Fenster war mit einem Rahmen zugestellt und verriegelt. Niemand konnte hinein. Niemand, der drinnen war, konnte hinaus.«
    »Und dennoch ...«
    »... hat etwas seinen Kopf gepackt und ihm den Hals umgedreht wie einem Kätzchen. Wissen Sie, wie viel Kraft es braucht, um einem erwachsenen Mann das Genick zu brechen?«
    »Hat man etwas Auffälliges in seiner Kammer gefunden?«,
    hörte ich mich fragen. Das Gesicht meines Gesprächspartners wirkte auf einmal ebenso verschlossen, wie vorher jenes von Gregor von Weiden. Er rückte einen Schritt von mir ab.
    »Es herrschte eine ziemliche Unordnung«, sagte er langsam. »Er hat sich gewehrt – Dreck und Staub überall. Eine merkwürdige Frage, oder?«
    »Welche Aufgabe hatte Dädalus im Haus Hoechstetter?«
    »Sie haben damals für Bischof Peter gearbeitet.«
    »Das ist richtig.«
    »Er hatte jede Menge Spürhunde.«
    »War Dädalus ein Spitzel im Auftrag Ulrich Hoechstetters, der darauf aufpassen sollte, dass seine Söhne während seiner Reise keinen Unfug anstellen?«
    Früher hatte ich die Kühle nicht gespürt, die sich in ein Gespräch

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