Das Spiel ist aus, wenn wir es sagen
unserem Platz desinfiziert Ian meine Kratzer und klebt dann die Pflaster darauf. Auf der anderen Seite des Tisches drückt Jen Micki währenddessen einen Eisbeutel auf die Stirn. Habe ich sie etwa verletzt? Gut so!
Ty setzt sich mit verschränkten Armen vor dem Schrank auf den Boden, um zu verhindern, dass sich jemand nähert. Daniella streicht ihm schnurrend übers Haar, wobei ihre Armreifen wie Gefängnisketten rasseln. Links von Ian und mir betrachtet uns Samuel schweigend über den Rand seiner Brille hinweg. Wir sitzen hier wie beim Letzten Abendmahl, nur ohne Essen und ohne Heilige.
Die Musik wechselt zu Fahrstuhlgeklimper. Wer ist eigentlich für den Soundtrack verantwortlich? Satan persönlich?
Okay, Spieler, Zeit, euch eure Preise zu verdienen!
Wieder bekommen wir die Befehle nur als Text auf den Bildschirmen zu sehen. So gekünstelt mir Guy und Gayle auch vorgekommen sind, ohne sie wirkt dieser Raum hier noch isolierter.
Ty, leg die Waffen auf den Tisch, eine vor jeden Spieler.
Mein Magen plumpst mir bis auf die Füße. Ty starrt die Bildschirme stirnrunzelnd an. Vielleicht kann er nicht lesen. Oder er hat doch ein Gewissen.
Für deine Bemühungen bekommst du einen Bonus von hundert Dollar.
Mit breitem Grinsen steht er auf. Ich halte die Luft an und bete, dass sich die Waffen im Schrank durch irgendeinen Zaubertrick in weiße Tauben verwandelt haben. Aber sobald Ty die Tür aufmacht, wird klar, dass das nicht der Fall ist. Bei dem Pech, das ich heute habe, war das auch nicht ernsthaft zu erwarten.
» Mach es nicht, Ty! « , rufe ich. » Das ist doch genau wie in ›Herr der Fliegen‹! Risk will, dass wir uns in gewalttätige Wilde verwandeln. Zeig ihnen, dass du dein eigener Herr bist. «
» Kannst du vielleicht mal deine Braut unter Kontrolle halten, Mann? « , knurrt Ty in Ians Richtung.
» Sie hat recht, Ty. Tu es nicht « , erwidert Ian kühl.
» Weichei. « Ty nimmt eine der Pistolen aus dem Schrank und streicht zärtlich darüber. » Eine SIG Sauer P226. Schick. Der beste Kumpel eines jeden Soldaten. «
Mit der Waffe in der Hand nimmt er eine weitere aus dem Schrank und legt sie vor Daniella auf den Tisch. Die nächsten beiden Pistolen gehen an Jen und an Micki, die anerkennend pfeift, während sie ihre untersucht. Als sie den Kopf hebt und mich ansieht, zucke ich zusammen. Danach legt Ty Pistolen vor Samuel, vor mich und schließlich vor Ian hin. Meine und Ians hat er so abgelegt, dass die Läufe auf uns zeigen.
Ich verschränke die Arme vor der Brust und wiederhole laut immer wieder: » Wer uns zuschaut, soll die 911 anrufen. Wer uns zuschaut, soll die 911 anrufen! «
Was können die Risk -Leute schon machen? Mir wieder mit irgendwelchen Konsequenzen drohen? Die Pistolen gegen Maschinengewehre austauschen?
Ich wiederhole den Satz wieder und immer wieder. Selbst wenn Risk mein Flehen ausgeblendet hat, während ich im Bad war– ganz können sie mich nicht zensieren, nicht wenn die anderen Preisrunden schon vorbei sind. Denn dann hätten sie keine Show mehr. Also müssen sie uns entweder gehen lassen oder die Beobachter sehen uns. Auf jeden Fall ist das Spiel für mich zu Ende. Pfeif auf das Stipendium.
Es wird Zeit, damit aufzuhören, Vee.
» Es wird Zeit, dass ihr mich gehen lasst. Und ich höre tatsächlich auf, aber mit dem Spiel. Ich höre auf. Ich höre auf! « Ich wechsle jetzt zwischen diesem Satz und der Bitte ans Publikum, die Polizei zu rufen, ab. Ian stimmt in meine Litanei ein.
Schaut auf eure Handys.
Ich unterbreche mein Mantra, um zu sagen: » Ihr könnt uns nicht mit noch mehr Preisen ködern. Kein Stipendium und kein Praktikum ist das hier wert. Überhaupt nichts ist so etwas wert. «
Ty knurrt: » Eine Reise nach Irland mit meinem Vater, bevor er zu krank dazu ist, ist schon eine Menge wert. Also hör endlich mit dem Scheiß auf! «
Schau auf dein Telefon, Vee. Deine Eltern würden es begrüßen.
Was? Ziehen sie jetzt etwa schon wieder meine Eltern mit rein? Ich sehe auf mein Handy und entdecke eine lange Nachricht. Es scheinen Auszüge aus meinen Therapiesitzungen zu sein; ich erinnere mich, dass die Psychologin dauernd auf ihr Notebook eingehämmert hat, während ich erzählt habe. Es ist erstaunlich, wie detailliert ihre Aufzeichnungen sind. Dabei hatte ich geglaubt, besonders clever zu sein und ihre Aufmerksamkeit von dem Garagenvorfall abzulenken, indem ich ihr irgendwelche anderen Sachen erzähle. Zum Beispiel, wie unsichtbar ich mir in Sydneys Gegenwart
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