Das Spiel - Laymon, R: Spiel
blickte auf die immer noch leicht gerötete Haut, die dunklen Blutergüsse und die fast verheilten Kratzer – keine neue Nachricht auf ihrem Bauch.
Schnell setzte sie sich auf und spähte in ihre Hose.
Nichts.
Sie ließ den Pyjama zu Boden fallen und eilte zum großen Spiegel, wo sie sich von allen Seiten betrachtete. Sie stellte sich sogar auf ein Bein, um ihre Fußsohlen untersuchen zu können.
Nichts – weder eine Botschaft noch sonst ein Zeichen, dass Mog sie in der Nacht besucht hatte.
Macht nichts, dachte sie. Wahrscheinlich hatte er anderes zu tun.
Trotzdem fühlte sie sich irgendwie einsam und verlassen.
Nach dem Frühstück blieben Jane noch ein paar Stunden Zeit, bis sie zur Arbeit musste. Im Bikini ging sie in den Garten, breitete die Decke aus und las im Sonnenschein. Danach trainierte sie hart an den Gewichten, duschte, zog sich an und fuhr zur Arbeit.
Jane versuchte, weder an Brace noch an Mog zu denken, was ihr gründlich misslang.
Dass es mit Brace nicht geklappt hatte, war zum Teil ihre eigene Schuld. Er hatte darauf bestanden, dass sie das Spiel abbrach, und sie hatte ihn angelogen und sogar wüst beschimpft, als er sie in dem unheimlichen Haus überrascht hatte.
Der Scheißkerl hat jedenfalls keine Zeit verloren, sich um meine Nachfolgerin zu kümmern.
Wir hätten uns versöhnen können …
Dafür war es immer noch nicht zu spät.
Klar. Vergiss es. Nicht, nachdem du ihn mit dieser Schlampe beobachtet hast.
Es ist aus, vorbei, finito .
Und was war nur mit Mog los? Hat er mich auch für eine neue Spielgefährtin verlassen?
Was sollte sie ohne ihn tun?
Ganz allein.
Egal. Sie war daran gewöhnt, allein zu sein. Damit würde sie schon klarkommen.
Nach der Arbeit ging Jane joggen. Sie lief weder in die Innenstadt noch zum Campus, sondern in die entgegengesetzte Richtung. Trotz eines leichten Muskelkaters fühlte sie sich so fit wie noch nie. Während sie immer schneller rannte, spürte sie die warme Sommerluft auf ihrer Haut, nahm die Gerüche und Geräusche der Nacht wahr und genoss ihre Freiheit.
Sie lief, bis sie nicht mehr konnte.
Dann ging sie nach Hause und duschte kalt.
In ihrem Pyjama und mit einem Glas Eiswasser in der Hand ließ sie sich auf das Sofa fallen und legte die nackten Füße auf den Couchtisch. Dann schaltete sie den Fernseher ein.
Auf der Uhr am Videorekorder war es kurz nach elf.
Um diese Zeit kommt ja sowieso nichts mehr.
Vielleicht fand sie auf irgendeinem Programm noch einen Spätfilm. Die Wiederholung eines alten Schinkens, bei dem sie sich ein bisschen von der Lauferei erholen konnte.
Sie zappte, bis eine Filiale der B.-Dalton-Buchhandlungen auf dem Bildschirm erschien.
Sie sah genauso aus wie die im Einkaufszentrum von Donnerville. Zwar waren sich diese Geschäfte alle ziemlich ähnlich, doch …
»… am Montagabend gesehen, als sie von ihrer Arbeit als Verkäuferin in diesem Buchladen nach Hause fahren wollte. Aber die junge Gail Maxwell kam nicht dort an.«
Jetzt wurde das Foto der Vermissten eingeblendet, eine Brünette in Janes Alter. »Ihr Auto, ein weißer Toyota, wurde gestern etwa drei Kilometer von ihrem Arbeitsplatz entfernt gefunden«, sagte die Nachrichtensprecherin.
»Die ist so gut wie tot«, murmelte Jane und schaltete schnell um.
Sie war in diesem Buchladen gewesen. Am Montag. Wenn es überhaupt der Buchladen war.
Die Frau auf dem Foto war ihr nicht bekannt vorgekommen.
Hoffentlich ist es nicht hier passiert. Das Letzte, was wir in Donnerville brauchen, ist ein frei herumlaufender Irrer …
Als Jane wieder auf den Nachrichtensender wechselte, wurde gerade über einen Protestmarsch berichtet. Man sah Reverend Jesse Jackson, der den Marsch Arm in Arm mit anderen Aktivisten anführte.
Sie schaltete den Fernseher ab und wünschte sich, sie hätte ihn gar nicht erst angemacht.
Irgendwo lief ja schließlich immer eine Nachrichtensendung, und diese verdammten Reporter konnten es kaum abwarten, über Dinge zu berichten, von denen man gar nichts wissen wollte.
Sie fragte sich, ob sie ihr nächtliches Jogging nicht besser einstellen sollte.
Scheiß drauf. Sie konnte ja ihre Pistole mitnehmen. Und wenn einer versuchen sollte, über sie herzufallen, würde sie ihm das Hirn wegpusten.
Ja, klar.
Sie ging auf die Toilette und putzte sich die Zähne. In der Küche öffnete sie eine Schublade, in der sie allen möglichen Krimskrams wie Gummibänder, Klebeband, Büroklammern, Werkzeuge, Schnur und Schreibsachen aufbewahrte.
Weitere Kostenlose Bücher