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Das Sterben der Bilder: Ein unheimlicher Roman aus dem alten Wien

Das Sterben der Bilder: Ein unheimlicher Roman aus dem alten Wien

Titel: Das Sterben der Bilder: Ein unheimlicher Roman aus dem alten Wien Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Britta Hasler
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Moment empfand Lischka ein tiefes Bedauern für den Arzt. Brucker sah das Offensichtliche nicht. Er hatte sich von Lanz hinters Licht führen lassen. Wie dieser das gemacht hatte, blieb jedoch ein Rätsel. Er würde Nachforschungen über Ludwig Rohrbach anstellen müssen. Oder gab es einen schnelleren Weg, der zur Wahrheit führte?
    „Trauen Sie Ludwig Rohrbach zu, dass er Alois Lanz’ Namen angenommen hat und mordend alte Gemälde zitiert?“, fragte er den Arzt.
    Brucker schüttelte den Kopf, und seine Augen weiteten sich.
    „Wem trauen Sie so etwas sonst zu?“, fragte Lischka weiter. „Nehmen wir an, Lanz hat Sie getäuscht, um als geheilt entlassen zu werden.“
    „Man kann nicht so tun, als wäre man geheilt!“, empörte sich Brucker.
    „Doch. Wenn man eine Geisteskrankheit spielt, kann man auch die Heilung spielen. Und ich nehme an, Alois Lanz war ein hervorragender Schauspieler. Wahrscheinlich spielt er auch seit einigen Jahren höchst erfolgreich Ludwig Rohrbach.“
    Der Arzt sah Lischka an, als hätte der verkündet, dass seine Patienten hinter seinem Rücken eine Mondkapsel bauten und demnächst vom Dach der Anstalt losfliegen würden.
    Doch Lischka ließ ihm keine Zeit, sich zu wundern, sich zu rechtfertigen oder sich zu wehren. „Sagen Sie mir, ob Ludwig Rohrbach ein auffälliges körperliches Merkmal hatte. Irgendetwas.“
    Brucker überlegte. Mit zitternden Fingern griff er wieder nach der Akte.
    „Ja“, sagte er tonlos. „Er hatte einen ziemlich großen Naevus flammeus am Rücken.“
    „Einen was?“
    „Ein sogenanntes Feuermal. Das sind feine Blutgefäße unter der Haut, die krankhaft erweitert sind und Wucherungen bilden. Nichts Bösartiges, aber sehr auffällig. Es zieht sich bei ihm über den ganzen Rücken. Aber … warum wollen Sie das wissen?“
    Lischka ging nicht auf die Frage ein, sondern stellte die nächste. „Ist Ihnen bekannt, wo Alois Lanz bestattet ist?“
    „Sie wollen ihn doch nicht etwa ausgraben!“, entrüstete sich Doktor Brucker.
    „Ich tue alles, was notwendig ist, um diesen Mörder zu fassen. Also?“
    Der Arzt schüttelte bedauernd den Kopf und sagte: „Ja nun, der Leichnam wurde damals entsprechend einem Testament, das Lanz noch hier in der Anstalt verfasst hat, nicht beerdigt, sondern der Anatomie übergeben.“
    Inspektor Lischka hätte am liebsten laut herausgelacht. Er musste Lanz bittere Anerkennung zollen, wie geschickt der alles eingefädelt hatte. Er seufzte tief und sah den Arzt an. Auch diesem schien allmählich zu dämmern, welche Schlüsse man aus seinen Informationen ziehen musste.
    „Sie meinen … der Mann, der sich umgebracht hat, war gar nicht Alois Lanz?“
    Lischka hob beschwichtigend die Hände. „Immer langsam mit solchen Vermutungen. Aber im Moment sieht es wohl ganz danach aus. Wären Sie so freundlich, mir zu sagen, an welchen Arzt im Anatomischen Institut die Körper, die der Wissenschaft übergeben werden, für gewöhnlich gehen? Sie werden verstehen, dass ich dieser Sache erst nachgehen muss, bevor ich womöglich den unbescholtenen Bürger Ludwig Rohrbach des Mordes verdächtige.“
    Plötzlich wich alle Farbe aus Bruckers Gesicht. Er schien erst jetzt die ganze Tragweite der Geschichte erfasst zu haben. Anstatt Lischkas Frage zu beantworten, murmelte er fassungslos vor sich hin: „Dann hat Lanz also Rohrbach umgebracht und dessen Platz eingenommen … und den armen Rohrbach in der Anatomie verschwinden lassen. Und mehr noch: Er war überhaupt nie … krank.“
    Diese Erkenntnis schien ihn zutiefst zu erschüttern. Seine Hände zitterten, und seine Augen nahmen einen glasigen Ausdruck an.
    „Herr Doktor Brucker, machen Sie sich keine Vorwürfe“, sagte Lischka. Er wusste, wie hohl und leer seine Worte in den Ohren des Arztes klingen mussten. Der hatte geglaubt, einen Menschen von einem Wahn zu heilen, der gar nicht real gewesen war. Plötzlich spürte er eine rasende Ungeduld in sich aufsteigen. Er wiederholte seine Frage nach dem Verantwortlichen des Anatomischen Instituts.
    „Das ist Doktor Melching“, antwortete Brucker, und seine Stimme klang mit einem Mal trocken und spröde. „Er führt Buch über jeden Körper, der dem Institut vermacht wird, und schreibt genau auf, was damit geschieht. Er wird sich ganz sicher an einen Mann mit Feuermal erinnern, denke ich.“

XI
    Plötzlich war das Ungeheuer da.
    Völlig unvermittelt setzte es sich auf seine Brust. Er wachte davon auf, dass schlagartig alle Luft aus seinen Lungen

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