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Das Sterben der Bilder: Ein unheimlicher Roman aus dem alten Wien

Das Sterben der Bilder: Ein unheimlicher Roman aus dem alten Wien

Titel: Das Sterben der Bilder: Ein unheimlicher Roman aus dem alten Wien Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Britta Hasler
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manche Männer spüren diesen Fehler wohl stärker als andere und kommen deswegen zu mir. Um wieder ins Gleichgewicht zu kommen. Um sich in eine Rolle zu begeben, die sie aus der anerzogenen Dominanz befreit. Natürlich nur für ein paar Stunden. Aber glaub mir, Julius, ich tue nichts anderes, als das verlorene Gleichgewicht wieder ins Lot zu bringen.“
    Julius nickte stumm. Luise riss den Blick von seinem Gesicht los und schob seine Hände von sich. „Mir ist es gleich, ob du das verstehst. Du solltest jetzt gehen. Vielleicht schaffst du es ja. Dann erzähle ich dir irgendwann einmal mehr.“ Sie stand auf und half ihm auf die Füße. Sie wies in die Dunkelheit zwischen den Fuhrwerken.
    „Da hinten gibt es eine zweite Tür. Von dort kommst du direkt in den Wald. Da kannst dich verstecken, bis es hell wird.“ Dann griff sie nach einer Pferdedecke und hielt sie Julius hin. „Mehr kann ich nicht für dich tun.“
    In diesem Moment ertönte vom Tor her ein Geräusch. Luises Kopf fuhr herum. In der nächsten Sekunde blies der kalte Nachtwind herein, und in der Remise wurde es heller. Und dann hörten sie die wutentbrannte Stimme des Hofrats.
    „Mehr kannst du also nicht für ihn tun, was?!“
    Er stand zwischen den Torflügeln wie ein aus dem Boden gewachsener Troll. Die Haare standen ihm wirr vom Kopf ab, und das Gesicht war derart verzerrt, als würden sich seine Züge im nächsten Moment auflösen. Luise versuchte unauffällig, Julius zwischen die Kutschen zu schieben, doch es war zu spät. Neben ihrem Gatten tauchte Kranzer auf, und der hatte einen Revolver, das wusste Luise.
    „Du falsche Schlange!“, schrie der Hofrat. „Das machst du also hinter meinem Rücken!“ Seine Stimme überschlug sich.
    „Pass auf, dass du keinen Herzanfall bekommst“, bemerkte Luise.
    Es war seltsam – sie hatte keine Angst. Weder vor Viktor noch vor seinem Handlanger. Vielleicht endet hier alles, dachte sie, und fühlte sich sehr ruhig dabei. Nur um Julius tat es ihr ein wenig leid. Es wäre ein Jammer, wenn er einem derart plumpen Wesen wie dem Hofrat zum Opfer fallen würde.
    „Warum tust du mir das an?“, schrie der Hofrat.
    „Warum ich dir das antue?!“, erwiderte sie mit ruhiger Stimme. „Weil ich keine Lust mehr habe auf dieses Spielchen. Es ist mir zu anstrengend. Und du langweilst mich. Du kannst dieses Theater auch allein dirigieren. Du brauchst mich nicht dafür.“
    Plötzlich übermannte die Enttäuschung den Hofrat, und sein Gesicht wurde zu einer weinerlichen Maske. „Aber Luise!“, jammerte er. „Noch vor ein paar Tagen hast du dir seinen Tod gewünscht. Wie kannst du …“
    „Ich habe mich geirrt. Mehr noch als seinen Tod wünsche ich mir, dass du aus meinem Leben verschwindest. Wieso sollte er also sterben müssen?“
    „Luise, Schluss jetzt!“, schrie der Hofrat, doch Luise fühlte nur dieses traurige Lächeln in sich. Keinen Zorn und keine Angst. Dann wandte sie sich zu Julius um, der wie erstarrt dastand. „Es tut mir leid, dass wir so lange geplaudert haben. Du hättest längst über alle Berge sein können.“
    Der Hofrat stieß ein fassungsloses Geräusch aus. „Luise, es reicht!“ Er fuchtelte wild mit den Händen in der Luft herum. Und dann: „Kranzer, erschieß ihn. Erschieß alle beide!“
    Als hätte der Handlanger es gar nicht erwarten können, diesen Befehl zu hören, zog er den kleinen Revolver aus seiner Manteltasche und zielte damit auf Julius. Luise spürte, wie er sich neben ihr noch mehr versteifte. Wie sinnlos das alles ist, dachte sie. Sie fühlte nichts von der Theatralik dieser Situation. Nur eine gleichgültige Leere.
    „Hier wird niemand erschossen!“
    Die Stimme war neu und mischte sich so plötzlich in die Szene, als hätte jemand eine grelle Farbe auf ein nicht fertig gemaltes Bild geschüttet. Luise starrte zum Tor. Dort stand dicht hinter dem Hofrat ein Mann, der ebenfalls einen Revolver gezückt hatte. Er zielte auf den Hinterkopf von Kranzer.
    „Lischka!“, hauchte Julius und entspannte sich augenblicklich.
    Luise roch seinen Angstschweiß.
    Dann war es, als hätte ein unsichtbarer Regisseur mit einem Schlag die Konstellation der Schauspieler auf dieser Bühne verstellt. Der Hofrat fuhr herum und brauchte ein paar Sekunden, bis er begriff, dass dieser Mann ihm nicht beispringen würde. Hilflos sah er zu Kranzer, der nicht zu wissen schien, wen er zuerst erschießen sollte. Luise verfolgte gebannt das Schauspiel und tastete nach Julius’ Hand.
    „Hinter

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