Das stille Qi Gong nach Meister Zhi-Chang Li: Innere Übungen zur Stärkung der Lebensenergie (German Edition)
weiteres damit gleichsetzen). Das Veredeln des Qi geschieht durch Energieübungen der höheren Ebene und durch tiefe geistige Beruhigung, die schließlich zum angestrebten »Embryonalatem« führt, wobei die physische Atemtätigkeit weitgehend durch die Bewegung des Qi ersetzt wird. Das Grundprinzip des Veredelns von Qi ist die methodische Verbindung von Qi und Shen.
6. Shen nähren: Das ist die Praxis der Meditation – das eigentliche »Kultivieren der Stille«, die tiefe körperlich-geistige Entspannung. Dadurch öffnet sich der Geist, und Wissen wird zu Einsicht.
Es gibt im Grunde eine rechte Zeit,
die Fesseln zu sprengen als ein Verwandelter,
und darum nützt es nichts,
zu früh oder zu spät zu handeln.
Wahrhaftigkeit im Innern wirkt nach außen,
da lässt sich nichts erzwingen.
Ist der Kürbis reif,
fällt er von selbst vom Stamm. [50]
7. Shen veredeln: Wenn Shen genügend genährt ist, findet der Prozess der Veredelung dank der Qualität des Nicht-Tuns (Nicht-Eingreifens) von selbst statt. Der Geist wird klar wie ein gereinigter Spiegel, der wiedergibt, aber nichts festhält. »Was ist gemeint mit ›den Geist veredeln‹? Wenn kein Gedanke im Geist ist, ist der Geist rein.« [51]
8. Shen mit Xü vereinen: Xü, die »Leere« (die zugleich die undifferenzierte Fülle ist), bedeutet ursprüngliches Sein, in dem alle dualistischen Trennungen aufgehoben sind. Diese Stufe kann nur noch auf poetische Weise umschrieben, nicht aber beschrieben werden. »Schau in deinen Geist, und da ist kein Geist.« [52]
Gleich dem weiten Himmel hat es keine Grenzen,
doch ist es eben hier zur Stelle, ist immer
tiefgründig und klar.
Trachtest du danach, es zu erkennen, wird es dir
verborgen bleiben.
Du kannst es nicht festhalten,
aber auch nicht verlieren.
Außerstande, es zu erlangen, erlangst du es.
Wenn du schweigst, spricht es;
wenn du sprichst, schweigt es.
Die große Pforte steht weit offen zur Almosenspende,
und keine Menge versperrt den Weg. [53]
Werden die individuellen Energievarianten Jing, Qi und Shen zu ihrer subtilen Form veredelt, so heißt es, entsteht daraus reines Yang Qi, das veredelt zu Yang Shen wird, reinem Geist, und dieser wiederum zu Xü (Leere). Im Daodejing (Tao-te-ching, Tao Te King) wird alles Entstehen so dargestellt: »Das Tao erzeugt die Eins. Die Eins erzeugt die Zwei. Die Zwei erzeugt die Drei. Die Drei erzeugt alle Dinge.«
Der Weg zurück zum Tao kehrt diesen Verlauf um. In Das Geheimnis des Goldenen Elixiers heißt es:
Wie schon der Unsterbliche Sang Feng sagte, bleibst du ein gewöhnlicher Mensch, wenn du dem normalen Verlauf des Konditionierten folgst. Kehrst du diesen Prozess hingegen um, transformierst du dich in einen Unsterblichen. Alles hängt davon ab, ob es dir gelingt, den Prozess umzukehren. [54]
Der »Unsterbliche« bezieht sich natürlich nicht, wie allzu oft vordergründig missverstanden, auf die materielle Welt, sondern auf die geistige. Der reine, von allen Konditionierungen befreite, »umgekehrte«, nicht mehr ins Individuelle eingeschlossene Geist ist unzerstörbar, »unsterblich«.
Das traditionelle chinesische Verständnis der Ordnung allen Seins beruht auf den Grundkonzepten von Yin und Yang und den Interaktionen der »Fünf Manifestationen« oder »Fünf Wandlungsphasen« (Wu Xing). [55]
Yin und Yang
Wuji ist, wie gesagt, der taoistische Ausdruck für den »Ursprung aller Dinge«. Die Idee des Taiji, oft als »das höchste Letzte« übersetzt, ist konfuzianischen Ursprungs, auch wenn es später als Element des Taoismus aufgefasst wurde. Tatsächlich war es ein Neokonfuzianer der Sung-Dynastie, der beide Theorien miteinander vereinigte:
Aus Wuji kommt Taiji. Wenn sich Taiji bewegt, erschafft es Yang. Wenn die Bewegung ihr Extrem erreicht hat, tritt die Ruhe hervor. In der Stille wird Yin geboren … Yin und Yang, Ruhe und Bewegung bilden die Kraft des Werdens. [56]
Die klassische chinesische Idee von der Polarität der beiden Grundqualitäten Yin und Yang ist so alt wie die Anfänge des Yijing (Buch der Wandlung) und reicht damit in die legendäre Zeit des »goldenen Zeitalters« zurück. Laozi bezog sich darauf mit seinem Spruch: »Alle Dinge haben im Rücken das Dunkle (Yin) und streben zum Licht (Yang), und die strömende Kraft gibt ihnen Harmonie.« [57]
Die Welt der Manifestationen beruht auf dem Wechselspiel dieser beiden Kräfte, welche die Kontinuität des Wandels und die Lebendigkeit des sich stets erneuernden
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