Das Strandhaus
sie und versuchte, die Angst aus ihrer Stimme herauszuhalten.
»Etwas Aufregendes, was ich entdeckt habe«, antwortete Brian. »In dem Strandhaus.« Er zeigte auf die dunkle Silhouette am Ende des Strandes.
»Im Strandhaus?«, Ashley schnappte nach Luft. »Du willst mich zu dem Strandhaus bringen?«
»Ja«, sagte Brian mit verschwörerischem Lächeln. Er nahm ihre beiden Hände und versuchte, sie in die Richtung zu ziehen.
Sie sträubte sich. »Was ist denn in dem Haus?«
»Komm mit«, drängte er. »Ich zeige es dir. Es ist mein Geheimnis. Sensationell, sage ich dir. Du wirst es nicht bereuen. Ehrlich nicht.«
Bereuen.
Eine Woge von Furcht schlug über ihr zusammen.
Du wirst es nicht bereuen.
Sie dachte an Kip und Lucy in dem Strandhaus. An Lucys Tuch, das sie in dem Schrank gefunden hatte.
Sie dachte an Kips Stories über das Haus. Stories über Morde, die dort angeblich vor über dreißig Jahren geschehen waren.
»Komm schon«, drängte Brian und versuchte, sie mit sich zu ziehen. »Komm mit!«
Widerstrebend folgte Ashley ihm, und sie fühlte, wie sich ihre Kehle vor Angst zusammenschnürte und ihr Herz zu hämmern begann.
Und jetzt standen sie direkt unterhalb der Veranda und starrten zu dem alten Haus hinauf. Das Strandhaus, so dunkel, so verlassen, so kalt.
Warum wollte er sie unbedingt hierher bringen?
Und was war Brians Geheimnis?
8. Kapitel
Sommer 1956
»Ich fühle mich einfach so mies«, gestand Buddy, als sie über den Sand zum Strandhaus trotteten. »Du weißt schon, wegen Stuart und Maria. Es ist einfach schrecklich. Zwei Leute, die ich kannte.« In seiner Stimme schwang Erschütterung mit.
Amy legte mitfühlend eine Hand auf seine Schulter, und sie gingen eine Weile schweigend weiter. Der Abendhimmel verdunkelte sich, nahm eine kohlschwarze Färbung an. Vereinzelte kalte Regentropfen schlugen Amy ins Gesicht. Es wird gleich ein Gewitter geben, dachte sie, Ich hätte wahrscheinlich nicht mit Buddy mitgehen sollen. Aber der arme Kerl sah so einsam und verloren aus.
Sie dachte an Ronnie und die vielen Gäste, die seine Eltern zum Barbecue eingeladen hatten. Sie werden die Grillfete ins Haus verlagern müssen, überlegte sie, als sie immer mehr kalte Regentropfen fühlte.
Die Silhouette des Strandhauses ragte düster vor ihnen auf. Na schön, dachte Amy. Zumindest können Buddy und ich dort das Unwetter abwarten. Sie überlegte, ob es ein Telefon im Haus gab, damit sie ihre Eltern anrufen und ihnen sagen konnte, wo sie war.
»Denkst du auch immer an sie?«, wollte Buddy wissen.
»Ich denke viel an Maria«, gestand sie. »Aber weißt du, was ich manchmal tue? Ich zwinge mich, an andere Dinge zu denken.«
»Ja?« Er klang überrascht.
»Ja. Ich verdränge Maria einfach aus meinen Gedanken. Sonst würde ich vor Traurigkeit durchdrehen«, sagte Amy. »Der Sommer ist ruiniert. Es ist der schlimmste Sommer meines Lebens«, fuhr sie fort. »Aber wir müssen irgendwie weitermachen, nicht? Ich meine, welche Wahl haben wir denn?«
»Ja, wahrscheinlich hast du Recht«, sagte er nachdenklich.
»Ich denke oft an diesen Song, den Jane Froman jede Woche im Fernsehen singt. ›Verlier nicht den Mut, wenn es mal ganz schlimm kommt‹. Ich weiß, es ist blöde und absolut kitschig, aber es hilft mir. Wirklich.«
»Ich sehe nicht viel fern«, meinte er ruhig.
»Hast du Elvis Presley gestern Abend im Fernsehen gesehen?«, wollte Amy wissen.
»Wen?«
»Elvis Presley. Er ist ein neuer Rock’n’Roll-Sänger. Er war gestern Abend in der Show. Und als er auf die Bühne kam, haben alle Mädchen im Publikum gekreischt und gejubelt. Hast du ihn nicht gesehen?«
»Nein«, sagte er düster. »Elvis Presley? Ein dämlicher Name, finde ich. Ist er gut?«
»Er ist irre!«, schwärmte Amy. »Einfach irre.«
Buddy grinste, und seine dunklen Augen blitzten amüsiert.
Wenigstens heitere ich ihn ein bisschen auf, dachte sie. Sie fröstelte. Der Regen wurde jetzt stärker, prasselte gleichmäßig auf den Sand herab.
»Können wir nicht reingehen, Buddy? Wenn wir noch lange hier stehen, werden wir klitschnass.« Sie zeigte auf das Haus.
Er zuckte die Achseln. »Ich mag’s irgendwie, wenn es regnet. Es ist erfrischend, findest du nicht?«
»Ich möchte lieber ins Haus gehen«, drängte Amy. »Ich habe keine Lust, mir eine Erkältung holen.«
»Hmmm …« Buddy wirkte ausgesprochen widerwillig.
»Wenn du dir Gedanken wegen deiner Eltern machst oder so …« meinte sie und blickte zu dem Haus hinauf, das
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