Das Sühneopfer: Historischer Kriminalroman (Schwester Fidelma ermittelt) (German Edition)
verliebten sich die beiden ineinander. Menma warnte sie, so gut er konnte. Er schickte nach mir, ich sollte kommen und versuchen auf sie einzuwirken.«
»Und? Hast du das gemacht?«
Marban gab einen Stoßseufzer von sich. »Als ich dort anlangte, standen von dem Haus nur noch Ruinen. Mein guter Freund Menma war tot und mit ihm seine Frau und die Söhne und so gut wie alle, die zu dem Haushalt gehörten. Auch Liamuin war tot.«
»Und der Krieger aus Cashel?«
»Ich brachte von Nachbarn in Erfahrung, dass eines Tages, da man glaubte, dieser Krieger wäre in die Berge zu seinenLeuten gegangen, er und seine Männer plötzlich zurückkamen und ohne jede Warnung über Menmas Haus herfielen und alles niedermachten und abfackelten. Liamuin wurde von einem der Bogenschützen getötet, hieß es. Die Leute von dem benachbarten Gehöft konnten die Toten nur noch bestatten.«
»Hat jemand herausgefunden, wer der Krieger war, der die grauenvolle Tat begangen hat?«, fragte Fidelma mit banger Stimme. Und als Marban nur stumm den Kopf schüttelte, drang sie weiter in ihn. »Man muss doch aber irgendetwas über ihn gewusst haben!«
»Nur, dass er aus Cashel war und den Goldenen Halsreif trug. Es ist ja schon ein paar Jahre her, aber soviel ich weiß, gab es einen Überlebenden, der sich während des Überfalls in den Wald retten konnte. Jedenfalls hat man mir so etwas erzählt. Vielleicht kennt jemand in den benachbarten Gehöften den Namen von dem Mann.«
»Heißt das, dass nur Menmas Gehöft abgebrannt wurde? Dass den anderen Gehöften nichts geschah?«
»Offenbar war das so. Aber so etwas passierte ja nicht nur dort, die Uí Fidgente mussten in den Monaten nach der Niederlage bei Cnoc Áine schlimme Dinge über sich ergehen lassen«, erklärte der Müller verbittert.
Eine Weile schwiegen alle drei, und dann beteuerte Fidelma: »Ich werde alles, was in meiner Macht steht, tun, um herauszufinden, wer dieser Krieger und seine Männer waren, dessen kannst du gewiss sein, Marban. Ich bin zuversichtlich, dass wir ihn aufspüren, und er wird sich vor dem Gesetz verantworten müssen.«
Der Müller hatte dafür nur ein zynisches Lachen übrig. »Ich bin ein Uí Fidgente, Lady. Der Krieger war ein Eóghanacht, einer wie du. Willst du mich ernsthaft glauben machen, dass der Sieger einen seinesgleichen bestraft?«
»Das Gesetz will es so, und wenn man es missachtet, kann nicht von Gerechtigkeit die Rede sein.«
»Gerechtigkeit im Sinne der Eóghanacht habe ich zur Genüge erlebt«, brummte der Müller.
»Du wirst sie erleben. Ich stehe zu meinem Versprechen«, beteuerte Fidelma.
»Und du schwörst das bei allem, was dir heilig ist?«
»Bei allem, was mir heilig ist, ich schwöre es«, erwiderte sie ernst.
Die kurze Stille, die folgte, unterbrach Eadulf mit der Frage: »Und was ist mit Aibell, der Tochter? Weshalb du annimmst, dass sie tot ist, hast du uns noch nicht gesagt.«
Diesmal wollte der Müller nicht gleich mit der Sprache herausrücken, überwand sich aber. »Ich ging zu Fidaig, weil Escmug ja behauptet hatte, er hätte sie ihm als Leibeigene verkauft. Fidaig stritt alles ab, nie hätte es eine solche Vereinbarung gegeben. Es gab für mich nur zwei Möglichkeiten: Entweder log Fidaig, oder Escmug hatte das Mädchen getötet, wie die Leute ringsum annahmen. Mein Bruder war ein gemeiner, rachsüchtiger Mensch. So oder so, ich konnte nichts für meine Nichte tun, war außerstande, sie zu retten, und damit war sie für mich so gut wie tot.« Er senkte den Kopf, verharrte in der Haltung eine Weile und stand dann unversehens auf. »Ich muss zu meinen Arbeitern. Ihr wollt euch ja wahrscheinlich auch nicht länger hier aufhalten und eure Reise fortsetzen.«
»Das stimmt«, erwiderte Fidelma, »aber die Gastfreundschaft – sie einerseits erweisen und andererseits dankend annehmen – ist ein geradezu heiliger Brauch. Bevor wir aufbrechen, würden wir gern mit dir zusammen eine Kleinigkeit speisen.«
Marban ging hinaus und ließ seine Gäste allein zurück.Eadulf nutzte den Moment, um festzustellen: »Das Motiv für den Mordanschlag auf deinen Bruder ist allem Anschein nach Rache.«
»Rache? Das könnte durchaus sein. Der Attentäter hatte es auf ihn abgesehen, weil er der König des Kriegers war, der so niederträchtig gehandelt hatte. Rache, ja, aber wer war der Attentäter? Weder Liamuins Bruder noch Vater oder sonst ein Verwandter von ihr kommt in Frage … es sei denn, es war jemand, der in irgendeiner Beziehung zu
Weitere Kostenlose Bücher