Das Sühneopfer: Historischer Kriminalroman (Schwester Fidelma ermittelt) (German Edition)
Kind. Als Liamuin von Escmug fortlief, hatte das arme Mädchen nichts zu lachen, war erbarmungslos dem Wüten des Vaters ausgesetzt und verschwand dann auch.«
»Und was wurde aus Escmug?«
»Man fand seine Leiche im Fluss, aufgehalten von einem Biberdamm.«
»Wir haben gehört, man hätte ihn vielleicht ermordet«, meinte Eadulf.
»Es gab welche, die sich gut vorstellen konnten, dass man bei so einem Schurken wie ihm ein wenig nachhalf, um ihn in die Anderswelt zu befördern«, gab er achselzuckend zu. »Jedenfalls hat ihm keiner nachgetrauert.«
»So wie man uns die Geschichte erzählt hat, glaubten auch einige, er hätte seine Frau umgebracht«, bohrte Eadulf weiter.
Der Müller schwieg.
»Beide, seine Frau und sein Kind, sind tot, hast du gesagt«, ergänzte Fidelma Eadulfs Bemerkung. »Ist das erwiesen? Hat Escmug sie aufgespürt und ermordet?«
»Escmug hat immer nur etwas getan, wenn er daraus Nutzen ziehen konnte. Weshalb sollte er seine Frau ermorden, wenn sie buchstäblich ein Sklave in seinem Haushalt war?«
»Selbst der niedrigste Sklave kann sich gegen sein Schicksal aufbäumen«, murmelte Eadulf.
»Liamuin hat ihn verlassen«, sagte Marban. Seine Stimme klang gequält. »Später hörte ich, sie wäre gestorben.«
»Sie ist wirklich davongelaufen und hat ihre Tochter einfach zurückgelassen?«
»Liamuin konnte ihr Dasein nicht mehr ertragen. Gewiss hätte sie ihr Kind gern mitgenommen, aber es bot sich keine Gelegenheit. Sie musste ihre eigene Haut retten, und so ist sie halt geflohen.«
Nachdenklich schaute Fidelma den Müller an, und einer plötzlichen Eingebung folgend fragte sie: »Kam sie hierher?«
Im ersten Augenblick machte der Müller den Eindruck, als wolle er es verneinen, gab dann aber achselzuckend zu: »Wohin hätte sie sonst gehen sollen? Ihr Bruder war in Cnoc Áine gerade erschlagen worden, und ihr Vater diente in der Abtei von Mungairit. Sie hatte niemanden mehr, der sie hätte beschützen können. Ja, sie kam hierher.«
»Hast du sie geliebt?« Es war Eadulf, der die Frage stellte.
»Vielleicht. Aber von ihrer Seite war da nichts.«
»Wann und unter welchen Umständen ist sie gestorben? Ist ihr Escmug auf die Spur gekommen?«
Trotz der Dunkelheit im Raum war eine Wehmut auf Marbans Gesicht zu erkennen. »Sie kam, wie gesagt, hierher. Sie konnte das Leben mit Escmug nicht länger ertragen, auch wenn die Umstände ihr geboten, Aibell zurückzulassen, als sie den Sprung in die Freiheit wagte. Als sie hier ankam, war uns beiden klar, dass Escmug keine Ruhe geben und sie verfolgen würde. Ich meinte, sie wäre an einem Ort weiter südlich in den Bergen sicherer aufgehoben. Ich hatte einen Kunden von mir dort wohnen, der ein von Erdwällen umgebenes Gehöft besaß. Ich glaubte sie dort sicher, denn nichts deutete darauf hin, dass Liamuin irgendeine Verbindung nach dort hätte haben können.«
»Da sie tot ist, war sie dort wohl nicht so sicher, wie erhofft«, bemerkte Eadulf.
»Aber nicht aus Gründen, die du wahrscheinlich vermutest«, gab Marban spitz zurück.
»Wer also war dein Kunde, wie du ihn nennst?«
»Menma. Ein bo-aire , der sein Getreide bei mir trocknen und mahlen ließ. Sein Haus lag an der Bergseite, die unter dem Namen Alter Höhenzug bekannt ist, dort, wo eine der Quellen entspringt, die weiter unten den An Mháigh speist. Ich befürchtete, Escmug könnte ihr schon auf den Fersen sein, und brachte sie sofort zu Menma, der auch versprach, ihr seinen Schutz angedeihen zu lassen. Als ich hierher zurückkehrte, war Escmug bereits da. Er war außer sich vor Wut und drohte mit einer Pferdepeitsche, die er auf Liamuin tanzen lassen würde, sowie er sie fände. Ich leugnete, irgendetwas von ihr zu wissen, und schließlich zog er wieder nach Dún Eochair Mháigh ab.«
»Und weiter?«
»Einige Wochen vergingen. Dann hörte ich, dass auch Aibell verschwunden war. Ich konnte nur hoffen, es war ihr gelungen davonzulaufen – bei mir tauchte sie aber nie auf.«
»Hat denn niemand etwas unternommen, das Kind zu retten und sie wieder mit der Mutter zu vereinen?«
»Als ich Liamuin sicher wusste, habe ich solche Möglichkeiten erwogen. Escmug muss aber einen Verdacht in der Richtung gehabt haben, denn er ließ das Kind praktisch keine Minute aus den Augen.«
»Du sagst doch aber, sie wäre tot?«
»Eines Tages kam Escmug zu mir. Er grinste, war völlig ruhig und bei bester Laune. Ich befürchtete das Schlimmste.«
»Nämlich was?«
»Ich dachte, er hatte das
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